Dienstag, 5. Februar 2008
Schon wieder Kiefer
Das Museum der Moderne oder einer seiner Gönner kauft beständig bei Anselm Kiefer ein – aber wiederum nicht so viel, dass sie zwei Räume ohne Wiederholung bespielen könnten. Schon zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres gibt es eine kleine Richter-Ausstellung. Seine Werke bleiben mir fremd, nur selten reizt mich etwas, und auch das führt nur zur oberflächlichen Beschäftigung. Nur die Gelegenheit macht Besucher, denn für Kiefer würde ich keinen Umweg in Kauf nehmen. Ich schlendere durch die beiden Räume nur, weil ich ohnehin da bin. Zugegeben, es gibt Schlimmeres.


Sorry, Herr Kiefer: Durch die fulminante Spiegelung hat Ihr Werk so
gewonnen, dass ich das Fotografieverbot ganz vergessen habe.


Also bummle ich und stelle fest, dass man Bachmann und Celan gelesen haben sollte (die Anspielung zu Celans „Schwarze Flocken“ fasziniert mich optisch und inspiriert mich zu einer Fotoserie), unterliege aber allenfalls einem oberflächlichen Reiz.
Zur vertiefenden Auseinandersetzung hat mich bis jetzt noch keines von Anselm Kiefers Werken gebracht. Doch der Eindruck der gleichnamigen Christoph-Ransmayr-Roman inspirierte massige Skulptur Vom Schrecken des Eises und der Finsternis vor der Spiegelung der mir nichts sagenden Werkreihe The Secret Life Of Plants war so eindrucksvoll, dass ich gleich das Fotografieverbot vergaß. Doch gut, dass Herr Kiefer eine zweite Chance hatte – und ich nicht links liegen ließ, was mich nicht auf Anhieb interessierte.

Anselm Kiefer. Neue Werke aus Privatsammlungen, Museum der Moderne, Salzburg, 1.12.2007 - 17.2.2008

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 23. Januar 2008
Jahrmarkt im Museum
Es klackert, brummt und kleckst in der Schirn
Die Frage, was Kunst ist und welche Merkmale ein Werk haben muss, um berechtigt als Kunstwerk bezeichnet zu werden, treibt die Kulturdenker schon lange um. Es ist eine Frage der Zeit. Und natürlich eine der Kreativität. Oder eine der (kollektiven) Vergesslichkeit. Dass man in der durchaus vergnüglichen und anregenden Ausstellung Kunstmaschinen Maschinenkunst eine Antwort darauf bekommt, wie ich es mitunter in Ausstellungsbesprechungen las, stimmt nicht und muss auch nicht sein.
Kunst muss ohnehin keine Fragen stellen und keine Antworten geben. Kunst muss gar nichts, eine Ausstellung fast nichts. Sie sollte anregen, vielleicht auch nur unterhalten. Kunstmaschinen Maschinenkunst macht beides.


So einfach wie anregend: Adam - Pawel Althamers
Plastik, ganz aus Plastik.


So habe ich mich ausreichend an einem Maschinchen vergnügt, mit dem sich Damien Hirst selbst entzaubert. Nicht auf den ersten Blick, aber auf den zweiten: Denn seine Zeichenmaschine ist nichts anderes als eine Jahrmarktstradition längst vergangener Tage. Neben den aktuellen schrillen Rummelplatzmaschinen könnte man mit ihr keinen Staat machen. Allenfalls zum Oktoberfest würde sie noch passen, zwischen dem handbetriebenem Ringelspiel und dem Flohzirkus. Aber erst der Standort Museum macht die mit dieser Maschine gefertigten bunten Blätter zu Kunstwerken.


Der Name ist nicht zwangsläufig Programm: Making
Beautiful Drawings
von Damien Hirst.


