Dienstag, 31. Juli 2007
Künstliche Antipode
Fresh Trip geht von einer überholten Vorstellung aus
Ein Kuchenstückchen in der Ecke, ein Podestchen mit Turnschuh und andere Readymades, monochromes Öl und infantile Kritzeleien, Audiogedöns und unscharf-verwackelte Videos: Die meisten Sammelausstellungen sind nichts als frustrierend. Aber diese hier hat wenigstens ein Motto – und ein paar mit einer farbigen Flüssigkeit gefüllte Flaschen. Die – und einige wenige andere Objekte – sind dann doch ganz vergnüglich.



Drei Räume, gefüllt wie ein Wühltisch. Keine Namen, keine Titel, keine Erklärungen. Das ist gut.

Viel Mist. Banale Fotos. Das fotografische Highlight könnte als "Bild des Tages" im Schweinfurter Anzeiger durchgehen.

Kein Festival, zumindest nicht tagsüber, auch keines der Sinne. Fühlschmeckriechkunstwerke gibt es nicht. Aber einen entzückenden Animationsfilm mit Knetfigur. Muss man nicht verstehen. Ist trotzdem unterhaltsam.

Warum bin ich hingegangen?
Wo in Innsbruck wäre es besser gewesen?
Provinzstadt. Provinzkunst.
Aber nur eine halbe Stunde weg ist ein viel versprechendes ethnologisches Museum.
Beim nächsten Mal.

Fresh trips. Festival of contemporary art aspects, Kunstraum Innsbruck, 30.6 - 4.8.07

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Donnerstag, 28. Juni 2007
The Schelm
Erwin Wurm, the Schelm, der gewitzte, hintersinnig-verschmitzte. Ist längst weg. Und trotzdem noch da.



Ist sein Häuschen jetzt auf die Deichtorhallen geklatscht? Auf dem Mumok klebt es ja nicht mehr.

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Dienstag, 26. Juni 2007
Vorbei und erinnern
Es ist zu spät, jetzt noch auf die Ausstellung von Stephan Balkenhol hinzuweisen. Sie werden schon wieder eingepackt, die Tanzenden, der Elefantenmann und all die anderen in ihrer Ausdruckslosigkeit so expressiven seriellen Individuen.

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Sonntag, 6. Mai 2007
Hochhaus mit Kühen
Wimmelbilder von Andreas Gursky
Wie hat er das gemacht? Das ist die erste Frage, wenn man vor den Bildern von Andreas Gursky steht.

Warum sollte die Welt nicht so sein, wie er sie zeigt?
Aber noch wohnen Kühe nicht in parkhausähnlichen Unterkünften (Nebenbemerkung: Warum eigentlich nicht?). Und die vielen Hilfskräfte, die der in Leipzig geborene Fotograf einsetzt, würden sich im richtigen Rennfahrerleben im Weg stehen.


Auf der Suche nach der Machart von Andreas Gurskys Wimmelbildern.
© Haus der Kunst/Wilfried Petzi


Also sucht man.
Nach den Schnittstellen bei der Weide und den Aussenaufnahmen vom Hochhaus. Oder im Bild mit den unzählbaren ameisengrossen Langläufern beim Engadiner Skimarathon. Und man ist beeindruckt, weil der imaginierte Boxenstopp so pathetisch wirkt wie die Laokon-Gruppe.

Man hat Spass und kommt vor den Wimmelbildern mit anderen Besuchern in Gespräch. Endlich Kunst, mit der jeder etwas anfangen kann.

Man staunt. Und geht nach Hause. Und freut sich. Tage später noch immer.

Warum er das eigentlich macht, hat niemand gefragt.
Muss man auch nicht.


Andreas Gursky, Haus der Kunst, München, 17.2.-13.5.2007

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Dienstag, 24. April 2007
Klassenarbeit
Pünktchentrauma mit Yayoi Kusama
Putzig sehen sie aus, die Ballons, pinkfarben und schwarz gepunktet. Sie hängen und liegen in der weitläufigen Halle, manche so gross, dass sie begehbar sind. Eine eigene Welt soll es sein, ein Ausschnitt aus der Welt der Künstlerin in der sich Punkte breit gemacht haben, alles überziehen. Vielleicht ernährt sie sich sogar von Punkten.

Installation im Haus der Kunst
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Copyright Wilfried Petzi
© Haus der Kunst/Wilfried Petzi

Grell.
Pop-Art.
Nicht neu.
Macht trotzdem neugierig.
Ist aber enttäuschend.
Nichts ausser Ballone – und in den begehbaren sind ein Spiegelkabinett oder einfach runde Sitzkissen. Gymnasiale Klassenarbeit. Nur dass die besser riechen würde, weil man sich nicht die Schuhe ausziehen müsste, um das Kunstwerk zu schonen. Dabei habe ich die Ausstellung schon gesehen, als es noch nicht so heiß war.

