Dienstag, 11. Dezember 2012
Wilfried - Tralala
Die Rückschau eines ruhiger gewordenen Kraftlackls mit sehr schönen Momenten.

Gehört: siechend

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Warum ...
... nicht mal was hören?

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Sonntag, 9. Dezember 2012
Es rumpelt in der Sektion Alphorn
Seit mehr als zehn Jahren habe es kein Buch mehr über das Alphorn gegeben, hat der Aktuar des Volksmusikverbands, praktizierender Buchhalter in einem Handwerksbetrieb, seinem Präsidenten berichtet. Was das solle, fragte dieser umgehend in scharfem Ton in der Sektion Alphorn nach. Er forderte Stoff, was sofort unter dem Siegel der Verschwiegenheit die Runde machte: Ein Buch muss her.

Die Lorbeeren dafür – Erwähnung im Jahresbericht des Verbands, Vernissage mit Nüsschen und Bier, gesponsort von der lokalen Brauerei, großer zehnzeiliger Beitrag mit Bild im Gemeindemagazin – wollen viele haben. Mit ein bisschen Glück gibt es sogar Fördergeld der Kulturkommission. Das geht dann zwar für den Druckkostenzuschuss drauf, aber trotzdem: «Da haben wir uns schon für weniger den Arsch aufgerissen», denkt so mancher über seinen bisher ehrenamtlichen Einsatz – das Jahreskonzert organisiert, alle fünf Jubiläumsjahre die Advents-Runde durch alle Altersheime im Umkreis von zwanzig Kilometern, einmal sogar am großen, jährlichen Verbandsfest den Bratwurststand geputzt. In achtzig Jahren Mitgliedschaft kommt da Einiges zusammen ...

Es rumpelt mächtig in der Sektion Alphorn, bis an der Jahreshauptversammlung endlich entschieden wird. Die Stillen bleiben gleich weg, die Bescheidenen bleiben still und am Schluss bekommt Auftrag und Meriten, wer das längste Alphorn oder schon mal einen Leserbrief an die Gratiszeitung geschrieben hat. Vielleicht bekommt ihn auch einer, der einfach aufgezeigt hat, weil der kompetentere die Arbeit scheut.
Es kommt ohnehin nicht darauf an. Auch dem Verlag nicht, der seinen «Autor» nie soweit bringen wird, ein vernünftiges Manuskript abzugeben und die Subvention – denn ohne läuft in dieser Art Buchgeschäft nichts – lieber dem Gewinn zuführt als damit die Qualität des Manuskripts zu verbessern. Wenn überhaupt, macht das Lektorat nur das Allernotwendigste. Dass man die unscharfen Bilder über die Schmerzgrenze hinaus aufbläst, macht das Buch immerhin bunt und stört nicht. Es muss ohnehin nicht auf dem freien Markt konkurrieren. Für den Verbands-Alphornbläser ist der Kauf obligatorisch, das eine oder andere Mitglied anderer Sektionen wird auch darauf reinfallen und so mancher Enkel ist froh, dass er seinem Großvater zu Weihnachten nicht wieder die Best-of-Verbandsmusikfest-CD unter den Baum legen muss, sondern ihn mit ein wenig Papier zum Anfeuern beglücken kann.

Das Buch erscheint und alle freuen sich – bis auf den Journalistenknöterich und die paar Käufer, die der Ankündigung im Programm eines sonst seriösen Verlags vertraut haben.

Hinweis
Geschichte und handelnde Personen sind frei erfunden und erfüllen einen einzigen Zweck: Polemik. Ausgelöst wurde sie durch das Buch «Das Alphorn» von Pierre Grandjean.

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Freitag, 7. Dezember 2012
Philippe Djian - Die Rastlosen
Am explosiven Ende des Romans gibt es einige ungeklärte Todesfälle, doch trotz der kriminologischen Grundlage der Geschichte – eines morgens wird Marc neben einer toten Studentin wach, die er nach einer Party mit nach Hause geschleppt hat – könnte Philippe Djian nicht weiter weg sein von einem Kriminalroman.
Schon seine musikalische Sprache und sein mitreißender Erzählrhythmus reichen oft, um seine Texte zu Meisterwerken zu machen. Plot und Geschichte könnten bei Philippe Djian völlig nebensächlich sein. Umso schöner, wenn beides zusammenkommt – wie in seinem Roman «Die Rastlosen», in dem er sich in jeder Hinsicht von seiner besten Seite zeigt.