Die auf den ersten Blick nur putzig anzusehende Plastikflasche aus Pawel Althamers Extrusion Machine ist da schon viel weniger oberflächlich als es scheint. Die Falsche in Figurenform heißt Adam und zeigt einen nackten, durchschnittlich aussehenden älteren Menschen mit einer blauen Kappe als Verschluss. Das ist mehr als putzig. Denn die Kunststoffspritzstoffmaschine wurde von Pawel Althamers Vater erfunden. Der Sohn hat sie zweckentfremdet. Er stellt damit nicht profane Flaschen her, sondern Plastiken, die seinen nackten Vater, Adam Althamer, zeigen – und schon ist ein weiterer Bezug da, einer zu Menschheitsgeschichte und Autorschaft.

Das Nebeneinander von Mechanik (in den Maschinen von Jean Tinguely, Tim Lewis und Rebecca Horn etwa) und internetbasierten Werken wie Miltos Manetas’ Jackson-Pollock-Klecksprogramm, von Oberflächlichem und Hintersinnigem ist unterhaltsam und anregend. Und das äußerst reduzierte Werk aus zerrinnenden Klecksen, das ich mit Hirsts Jahrmarktsmaschine gemacht habe, erfreut mich – billige Idee hin oder her – immer wieder. Jetzt brauche ich nur noch ein Exemplar des unverkäuflichen Adam. Aber vielleicht würden den meine Dogon-Heiligen gar nicht in ihre Gemeinschaft integrieren wollen?


Kunstmaschinen Maschinenkunst, Schirn, 10.10.2007 - 27.1.2008

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 16. Januar 2008
Große Namen, kleine Bilder
Von Klimt bis Feininger in Salzburg
Verwirrung, Fehler, keine Verzweiflung. Der Text dieses Beitrags wurde irrtümlich überschrieben (und sofort nach der Entdeckung des Fehlers gelöscht). Text passati ... aber das Bild von Adolf Erbslöh sei hier wieder eingestellt. Immerhin.

... link (2 Kommentare)   ... comment


Samstag, 5. Januar 2008
Schlechtes Beispiel, ergreifend
Das schaut aus wie ein Tintenklecks, sagte meine Mutter, halb lachend, halb erstaunt, als sie das Bild sah. Und sie wartete auf eine Erklärung. Sie lachte über einen höchst künstlerischen Tintenklecks - kein avantgardistisch gemeinter Selbstversuch, kein wiederentdeckter kindlicher Schreibversuch. Victor Hugo hat ihn gekleckst und jetzt hängt er in der Schirn - als Beispiel für frühe abstrakte Kunst neben Werken von J. M. William Turner und Gustave Moreau.


Aber nicht doch, das ist kein Tintenklecks, sondern
konkret das abstrakte stürmische Meer, wie es
J. M. William Turner heranrauschen fühlte.


Ich mag ihn noch lieber als die Farbstudien von Moreau, obwohl die mich mehr beschäftigen als die daraus entstandenen Bilder. Vielleicht ging es Moreau ähnlich. Irgendwann begann er, seinen Farbstudien zu rahmen. Er hatte also keineswegs die Intention, abstrakt zu malen, sondern damit bloß die Vorbereitungsarbeiten zur Kunst erhoben. Da schwindelt uns die Ausstellung also ein bisschen was vor. Vielleicht sagte auch nur ein SaufkumpanDann häng' doch einfach die Farbstudien in Dein Museum, wenn Du keine neuen Bilder mehr dafür malen willst, und machte ihn zum unfreiwilligen Avantgardisten. Das wäre eine Geschichte, aber die erzählt hier niemand.

Richtig gewaltig ist ohnehin das Meer mit nahendem Sturm von William Turner. Schon dafür lohnt sich der Besuch. Obwohl mein persönlicher Kunstsachverständiger auch dieses Bild aus verständlichen Gründen nicht als Beispiel für Abstraktion gelten lässt.

Entdeckung der Abstraktion, Schirn Kunsthalle, 6.10.2007 bis 6.1.2008

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 2. Januar 2008
Knallbunt, aber sonst nicht viel
Rupprecht Geiger im Lenbachhaus
Der Empfang ist grell, aber nicht so schrill wie bei Yayoi Kusama. Doch auch Rupprecht Geiger mag Rot-Töne und davon am liebsten die hellen grellen.


