Dienstag, 14. Oktober 2008
Kings Of Leon - Only By The Night
Es war klar: Irgendwann würden auch die Gebrüder Followill zum Friseur gehen. Sie haben es getan, bevor die Geheimratsecken zur Schneise auswuchern. Und das ist gut. Dass sie ihre Musik gleich mitgenommen haben, ist schlecht – außer vielleicht für ihre Kasse. Denn was früher angenehm knorrig war, klingt nun glattgehobelt. Es wird nur noch zwei Alben dauern, und sie werden auch noch ihre Lieder mit Schmirgelpapier bearbeitet haben. Willkommen im Mainstream.

Es ist jedoch nicht alles schlecht, was hier auf einen ziemlich langweiligen Auftakt folgt. Die immer wieder leicht knarzige und oft sehnsüchtige Stimme von Caleb Followill ist nach wie vor ein unverwechselbares Markenzeichen der Band – auch wenn das früher gut eingesetzte charmant-wurstige Nuscheln längst einer verständlichen Artikulation gewichen ist. In das schlichte I Want You zieht ein wohlig-düsterer Bass ein, und das treibende Be Somebody weckt Erinnerungen an den New Wave der 1980er.

Der Wandel, den die Kings of Leon mit ihrem 2007 erschienenen Album Because Of The Times eingeläutet haben, ist vollzogen. Das leicht erhitzte Sex On Fire zeigt schon die großen Gesten, kann aber auch Alternative-Liebhaber noch erfreuen. Wer sich jedoch dem Zwang entziehen möchte, sich beim sehnsuchtsvollen Cold Desert an den Partner oder die Partnerin zu kuscheln und das Feuerzeug herausholen zu müssen, darf nicht bis zum Schluss bleiben.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 6. Oktober 2008
Patricia Barber - The Cole Porter Mix
Die Auseinandersetzung mit Material des Great American Songbook geht in eine neue Runde: Doch wenn Patricia Barber sich die Kompositionen von Cole Porter vornimmt, geht es nicht um die gefällige Präsentation einiger bekannter Lieder. Diese sind auch nicht nur dafür da, ihre erstklassige Stimme zu präsentieren. So singt sie etwa "I Get A Kick Out Of You" nicht gewohnt schmissig, sondern äußerst ruhig – aber nicht weniger eindringlich als die forschen Interpretationen. "In The Still Of The Night" lässt sie durch einen Samba-Rhythmus luftig swingen, und immer wieder setzt sie mit der Melodica eigenwillige Akzente. Obwohl überwiegend dunkel und zurückhaltend eingespielt, geizen ihre Mitmusiker – allen voran Saxofonist Chris Potter und der Gitarrist Neal Alger, aber auch Patricia Barber selbst am Klavier – nicht mit furiosen und überwiegend melodiösen Soli.
Die drei Eigenkompositionen, die Barber zu den zehn Stücken von Cole Porter gestellt hat, stehen diesen in nichts nach und zeigen, dass sie nicht nur eine erstklassige Interpretin, sondern auch eine hervorragende Komponistin ist; ein Beweis, den sie nicht zum ersten Mal erbringt.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 21. September 2008
Richard Reich - Ovoland
Als Richard Reich seine Erzählungen aus der und über die Schweiz herausbrachte, gefiel das dem Pharmariesen Novartis überhaupt nicht: Damals war der Konzern diversifizierter und hatte in seinem Unternehmensportfolio die Firma Wander -- und damit eine der bekanntesten Schweizer Marken: Ovomaltine. In der Zwischenzeit hat auch der Brasilianer Pelé das kakaohaltige Getränk verkostet und Novartis seine Lebensmittelsparte abgestoßen. Die Gunst der Europameisterschaft nutzend, kam eine Auswahl der "Ovoland"-Erzählungen als Hörbuch auf den Markt. Eigentlich zu spät, aber das ist ja besser als nie.

