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Samstag, 10. April 2010
Swingend, spritzig und witzig
«Head Over High Heels» - Songs aus Screwball Comedies
«Head Over High Heels» - Songs aus Screwball Comedies
thenoise, 12:08h
Beziehungskomödien aus den 1930er- und 1940er-Jahren, so genannte Screwball Comedies, schöpften nicht nur die Möglichkeiten des noch jungen Tonfilms aus: Sie hatten auch starke Frauencharaktere: frech, aufmüpfig und alles andere als auf den Mund gefallen. Und stimmgewaltig waren sie auch. «Head Over High Heels» versammelt 24 Perlen aus dieser Zeit, mit Sängerinnen wie Sophie Tucker, Mae West, Billie Holiday oder Carmen Miranda. Die Besetzungsliste liest sich wie ein 'Who is who' der großartigsten Sängerinnen der Zeit, welche hier durchweg spritzige und überaus witzige Songs präsentieren, die oft von ebenso hochkarätigen Komponisten stammen - etwa Jerome Kern, Irving Berlin oder Doris Fisher, deren «Put The Blame On Mame» hier nicht von ihr selbst, sondern von Rita Hayworth gesungen wird.
Eine herausragende Zusammenstellung für alle, die altmodische Musik mit zeitlosem Wortwitz schätzen.
Eine herausragende Zusammenstellung für alle, die altmodische Musik mit zeitlosem Wortwitz schätzen.
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Montag, 5. April 2010
Plädoyer für eine unterschätzte Kulturtechnik
Kathrin Passig und Aleks Scholz propagieren das Verirren
Kathrin Passig und Aleks Scholz propagieren das Verirren
thenoise, 14:17h
Man kann leicht provozieren, indem man das Gegenteil von dem propagiert, was als allgemeingültig anerkannt ist. Kathrin Passig beherrscht dieses Prinzip. Vor zwei Jahren hat sie gemeinsam mit Sascha Lobo ein Buch veröffentlicht, das der Prokrastination huldigt. Prokrastination ist die Kunst des Aufschiebens, von den meisten Menschen eher als Krankheit empfunden. Während alle Welt findet, man müsse noch besser organisiert sein, man müsse alles Anfallende sofort erledigen, zelebrieren die beiden Autoren genüsslich die Vorteile des Unperfekten. Jetzt legt Kathrin Passig – auf einem anderen Gebiet und mit einem anderen Partner – nach: Mit einer Anleitung zum Verirren. Das klingt, nicht nur im Zeitalter von GPS und Navigationsgeräten mit dreidimensionalen Bildern paradox.
Warum aber sollte sich jemand mit dem Verirren auseinandersetzen, wenn er nicht gerade eine Wüstendurchquerung plant oder auf Händen zum Südpol möchte? Die Autoren verraten es erst am Ende ihres durchweg vergnüglich zu lesenden Buches.
Insgeheim geht es beim Verirren, so schreiben die Autoren, um Grundfragen der Wissenschaft, um Problemlösungsstrategien, um Einsichten in Erkenntnisprozesse. Welche Einflüsse tragen dazu bei, im Menschen Ideen entstehen zu lassen, richtige wie falsche? Auf welcher Grundlage können wir beurteilen, ob uns diese Ideen ans Ziel führen? Wie ist es möglich, den Überblick darüber zu behalten, was man weiß und vor allem: was man nicht weiß? Kann derselbe verwirte Kopf, der einen Fehler gemacht hat, diesen Fehler erkennen und sich quasi an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen? In ihrem Wesen verhalten sich Verirrte und Wissenschaftler ähnlich – was damit zu tun hat, dass Menschen zur Problemlösung ähnliche Methoden einsetzen, egal, in welcher Form sich die Probleme stellen.
Das Buch ist eine Mischung aus Geschichten ums Verirren und Erkenntnissen. An unterschiedlichen Berichten von Menschen, die sich verirrt haben und wieder gerettet wurden, zeigen die Autoren beispielhaft, worauf es ankommt. Als Beispiele dienen die Geschichten von unachtsamen Menschen, die mit ihrem Auto im Schnee stecken bleiben und fatale Fehler machen genauso wie Expeditionsberichte, etwa den von Hans Bertram und Adolf Klausmann. Die beiden Deutschen wollten mit ihrem Wasserflugzeug «Atlantis» von Deutschland nach Australien fliegen. Nachdem sie auf ihrer letzten Etappe, einem Nachtflug, durch ein Gewitter vom Kurs abkamen, mussten sie auf einer einsamen Insel notlanden und erst nach rund 40 Tagen zufällig gefunden werden.