Das verursacht erst Augenschmerzen, verhindert aber trotzdem nicht, ihn später für seine subtilen Übergänge zu bewundern und für die Struktur, die er gelegentlich in seine Farbflächen zaubert.

Die Frage, ob Geiger ein Rothko-Epigone ist oder Rothko sich von Geiger hat inspirieren lassen, bleibt ungeklärt.

Rupprecht Geiger, Retrospektive, Lenbachhaus, München, 15.12.2007-30.3.2008

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 17. November 2007
Auf den Hund gekommen
Zufällig entdeckt: Das Haus für Kunst Uri
Es ist schon eine Weile her, aber ich habe es noch gut vor Augen, dass ich bei der Fahrt über den Oberalppass nichts vor Augen hatte – ausser Wassertröpfchen, die sich ans Visier klemmten und ab und zu einen nassen Handschuh, der sie weg schob. Der Nebel war so dicht, dass man unter dem Verkehrsschild stehen bleiben musste, um es lesen zu können. Der Klausenpass, soviel war danach schon vom Tal aus zu sehen, würde ausfallen. Dafür stand neben der Bäckerei das Haus für Kunst Uri. Alt. Mit Neubau. Trotzdem eher Häuschen, verglichen mit den Kunsthäusern in richtigen Städten, wie München etwa.


Grotesk niedlich: anklagend gehäutete Plastikente.

Aber hier war (und ist genau genommen auch heute, wo ich nicht mehr da bin) Altdorf. Kanton Uri. Innerschweiz. Traditionell bis zum Geht-nicht-mehr. Bauernland. Stelle ich mir zumindest so vor. Hier spielen Tiere noch eine Rolle. Auch der Hund ist noch Nutzvieh. Bellt die Rinder zurück und sortiert die Schafe am Straßenrand.
Hier ist man also „Auf den Hund gekommen“, wenn man Tiere anders sieht denn als Nutzvieh. Vermutlich würde auch niemand zur Vernissage kommen – und hinterher sowieso schon nicht –, wenn der Ausstellungstitel nicht bodenständig wäre.

Drinnen ist nicht viel, aber genügend zu holen. Das überdimensionale Igelfell aus Vinamold (was immer das auch sein mag), Glasfasergewebe und Nägeln von Franziska Furrer. Sieht stachelig aus, ist aber gleichzeitig auch weich. Oder die Büste aus Katzenfutter, die Luzia Hürzeler von sich gemacht hat und die sie langsam von einer Katze wegschlecken lässt. Auch als Idee nicht für die Ewigkeit – aber man muss überhaupt erst einmal darauf kommen. Oder Wiedemann/Mettler, die Plastiktieren das Kunststofffell über die Ohren gezogen haben und gänzlich nackt als riesengroßes Mobile zusammengebeutelt. Sehen lustig aus, die Viecher, und sind anklägerisch versammelt. So macht Kunst Spaß. Da braucht es keine großen Namen.
Und hinterher holt man sich ein Stückchen Kuchen von nebenan und setzt sich unter die Plastikgeweihe von Lisa Achermann. Auch das ist ein Sonntag auf dem Dorf – sogar mit Tieren.


Tierisch: Wenn der Mensch auf „den Hund“ kommt, Haus für Kunst, Altdorf, 22.9. bis 25.11.2007

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 4. November 2007
Keine Provokationen
Mahjong - zeitgenössische chinesische Kunst
Provokation zieht immer - und in totalitären Staaten fällt sie besonders leicht. Da muss man bloß Mao Zedong das Nike-Logo auf die Brust malen oder ihn - mit historischem Bezug, immerhin wurde er als "Mutter der Nation" bezeichnet - mit Brüsten ausstatten. Erst vor kurzem wurden entsprechende Gemälde und Skultpuren aus einer Ausstellung entfernt.


Martialischer Arbeitsplatz: Folterstuhl, Quälstifte und
ein Bildschirm als Guillotine.