Gelesen von Hanspeter Müller-Drossaart bringen die Geschichten von Richard Reich Schweizer Eigenheiten (über das Verhalten in der Sauna etwa) und persönliche Betrachtungen ("Sportwäsche, 60 Grad" oder "Schnee"). Meistens sind sie beides, weil man das als Schweizer Autor ja nicht trennen kann. Der Zugang ist unterschiedlich und lebendig. Mal berichtet Reich über Erlebtes, mal lässt er seinen Protagonisten einen Brief schreiben oder die Festrede zum Staatsfeiertag halten. Die Geschichten, für die Hanspeter Müller-Drosaart immer den richtigen Ton findet, sind aus einer originellen Perspektive geschrieben und durchweg amüsant.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 11. September 2008
Sigrid Faltin, Andreas Schäfler - La Paloma. Das Lied.
Es gibt Lieder, die sind einfach immer da, tauchen in den ungewöhnlichsten Zusammenhängen und quer über den Erdball verteilt auf. Doch allen Gassenhauern voran steht "La Paloma". Der Münchner Musiker und Komponist Kalle Laar ist dem Lied schon seit Jahren auf der Spur. Die ersten vier Alben seiner bei Trikont erschienen La-Paloma-Sammlung sind das musikalische Herzstück des Buchs "La Paloma. Das Lied", das vergnügliche Geschichten zum erfolgreichsten Lied der Geschichte bringt. Und diese Geschichten zeichnet die gleiche Stärke aus, die Klaus Doldinger dem Lied in seinem Gastbeitrag zuordnet: Sie sind simpel (aber aussagekräftig), signifikant (weil sie das La-Paloma-Universum auf das Wesentliche verdichten) und originär (weil wohl noch niemand die Geschichte des populären Liedes so eingängig und umfassend dargestellt hat).

Die Autoren spüren den Spuren des Komponisten Sebastián de Yradier nach und suchen die Töne quer durch die musikalischen Genres in Pop, Jazz und Klassik – natürlich auf der ganzen Welt, von Hamburg bis Mexiko, vom rumänischen Banat bis nach Hawaii. Ihr Zugang ist so unterschiedlich – von der Sicht des Hamburger Alleinunterhalters über die Geschichte das 'Afghanischen Elvis' Ahmed Zahir bis hin zu den Erlebnissen des Jazzgitarristen Coco Schumann oder Begräbnisritualen –, dass sie wohl selbst jene gerne lesen, für die "La Paloma" bloß das zweitbeste Lied ist. Wen das Lied jedoch wie Stefan Maelck, neben Eugene Chadbourne der dritte Gastautor, seit seiner Jugend begleitet, der (oder die) wird mit großer Wahrscheinlichkeit mehr wissen wollen – und mit diesem Band vortrefflich bedient.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 9. September 2008
World Music Instruments: Magic Banjo
Man kennt es in Indien und in der Türkei, auf den Bahamas, in Brasilien und in Belgien, in Nigeria und in den USA sowieso: Die Rede ist nicht von "La Paloma", dem weltweit meistinterpretierten Lied, sondern vom überwiegend belächelten Banjo. Wer meint, das Instrument mit afrikanischen Wurzeln und einem recht eigenwilligen Klang tauge nur für Bluegrass und New Orleans Jazz, kann mit "Magic Banjo" seinen Horizont erweitern.

Das schmucke Büchelchen im CD-Format zeigt auf fast 100 Seiten Geschichte und Entwicklung des Instruments in verschiedenen Teilen der Welt und dokumentiert diese mit zahlreichen Bildern. Weiterführende Literaturempfehlungen fehlen ebenso wenig wie ausführliche Angaben zu den 41 Aufnahmen auf zwei CDs: Die belgische Gruppe Badiane lotet in der Besetzung Geige, Banjo, Bass, Vibraphon kammermusikalische Fähigkeiten aus, der Iraner Hamid Motebassem entführt in den Orient und die Lolohea Brothers aus Tonga legen entspannten Gesang über den blechernen Klang des Banjos.

Auch wenn der Schwerpunkt auf den USA liegt: Die Bandbreite an Ländern und Stücken zeigt, dass das oftmals belächelte Instrument in anderen Ländern nicht nur zur Bluegrass-Imitation eingesetzt wird, sondern der Banjo-Klang in der heimischen Musik integriert und für Folk genauso gut einsetzbar ist wie im Jazz.

... link (0 Kommentare)   ... comment