Auch wenn es komisch klingt. Das Buch «Verirren» ist alltagstauglich – aus mehreren Gründen. Man erfährt einiges über das Verhalten von Menschen, von denen manche die eigene Einschätzung bestätigen werden. Zum Beispiel, dass Männer weniger gut zugeben können, sich verirrt zu haben als Frauen, und dass sie dementsprechend lieber länger herumirren, als jemanden nach dem Weg zu fragen. Wer selbst gerne in unberührten Gegenden unterwegs ist, wird sein Augenmerk eher auf Hinweise zu Gefahr und Risikobewusstsein beherzigen und bedenken, dass die heutige Ausrüstung nicht zwangsläufig mehr Sicherheit bedeutet – sie verlockt eher zu riskanterem Verhalten. Risikoforscher schätzen, dass der Mensch bereit ist, bei freiwilligen Tätigkeiten wie Skifahren, Klettern oder Bergsteigen ein etwa tausend mal höheres Risiko zu akzeptieren als in Situationen, auf die er keinen Einfluss hat. Neben solchen durchaus nützlichen Informationen, die auch dazu anregen, das eigene Verhalten zu hinterfragen, erfährt man beispielsweise auch Wissenswertes, auf das man nicht so ohne weiteres stößt, etwa wie sich die polynesischen Seefahrer mit ihren Auslegerkanus in einem Gebiet orientiert haben, das 50 Millionen Quadratkilometer umfasst. Eine Fertigkeit übrigens, die – selbst wenn sie nicht im Lehrplan der Grundschule auftaucht – auch heute noch gelehrt wird.
Nicht zuletzt sitzt dem Autorenduo durchweg der Schalk im Nacken. Kathrin Passig und Aleks Scholz sind ständig zu einem Späßchen aufgelegt, und durch das ganze Werk zieht sich ein angenehm ironischer Ton. Beides trägt dazu bei, das Buch vergnüglich und lesenswert zu machen.
Warum aber sollte sich jemand mit dem Verirren auseinandersetzen, wenn er nicht gerade eine Wüstendurchquerung plant oder auf Händen zum Südpol möchte? Die Autoren verraten es erst am Ende ihres durchweg vergnüglich zu lesenden Buches.
Insgeheim geht es beim Verirren, so schreiben die Autoren, um Grundfragen der Wissenschaft, um Problemlösungsstrategien, um Einsichten in Erkenntnisprozesse. Welche Einflüsse tragen dazu bei, im Menschen Ideen entstehen zu lassen, richtige wie falsche? Auf welcher Grundlage können wir beurteilen, ob uns diese Ideen ans Ziel führen? Wie ist es möglich, den Überblick darüber zu behalten, was man weiß und vor allem: was man nicht weiß? Kann derselbe verwirte Kopf, der einen Fehler gemacht hat, diesen Fehler erkennen und sich quasi an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen? In ihrem Wesen verhalten sich Verirrte und Wissenschaftler ähnlich – was damit zu tun hat, dass Menschen zur Problemlösung ähnliche Methoden einsetzen, egal, in welcher Form sich die Probleme stellen.
Das Buch ist eine Mischung aus Geschichten ums Verirren und Erkenntnissen. An unterschiedlichen Berichten von Menschen, die sich verirrt haben und wieder gerettet wurden, zeigen die Autoren beispielhaft, worauf es ankommt. Als Beispiele dienen die Geschichten von unachtsamen Menschen, die mit ihrem Auto im Schnee stecken bleiben und fatale Fehler machen genauso wie Expeditionsberichte, etwa den von Hans Bertram und Adolf Klausmann. Die beiden Deutschen wollten mit ihrem Wasserflugzeug «Atlantis» von Deutschland nach Australien fliegen. Nachdem sie auf ihrer letzten Etappe, einem Nachtflug, durch ein Gewitter vom Kurs abkamen, mussten sie auf einer einsamen Insel notlanden und erst nach rund 40 Tagen zufällig gefunden werden.