In Salzburg gab es diese Gefahr nicht. Denn was die chinesischen Kulturbehörden schocken mag, juckt hier niemanden. Mit einem Folterschreibtisch verbinden wir eher den quälenden Büroalltag als die tatsächliche Gefahr, der sich zum Beispiel chinesische Blogger ausgesetzt sehen. Ob die Urne aus der Han-Zeit, die Ai Weiwei mit dem Coca-Cola-Logo beschriftet hat, in China als Provokation wahrgenommen wurde? Eine einfache Idee, mit der er den Wandel in China kommentiert und reflektiert. Dass sich die chinesischen Kunstschaffenden an den westlichen Marken, in Peking nicht nur in der Paradeeinkaufsstrasse Wangfujing präsent, genauso abarbeiten wie am Großen Vorsitzenden, der in dieser Ausstellung als flotter Jüngling mit Blume im Mund zu sehen ist.


Immer gut für Provokationen: Mao Zedong in einem
Bild des Sozialistischen Realismus (Ausschnitt)


Gleichzeitig sieht man, wie sehr sich China gewandelt hat. Die schlichte Uniform ist in den großen Städten kaum mehr zusehen. Jetzt lassen sich junge Schauspielerinnen von Qi Zhilong in Mao-Kluft abbilden. Damit schließt der Maler ästhetisch an den Sozialistischen Realismus an, der mit einigen - für mich überraschend exquisiten - Werken auch vertreten ist. Die Ausstellung beschränkt sich nicht nur auf die aktuellen Positionen, sondern geht zurück bis in die 1970er Jahre.


Trendig nur in der Kunst: Die Kluft der Werktätigen.

Wer uns verstehen will, muss Literatur lesen und keine Forschungspapiere, sagt die Autorin Gina B. Nahal, eine in den USA lebende Jüdin aus dem Iran. Sie mag recht haben. Ähnliches gilt für die bildende Kunst: Ihre Ausprägung und der Umgang mit ihr verlangt zwar mehr Interpretationsvermögen, lässt aber auch deutliche Rückschlüsse auf die Gesellschaft zu. Ganz einfach feststellen lässt sich das am Stellenwert der Kunst: Je höher der Stellenwert der Kunst ist, desto prosperierender, "entwickelter" ist die Gesellschaft. Belegt wird dies durch den Vergleich von chinesischer und afrikanischer Kunst. (Bildende) Kunst - nach dem westlichen Kunstbegriff - wird erst dann produziert, wenn alle anderen Bedürfnisse ausreichend gedeckt sind. In China hat eine ausreichend große Schicht diese Anforderung überschritten. In Westafrika praktisch niemand. Und die südafrikanische Kunst leidet dementsprechend noch unter der Rassentrennung - es gibt im Verhältnis wohl weit mehr weiße als schwarze Künstler.

Mahjong, Museum der Moderne, Salzburg, 21.7. - 11.11.2007

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 23. September 2007
Blick von innen
"Humanism in China - ein fotografisches Porträt" in der Pinakothek der Moderne
Wie ist China wirklich? Wie stellt es sich - unbeeinflusst von der westlichen Sichtweise - selbst dar? Eine Antwort auf die Frage gibt die opulente Ausstellung in der Münchner Pinakothek der Moderne. Sie präsentiert eine von chinesischen Fachleuten kuratierte Ausstellung in der gleichen Form, wie sie auch im Guangdong Museum of Art, Guangzhou, zu sehen war.

Keine Zensur, keine Gängelung, suggeriert das unserer - nicht ohne Grund - vorurteilsbehafteten Einschätzung. Diese Einschätzung kann die Ausstellung nicht bestätigen und auch nicht dementieren. Humanism in China ist, so umfangreich die Ausstellung auch sein mag, ohnehin nur ein möglicher Blickwinkel. Wie "objektiv", ja wie wahrhaftig er ist, können wohl nur wenige Experten beurteilen.


Selbst an sonnigen Sonntagen:
Zu viele Menschen wollen Humanism in China.


Die Ausstellung ist in erster Linie nach den vier Begriffen Existenz, Beziehung, Begehren und Zeit unverständlich geordnet. Denn zahlreiche Fotos passen zu mehreren Bereichen. Die Hängung zu hinterfragen ist jedoch ebenso zwecklos wie anhand der Ausstellung der Entwicklung der chinesischen Gesellschaft oder auch nur der chinesischen Fotografie nachzuspüren.