Die Vergangenheit lässt Marc und Marianne nicht los. Die Geschwister leben gemeinsam außerhalb des Städtchens, in dem sie an der Universität arbeiten, in ihrem Elternhaus. Dort wurden sie als Kinder geschlagen und gequält. Sie konnten es – das erfährt man erst nach und nach – wohl nie verarbeiten.
Marc, Universitätsdozent für Kreatives Schreiben, ist hinter seinen Studentinnen her, Marianne, in der Universitätsverwaltung tätig, verkriecht sich Zuhause. Djian zeichnet das sonderbare Paar mit ihren Verrücktheiten und offenbart erst nach und nach, wie sie zu dem wurden was sie sind. Er zeigt ihre Abhängigkeit voneinander, ihre inzestuöse Beziehung und die Fürsorglichkeit Marcs gegenüber seiner Schwester, die gut und falsch zugleich wirkt und letztlich nur der Ausdruck seiner Schwäche ist. Sprachmächtig und bildreich lässt Philippe Djian seinen Protagonisten über die Literatur und den Universitätsbetrieb schwadronieren. Und natürlich berichtet er ausschweifend von Marcs Affären.

Die Handlung des Romans ist überwiegend im banalen Alltag zu verorten. Im Vordergrund stehen die Probleme, die sich Marc mit seinen studentischen Liebschaften einbrockt und dadurch, dass er mit der vermeintlichen Stiefmutter der in seinem Bett verstorbenen Studentin eine stürmische Affäre beginnt. Die Kriminalgeschichte, die Djian hier auch schreibt, interessiert ihn jedoch nicht. Den zwei Todesfällen – bald kommt noch ein Polizist dazu – und ihrer Aufklärung wird kaum Platz eingeräumt. Das geht im Erzählfluss unter und wird von den feurig vorgetragenen Beobachtungen und Weisheiten Marcs und in der wahrhaftig wirkenden Lebensgeschichte der Geschwister überdeckt.

Es gehe ihm nur um Stil und Sprache, hat Philipp Djian einmal gesagt, Botschaften habe er keine. Das gilt auch für «Die Rastlosen». Sein Erzählrhythmus ist gewohnt schnell und wie schon so oft glänzt er mit treffenden Beschreibungen. Nicht zuletzt liefert er mit "Die Rastlosen" eine spannende Geschichte und einen hervorragend konstruierten Roman.

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Sonntag, 2. Dezember 2012
Blues für Connaisseure und zum Mitklatschen
Eric Bibb & Habib Koité – Brothers in Schaan
Kommt der Blues aus Westafrika oder wurde er doch nur reimportiert? Möglicherweise ist es nur eine universale Grundstimmung, die den Blues und die ursprüngliche westafrikanische Musik-Erzählungen gemeinsam haben. Der Abend mit Eric Bibb und Habib Koité kann – und möchte – die Antwort nicht geben. Er zeigt aber, wie gut sich die Musiktradition der Bambara und der Blues zusammenfügen.


Seelenverwandte: Das Zusammenspiel ist für Habib Koité (l.) und Eric Bibb
eine Herzensangelegenheit


Habib Koité zählt nicht zu den ausgewiesenen Blues-Musikern wie Lobi Traoré, Grammy-Gewinner Ali Farka Touré und Boubacar Traoré, für die Mali bekannt ist. Er zählt zu den Liedermachern, die westliche Liedstrukturen mit traditionellen westafrikanischer Musik vermischen. Dass in seinem Spiel der typische Blues im Hintergrund steht, konventionelle Bluesriffs findet man bei ihm kaum, macht den Reiz am Zusammenspiel mit Eric Bibb aus, der gelegentlich zu einfachen, plakativen Kompositionen neigt. Dann bemüht er auch das überstrapazierte Klischee des schwarzen Amerikaners, der seine erste Reise nach Afrika als Nachhausekommen empfindet («On My Way To Bamako») oder prangert mit eher plumpen Worten die Konsumgesellschaft an («We Don't Care»).
Zwischendurch schieben die beiden sogar Songs vom Typ Gassenhauer dazwischen – fast so, als ob sie im Blues-Stadl auftreten würden. Tatsächlich wird auch das von ihnen erwartet. Bei diesen Stücken wird fast durchweg – wenn auch nicht von allen Besuchern auf eins und drei – begeistert mitgeklatscht.

