Mittwoch, 22. August 2007
Schatztruhe
Besuch im Haus der Völker
Museen von Privatsammlern haben oft etwas Peinliches, wie die volks- und völkerkundliche Abteilung im Buchheim-Museum zeigt. Hier geben nicht - wie etwa bei den Impressionisten, die Herr Buchheim auch mit Begeisterung sammelte - die bekannten Namen ausreichend Sicherheit, dafür braucht man Geschmack und Stilbewusstsein. Das hat Gert Chesi, der - mit wesentlich bescheideneren Mitteln als sein Sammlerkollege Buchheim - in seinem Heimatort Schwaz (Österreich) ein Haus der Völker initiiert hat, um seine umfangreiche Sammlung an asiatischer und (vor allem west)afrikanischer Kunst auszustellen.


Ein selten gut erhaltener Marmorprinz aus Burma: der junge Siddharta
Gautama aus der frühen Ava-Periode des 15. Jahrhunderts.


Die Exponate sind prächtig, ihre Anordnung gelegentlich eigenartig (was wohl dem für diese Zwecke adaptierten Haus geschuldet ist) und der Gewinn an Erkenntnis hält sich in engen Grenzen. Denn abgesehen von den kurzen Erläuterungen zu den wenigen, voluminösen asiatischen Exponaten gibt es kaum Hinweise über Hintergrund und Gebrauch der Figuren, Masken, Stoffen oder Werkzeuge. Nur zum Voodoo-Kult gibt es - in einem gut gemachten Dokumentarfilm - vertiefende Informationen.

Und sonst kann man schauen, schauen, schauen, bewundern und staunen - nicht nur über die durchweg exquisiten traditionellen Kunstwerke, sondern auch über die Figuren von zwei "modernen" westafrikanischen Bildhauern, deren originell-abstrusen, einzigartigen Figuren die Vergangenheit in Pop-Art-Manier aufgreifen und weiterführen.


Afrikanische Pop-Art: Figuren des mittlerweile verstor-
benen Schnitzers und Priesters Agbagli Kossi aus Togo.


Während mich die Dauerausstellung mit ihren wenigen voluminösen asiatischen und den überbordend vielen, vergleichsweise kleinen westafrikanischen Exponaten überzeugt und begeistert hat (schade nur, dass die imponierenden Terrakotten der Nok in einen Nebenraum gequetscht werden), könnte die temporäre Ausstellung "In and out of Africa" auch der Kantor der evangelischen Kirchengemeinde zusammengestellt haben. Man hätte besser einen Kurator verpflichtet als einen Galeristen, der nur denjenigen Künstlerinnen und Künstlern eine Chance gibt, an deren Erfolg er mitschneidet. Beständige Präsenz hilft dabei sehr - und In and out of Africa ist, auch wenn es nicht gleich ersichtlich ist, zudem eine Verkaufsausstellung. Dass sie als solche nur mässig erfolgreich ist - bislang ist erst ein Werk als reserviert gekennzeichnet - bessert den Eindruck nicht.

Werke und Ausstellungspräsentation der im Westen ohnehin herumgereichten Künstler (Zinkpé, Sokari Douglas Camp, Owusu-Ankomah und George Hughes) können - mit Ausnahme der beiden Werke von Owusu-Ankomah aus Ghana - mit Ausstellungen wie der längst zu Ende gegangenen Turbulence – Art from South Africa nicht mithalten.


Owusu-Ankomah: Die flächig aufgetragenen Piktogramme werden zu Tätowierungen (Ausschnitt).

Die beiden Werke von Owusu-Ankomah, dessen ehemaliger Galerist ihn als reichlich durchgeknalltes Auslaufmodell darstellt und offenbar mit Genuss - wenn vermutlich auch ziemlich erfolglos - seine Geschäfte stören möchte, zeigen zwar keine neue Facette des durch sein Poster für die letztjährige Fussball-WM weithin bekannt gewordenen Künstlers, sind aber neben einer eher als niedlich zu bezeichnenden Skulptur der in London lebenden, hoch gehandelten Künstlerin Sokari Douglas Camp die einzigen interessanten Werke. Owusu-Ankomahs lässt Strichzeichnungen durch eine Tapete mit vielen verschiedenen Piktogrammen springen, die wie abstrakte Tätowierungen wirken. In seinen Bildern, die selbst auf grosse Entfernung alles preis zu geben scheinen, lässt sich viel mehr entdecken als man beim ersten Blick vermutet. Dem uneingeweihten Besucher erschliessen sich Herkunft und Bedeutung der Piktogramme jedoch nicht (und Hilfe wird auch hier nicht geboten).

Auch wenn es sicher nicht beabsichtigt ist, steckt die Wechselausstellung zu Recht im hintersten Raum - beim Zurückschlendern entschädigt der erneute Blick auf die traditionellen Meisterwerke für die zeitgenössischen Verfehlungen.

Haus der Völker, Schwaz, Österreich; Wechselausstellung In and out of Africa bis 23.9.2007.

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