Die meisten Fotos sind Reportagefotos. Trotzdem halte ich die Behauptung, dass diese Bilder nichts verstellen und inszenieren wollen für eher fahrlässig. Denn auch Reportagefotos liefern kein unverfälschtes Abbild der Wirklichkeit.

Mit Überraschungen wie die Ausstellung Mahjong im Salzburger Museum der Moderne, die mich durch ihre Modernität verblüfft hat, kann Humanism in China nicht aufwarten. Doch befreit von Erkenntnisinteresse, wird man von einem Panorama aus 590, überwiegend herausragenden Bildern von 250 Fotografen (Frauen scheinen in China nicht zu fotografieren) belohnt.

Humanism in China - ein fotografisches Porträt, Pinakothek der Moderne, München, bis 28.10.2007

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 22. August 2007
Schatztruhe
Besuch im Haus der Völker
Museen von Privatsammlern haben oft etwas Peinliches, wie die volks- und völkerkundliche Abteilung im Buchheim-Museum zeigt. Hier geben nicht - wie etwa bei den Impressionisten, die Herr Buchheim auch mit Begeisterung sammelte - die bekannten Namen ausreichend Sicherheit, dafür braucht man Geschmack und Stilbewusstsein. Das hat Gert Chesi, der - mit wesentlich bescheideneren Mitteln als sein Sammlerkollege Buchheim - in seinem Heimatort Schwaz (Österreich) ein Haus der Völker initiiert hat, um seine umfangreiche Sammlung an asiatischer und (vor allem west)afrikanischer Kunst auszustellen.


Ein selten gut erhaltener Marmorprinz aus Burma: der junge Siddharta
Gautama aus der frühen Ava-Periode des 15. Jahrhunderts.


Die Exponate sind prächtig, ihre Anordnung gelegentlich eigenartig (was wohl dem für diese Zwecke adaptierten Haus geschuldet ist) und der Gewinn an Erkenntnis hält sich in engen Grenzen. Denn abgesehen von den kurzen Erläuterungen zu den wenigen, voluminösen asiatischen Exponaten gibt es kaum Hinweise über Hintergrund und Gebrauch der Figuren, Masken, Stoffen oder Werkzeuge. Nur zum Voodoo-Kult gibt es - in einem gut gemachten Dokumentarfilm - vertiefende Informationen.

Und sonst kann man schauen, schauen, schauen, bewundern und staunen - nicht nur über die durchweg exquisiten traditionellen Kunstwerke, sondern auch über die Figuren von zwei "modernen" westafrikanischen Bildhauern, deren originell-abstrusen, einzigartigen Figuren die Vergangenheit in Pop-Art-Manier aufgreifen und weiterführen.


Afrikanische Pop-Art: Figuren des mittlerweile verstor-
benen Schnitzers und Priesters Agbagli Kossi aus Togo.


Während mich die Dauerausstellung mit ihren wenigen voluminösen asiatischen und den überbordend vielen, vergleichsweise kleinen westafrikanischen Exponaten überzeugt und begeistert hat (schade nur, dass die imponierenden Terrakotten der Nok in einen Nebenraum gequetscht werden), könnte die temporäre Ausstellung "In and out of Africa" auch der Kantor der evangelischen Kirchengemeinde zusammengestellt haben. Man hätte besser einen Kurator verpflichtet als einen Galeristen, der nur denjenigen Künstlerinnen und Künstlern eine Chance gibt, an deren Erfolg er mitschneidet. Beständige Präsenz hilft dabei sehr - und In and out of Africa ist, auch wenn es nicht gleich ersichtlich ist, zudem eine Verkaufsausstellung. Dass sie als solche nur mässig erfolgreich ist - bislang ist erst ein Werk als reserviert gekennzeichnet - bessert den Eindruck nicht.

Werke und Ausstellungspräsentation der im Westen ohnehin herumgereichten Künstler (Zinkpé, Sokari Douglas Camp, Owusu-Ankomah und George Hughes) können - mit Ausnahme der beiden Werke von Owusu-Ankomah aus Ghana - mit Ausstellungen wie der längst zu Ende gegangenen Turbulence – Art from South Africa nicht mithalten.