Die Gemeinsamkeiten der beiden Musiker sind nicht mehr als die notwendige Voraussetzung für das Zusammenspiel, erst ihre Gegensätze machen die Musik von Eric Bibb und Habib Koité so anziehend. Der hart gespielte Blues und die kräftige Stimme von Eric Bibb unterscheiden sich sehr vom oft leger zurückgelehnt sitzenden Habib Koité, seinem zurückgenommenen Gesang und seinem über weite Strecken subtilen Spiel. Es ist nur eine vermeintliche Lässigkeit, denn die vertrackten Passagen – etwa des von ihm auf dem Banjo gespielten «Khafole» – schüttelt auch ein Habib Koité nicht aus der Hand.
In seltenen, sehr kurzen Passagen finden die beiden nicht wirklich zueinander. Trotzdem merkt man immer wieder, dass wohl Seelenverwandte sind und das Zusammenspiel eine Herzensangelegenheit ist. Und als sie sich beim letzten Stück und für die Zugabe erheben, mittänzeln und sich gegenseitig mit Blicken und Gesten anfeuern, sind die kleinen Kratzer im Lack längst vergessen.

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Samstag, 1. Dezember 2012
Matthias Schriefl - Six, Alps & Jazz
Jazz und Volksmusik sind schon seit langem ein äußerst attraktives Paar. Matthias Schriefl hat es neu eingekleidet – traditionsbewusst und originell.

Es ist nicht gut bestellt um die Volksmusik. Die Biermösl Blosn sind Geschichte, und ohnehin sorgt nur die sogenannte volkstümliche Musik für ansprechende Quoten. Die Bewahrer – so scheint es – haben verloren. Auch der Studiengang Volksmusik an der Münchner Musikhochschule macht mit weniger als einer Handvoll eingeschriebener Studenten einen mehr als traurigen Eindruck.

Doch Tradition bleibt ohnehin nicht dadurch lebendig, dass man sie konserviert. Sie lebt weiter, wenn sie angepasst wird an Veränderungen, an neue Bedürfnisse. Die heutigen Volksmusiker kommen schon längst nicht mehr aus der Bauernstube. Sie haben oft – wie etwa Ils Fränzlis da Tschlin aus der Schweiz oder die Unterbiberger Hofmusik – Musik studiert und sich meist in anderen musikalischen Gefilden getummelt, bevor sie zur Volksmusik (zurück)gefunden haben.

Die Genre-Grenzen überschreitende Neue Volksmusik ist längst etabliert; der Jazztrompeter Matthias Schriefl schon ein Vertreter der zweiten Generation. Da er oft mit der Unterbiberger Hofmusik spielt, ist seine Hinwendung zur Volksmusik auf «Six, Alps and Jazz» nicht überraschend. Dabei reichert der junge Allgäuer seinen virtuosen Jazz nicht bloß mit volksmusikalischen Elementen an, sondern interpretiert zum Teil arg geschundenes Liedgut neu. So bringt er den «Andachtsjodler» nach einem an mongolischen Obertongesang erinnernden Intro lässig zum Grooven, um es dann im konventionell schönen mehrstimmigen Gesang ausklingen zu lassen. Mit «S’isch Mer Alles Oi Ding» wiederum bietet er eine wilde, freejazzige Melange an Klängen. Dabei hat man nie den Eindruck, dass Schriefl mit dem Material respektlos umgeht – im Gegenteil: Das Ausloten des Potenzials, das in diesen Stücken steckt, darf man als Ehrerbietung verstehen.

Eingespielt hat Matthias Schriefl das Album mit einer ganzen Riege an Multi-Instrumentalisten und größtenteils dort, wo die Musik herkommt – auf dem Land in der Scheune, im Bauernaus und im Berggasthaus, wo nicht nur die Kinderstimmen das Spiel kommentieren, sondern ein – angeblich spontaner – Chor den «Punzenjodler» mitsingt. Matthias Schriefl zeigt einmal mehr, wie gut Volksmusik und Jazz zusammenpassen – und dass er ein gutes Händchen beim Arrangieren hat. Dass er wie immer überaus virtuos spielt, sei nur der guten Ordnung halber erwähnt.

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