Auch wenn es komisch klingt. Das Buch «Verirren» ist alltagstauglich – aus mehreren Gründen. Man erfährt einiges über das Verhalten von Menschen, von denen manche die eigene Einschätzung bestätigen werden. Zum Beispiel, dass Männer weniger gut zugeben können, sich verirrt zu haben als Frauen, und dass sie dementsprechend lieber länger herumirren, als jemanden nach dem Weg zu fragen. Wer selbst gerne in unberührten Gegenden unterwegs ist, wird sein Augenmerk eher auf Hinweise zu Gefahr und Risikobewusstsein beherzigen und bedenken, dass die heutige Ausrüstung nicht zwangsläufig mehr Sicherheit bedeutet – sie verlockt eher zu riskanterem Verhalten. Risikoforscher schätzen, dass der Mensch bereit ist, bei freiwilligen Tätigkeiten wie Skifahren, Klettern oder Bergsteigen ein etwa tausend mal höheres Risiko zu akzeptieren als in Situationen, auf die er keinen Einfluss hat. Neben solchen durchaus nützlichen Informationen, die auch dazu anregen, das eigene Verhalten zu hinterfragen, erfährt man beispielsweise auch Wissenswertes, auf das man nicht so ohne weiteres stößt, etwa wie sich die polynesischen Seefahrer mit ihren Auslegerkanus in einem Gebiet orientiert haben, das 50 Millionen Quadratkilometer umfasst. Eine Fertigkeit übrigens, die – selbst wenn sie nicht im Lehrplan der Grundschule auftaucht – auch heute noch gelehrt wird.
Nicht zuletzt sitzt dem Autorenduo durchweg der Schalk im Nacken. Kathrin Passig und Aleks Scholz sind ständig zu einem Späßchen aufgelegt, und durch das ganze Werk zieht sich ein angenehm ironischer Ton. Beides trägt dazu bei, das Buch vergnüglich und lesenswert zu machen.
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Samstag, 3. April 2010
Wenn die besten Jahre vorüber sind
Khaled im SAL in Schaan (FL)
Khaled im SAL in Schaan (FL)
thenoise, 13:42h
Er steht da und strahlt, als stünde er beim Kindergeburtstag vor der Torte. Dabei steht er nur vor der ausverkauften Halle. Und das sollte der algerische Sänger, auch wenn die Höhenflüge des „Roi du Raï“ schon einige Jahre zurück liegen, gewöhnt sein. Khaleds Spielfreude wirkt nie aufgesetzt; er scheint tatsächlich enormen Spaß zu haben -- bis zu den vier Zugaben, darunter das unvermeidliche «Aïcha», das nach wie vor schön zu hören ist, aber hier so wenig außergewöhnlich wie der Rest des Konzerts.
Der Klang ist klar, die Instrumente sind deutlich differenziert und Khaleds Musiker lassen keinen Zweifel: Raï ist Unterhaltung - in erster Linie fröhlich, in zweiter laut. Die Oud ist durchweg satt, knallig und virtuos gespielt. Aber es fehlt an Zwischentönen. Zwei Keyboarder, von denen einer immer in den Vordergrund drängt, dominieren den Klang über weite Strecken. Akkordeon, Streicher und Bläser können sie nur imitieren, aber nicht ersetzen. Dabei ist die Band mit - neben Khaled - sieben Musikern ohnehin großzügig besetzt. Im Vergleich zu den üppigen Arrangements seiner Alben bleibt sie trotzdem nur Surrogat.
Khaled hält sich mit Ansprachen zurück, schaut zwischendurch schelmisch zu seinen Kollegen. Er treibt einige Songs vor sich her - vom neuen Album «Sbabi Ntya» und «Liberté», aber auch ältere wie «Chebba» und «Kebou Kebou» -, bevor er zu zurückhaltenden Flamenco-Rhythmen ein langes Intro mit orientalischen Melodielinien singt. Hier wird er akzentuierter und auch mal leiser. Was den Rezensenten freut, begeistert das Publikum weniger. Dieses scheint froh zu sein, dass die ruhigeren Stücke seltene Intermezzi bleiben.
Im Grunde ist es interessanter, wenn Künstler ihre Songs für Live-Auftritte neu arrangieren. Ein Album unter Live-Bedingungen zu reproduzieren, ist meist langweilig. Das Album kann man schließlich zu Hause hören - und mit Streichern auf Tournee zu gehen, können sich auch diejenigen Künstler kaum leisten, die große Hallen bespielen.
Khaled hat mit seinen Interpretationen offenbar den Publikumsgeschmack getroffen. Das mag ihn befriedigen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wären die Zuhörenden auch mit kunstfertigeren Interpretationen nicht weniger begeistert gewesen. Sein strahlendes Lachen und seine verschmitzten Blicke wären dann sogar noch ansteckender gewesen.
Der Klang ist klar, die Instrumente sind deutlich differenziert und Khaleds Musiker lassen keinen Zweifel: Raï ist Unterhaltung - in erster Linie fröhlich, in zweiter laut. Die Oud ist durchweg satt, knallig und virtuos gespielt. Aber es fehlt an Zwischentönen. Zwei Keyboarder, von denen einer immer in den Vordergrund drängt, dominieren den Klang über weite Strecken. Akkordeon, Streicher und Bläser können sie nur imitieren, aber nicht ersetzen. Dabei ist die Band mit - neben Khaled - sieben Musikern ohnehin großzügig besetzt. Im Vergleich zu den üppigen Arrangements seiner Alben bleibt sie trotzdem nur Surrogat.