Owusu-Ankomah: Die flächig aufgetragenen Piktogramme werden zu Tätowierungen (Ausschnitt).

Die beiden Werke von Owusu-Ankomah, dessen ehemaliger Galerist ihn als reichlich durchgeknalltes Auslaufmodell darstellt und offenbar mit Genuss - wenn vermutlich auch ziemlich erfolglos - seine Geschäfte stören möchte, zeigen zwar keine neue Facette des durch sein Poster für die letztjährige Fussball-WM weithin bekannt gewordenen Künstlers, sind aber neben einer eher als niedlich zu bezeichnenden Skulptur der in London lebenden, hoch gehandelten Künstlerin Sokari Douglas Camp die einzigen interessanten Werke. Owusu-Ankomahs lässt Strichzeichnungen durch eine Tapete mit vielen verschiedenen Piktogrammen springen, die wie abstrakte Tätowierungen wirken. In seinen Bildern, die selbst auf grosse Entfernung alles preis zu geben scheinen, lässt sich viel mehr entdecken als man beim ersten Blick vermutet. Dem uneingeweihten Besucher erschliessen sich Herkunft und Bedeutung der Piktogramme jedoch nicht (und Hilfe wird auch hier nicht geboten).

Auch wenn es sicher nicht beabsichtigt ist, steckt die Wechselausstellung zu Recht im hintersten Raum - beim Zurückschlendern entschädigt der erneute Blick auf die traditionellen Meisterwerke für die zeitgenössischen Verfehlungen.

Haus der Völker, Schwaz, Österreich; Wechselausstellung In and out of Africa bis 23.9.2007.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 5. August 2007
Besser als C & A, immerhin
Intermedium Orfeus 07 im Klangturm St. Pölten
Vor zehn Jahren, als der Klangturm in St. Pölten eröffnet wurde, leistete man sich die damals ungemein angesagten Sofa Surfers für die Ausstattung mit Tönen. Aufbruch! Moderne! Neue Hauptstadt! Zukunft! Die niederösterreichische Landesregierung garnierte den Umzug aus Wien in das Regierungsviertel des damit so richtig als Landeshauptdorf firmierenden St. Pölten mit neuen Tönen. Rein musikalisch, versteht sich.

Das Programm des Klangturms wechselt jährlich, dieses Jahr ist der Mythos Orpheus dran. Passt eigentlich gut. Ist nur ziemlich langweilig.

Der Klangturm ist – sinnfällig? – als Abstieg konzipiert. Man fährt mit dem Lift hoch und läuft die Treppe runter - wie bei C & A., nur dass es im Klangturm keine Werbung, sondern belehrende oder illustrierende Schautafeln, Musik und Film, Geräusche und altbackenen Multimediaspielereien gibt. Der eigene Kopf taucht auf dem Bildschirm auf (ohhh!), oder die von den Besuchern in einem stark verdunkelten Raum gemachten Geräusche werden verfremdet (ahh!), und am Ende des Abstiegs darf man noch vor ein Mikrofon treten, singen, sprechen, was auch immer und dabei gefilmt werden (wow!).



Am besten ist noch die Spielzeugeisenbahn, die über den Köpfen der Besuchenden auf einer Glasplatte im Kreis fährt und am Rand der Bahn aufgestellt Bilder abfilmt, damit man sie auf einem Bildschirm sehen kann.
Was das mit Orpheus zu tun hat?
Blöde Frage! Wichtig ist doch sicherlich, dass kein Modelleisenbahnbauer sein Ding unerreichbar hoch und schwer einsehbar auf einer enorm spiegelnden Glasplatte fahren lässt.

Immerhin: Von oben hat man eine hervorragende Aussicht. Besonders deutlich erkennt man, dass das Regierungsviertel nicht nur architektonisch in die Provinz passt, sondern selbst nach zehn Jahren noch ziemlich tot wirkt.

... link (0 Kommentare)   ... comment