Yayoi Kusama, Dots Obsession, Haus der Kunst, München, 9.2.-6.5.2007

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Dienstag, 17. April 2007
Trommeln der Wiedergeburt
Turbulence – Art from South Africa
Es ist vorbei – aber sie lässt nicht los. Dabei hatte ich mir von der überraschenden Begegnung nichts erwartet. Denn was – außer vielleicht Klischees – kann eine Ausstellung südafrikanischer Kunst zu bieten haben, die nichts anderes zu sein scheint als das Beiwerk im Prestigebau eines Brauseherstellers, in dessen Zentrum die aus den Sponsoringaktivitäten abfallenden und in den Farben des Unternehmens bemalten Sportmaschinen stehen? Die viele PS starken Maschinen passen zum Image. Doch das erstklassige Restaurant passt zum Lieferanten von Fetenstimulans ebenso wenig wie zeitkritische Kunst.

Doch schon der Auftakt im Café – wer eine lange Reise tut, möge vor dem Kunstgenuss zur Steigerung der Rezeptionsfähigkeit rasten – war ein Erlebnis. Noch origineller als der im Trinkglas servierte Kuchen (sehr lecker, aber unpraktisch zu essen) war der weitum hörbar telefonierende Stammgast, der Kleidung und dem gut sichtbar drapierten Ferrari-Schlüssel entsprechend der Grandseigneur der kleinstädtischen Zuhälter. Seine grell bekleidete Begleiterin verstand es nicht nur, an den richtigen Stellen die Toilette aufzusuchen: Ihr bemerkenswertes Make-up wirkte, als ob sie sich für eines der in den 1990er Jahren entstandenen Puppenbilder von Cindy Sherman Modell stehen wolle. Damit hat sie zwar das Thema der Ausstellung verfehlt, aber man kann sich seine Gäste nicht immer aussuchen.


Große Kunst im dafür wenig geeignetem Ambiente: Werke von
Samson Mudzunga (vorne rechts), Conrad Botes (hinten rechts),
Sanell Aggenbach (vorne links) und Lyndi Sales.


Die Ausstellung selbst war – auf andere Art, zum Glück – großartig. Keine Folklore, kein Kunsthandwerk, wie man es bei vergleichbaren Veranstaltungen auch schon sehen musste, und auch keine oberflächlichen Bezüge zur indigenen Tradition, den die überwiegend weißen Künstlerinnen und Künstler ohnehin nicht haben. Dafür Kunst, die verschmitzt ist, Kunst, die gewaltig ist, Kunst, die überwältigt, erstaunt und nachdenklich macht – selbst dann, wenn Instrumente und Rituale aufgegriffen werden, wie es Samson Mudzunga macht. Seine riesigen Trommeln in Form von Flugzeugen oder Fischen sind gleichzeitig Ritualobjekte. Diese figurativen Skulpturen dienen jedoch nur seinen Performances um Tod und Widergeburt, nicht aber den Ritualen der traditionellen Heiler. Die Trommelskulpturen von Samson Mudzunga verbinden die Kulturen als Artefakte einer Performance mit Ritualcharakter.


Schwarz oder weiß? Sanell Aggenbach malt negativ.

Auch bei Johannes Phokela und Conrad Botes verbinden sich traditionelle und westliche Herangehensweisen. Conrad Botes Pieta im Comicstil (und mit dem sterbenden Teufel in den Armen der Mutter) wird von Hinterglasmalereien – einer auch in Afrika verwendeten Technik – flankiert.


Ledelle Moe: Miniaturköpfe als Kontrast zu monumentalen Skulpturen.

Die dramatische gesellschaftliche Umwälzung hat Ledelle Moe zu monumentalen Betonskulpturen inspiriert. Schon vor dem Eingang liegt einer von drei riesigen Betonköpfen auf dem Boden, die wie Überreste von monumentalen Statuen wirken – sichtbare Zeichen des Umbruchs. Sanell Aggenbach wieder spielt äußerst originell mit dem konfliktträchtigen Gegensatz von schwarz und weiß, zu der sie von den Negativen eines verstorbenen Fotografen aus ihrem Umfeld inspiriert wurde. Erst auf den zweiten – oder gar dritten – Blick wird klar, dass der auf dem Bild abgebildete Schwarze tatsächlich ein Weißer ist und umgekehrt. Während der Apartheid – und das ist noch nicht so lange her – hätten diese Bilder nicht nur verstört, sondern Aufruhr verursacht. Selbst im Nachhinein, Tage nach dem Besuch der Ausstellung, lassen diese Bilder nicht los.

Turbulence – Art from South Africa, Hangar 7, Salzburg, 17.2.-11.4.2007

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