Khaled hält sich mit Ansprachen zurück, schaut zwischendurch schelmisch zu seinen Kollegen. Er treibt einige Songs vor sich her - vom neuen Album «Sbabi Ntya» und «Liberté», aber auch ältere wie «Chebba» und «Kebou Kebou» -, bevor er zu zurückhaltenden Flamenco-Rhythmen ein langes Intro mit orientalischen Melodielinien singt. Hier wird er akzentuierter und auch mal leiser. Was den Rezensenten freut, begeistert das Publikum weniger. Dieses scheint froh zu sein, dass die ruhigeren Stücke seltene Intermezzi bleiben.
Im Grunde ist es interessanter, wenn Künstler ihre Songs für Live-Auftritte neu arrangieren. Ein Album unter Live-Bedingungen zu reproduzieren, ist meist langweilig. Das Album kann man schließlich zu Hause hören - und mit Streichern auf Tournee zu gehen, können sich auch diejenigen Künstler kaum leisten, die große Hallen bespielen.
Khaled hat mit seinen Interpretationen offenbar den Publikumsgeschmack getroffen. Das mag ihn befriedigen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wären die Zuhörenden auch mit kunstfertigeren Interpretationen nicht weniger begeistert gewesen. Sein strahlendes Lachen und seine verschmitzten Blicke wären dann sogar noch ansteckender gewesen.
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Donnerstag, 1. April 2010
Vorgeschmack
thenoise, 20:03h
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Sonntag, 28. März 2010
Im Zentrum: Istanbul
Türkisches Filmfstival II: Konzentrierte Einblicke in eine fremde Welt
Türkisches Filmfstival II: Konzentrierte Einblicke in eine fremde Welt
thenoise, 19:47h
Die diesjährigen Filmtage sind der Stadt Istanbul gewidmet - sie ist dieses Jahr eine der europäischen Kulturhauptstädte. Das Thema erlaubt die ganze Bandbreite - von der in «Uzak Ihtimal - Der falsche Rosenkranz» behandelten verhinderten Beziehung über die missglückten Beziehung wie sie in «Üç Maymun – Drei Affen» vorgeführt wird über den Film über die Istanbuler Musikszene «Crossing The Bridge» von Fatih Akin bis hin zum politischen Film «5 Nolu Cezaevi – Prison No. 5» (der allerdings nicht ganz themengerecht die Zustände im berüchtigten Gefängnis von Diyarbakir zeigt).
Dass Politik auch im Krimi eine Rolle spielen kann zeigt Emre Şahin, Regisseur und Drehbuchautor von «40». Er ist ganz einer zeitgemäßen Ästhetik verpflichtet. Beginnt mit schnellen Schnitten und variiert geschickt die Geschwindigkeit des Erzählflusses. Der in den USA ausgebildete Regisseur verknüpft in seiner Geschichte die Schicksale eines türkischen Ganoven, eines illegal in Istanbul lebenden Afrikaners und einer Krankenschwester. Es geht um Hoffnung und Enttäuschung, Glück und Verzweiflung und natürlich um Geld.
Mit seiner rasanten Ganovengeschichte gibt Emre Şahin ganz nebenbei einen Einblick in das heruntergekommene, von Armen, Gaunern, Drogenabhängigen und Transvestiten dominierte Tarlabaşı-Viertel und zeigt viele stimmungsvolle Bilder von Istanbul.
Dass Politik auch im Krimi eine Rolle spielen kann zeigt Emre Şahin, Regisseur und Drehbuchautor von «40». Er ist ganz einer zeitgemäßen Ästhetik verpflichtet. Beginnt mit schnellen Schnitten und variiert geschickt die Geschwindigkeit des Erzählflusses. Der in den USA ausgebildete Regisseur verknüpft in seiner Geschichte die Schicksale eines türkischen Ganoven, eines illegal in Istanbul lebenden Afrikaners und einer Krankenschwester. Es geht um Hoffnung und Enttäuschung, Glück und Verzweiflung und natürlich um Geld.
Mit seiner rasanten Ganovengeschichte gibt Emre Şahin ganz nebenbei einen Einblick in das heruntergekommene, von Armen, Gaunern, Drogenabhängigen und Transvestiten dominierte Tarlabaşı-Viertel und zeigt viele stimmungsvolle Bilder von Istanbul.
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