Freitag, 17. Mai 2013
Karl Bartos - Off The Record
Es könnte ein Lebenszeichen von Kraftwerk sein. Doch weil diese nur noch ihr musikalisches Erwerbe verwalten und vom Pop- in den Kunst-Himmel streben, bleibt es dem einstigen Mitmusiker Karl Bartos überlassen, das Kraftwerk-Konzept weiterzuspinnen. Bartos, der immer im Hintergrund der Gründer Ralph Hütter und Florian Schneider stand, ist Co-Autor wichtiger Kraftwerk-Stücke wie «Das Modell», «Computerliebe», «Musique Non-Stop» und «Tour de France».

Bartos’ drittes Solo-Album, «Off The Records» schmeckt stark nach Erinnerung. Das verwundert nicht, soll es doch auf Ideen und Skizzen aus seiner 15-jährigen Kraftwerk-Zeit beruhen (1975-1990).
Bartos zeigt nun also, was er damals noch so alles in der Hinterhand hatte. Er bringt die bekannten, einfachen und süßlichen Melodien, was etwa in «Nachtfahrt» an die «Model»-Zeit erinnert. Allerdings klingt der Text dann doch mehr nach Joachim Witt. Er zelebriert den Sprechgesang und ausgiebig Vocoder-Klänge, und nicht zuletzt erweist er mit «Musica Ex Machina» seiner ehemaligen Band – und damit auch sich selbst – die Referenz als Techno-Vorläufer. Doch auch wenn jede Komposition die Ausstrahlung von Kraftwerk vermittelt – an heranzureichen gelingt Bartos mit keiner einzigen.

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Samstag, 11. Mai 2013
Samba Touré - Albala
Er ist ein musikalischer Ziehsohn seines Namensvetters Ali Farka Touré und ein würdiger Verwalter von dessen Erbe. Die Musik von Samba Touré verströmt große Gelassenheit, ist jedoch sehr bestimmt und fern von jeglicher Afropop-Fröhlichkeit.
Der in der Region von Timbuktu geborene Samba Touré ging wegen der besseren Jobperspektiven schon als junger Mann nach Bamako. Dort lernte er das Gitarrespiel, gründete Bands und begeisterte sich für den Desert Blues von Ali Farka Touré. Der holte seinen Adepten 1997 in seine Tour-Band, was ihn offensichtlich nachhaltig prägte.

Auch Samba Tourés Gitarrenspiel ist von der Art inspiriert, in der traditionelle Instrumente wie die N’Goni gespielt werden. Das ist nach wie vor – und gerade im Zusammenspiel mit der N’goni, die auf allen Stücken dieses Albums zu hören ist – überaus reizvoll. Immer wieder gibt es gesprochene Passagen und den für malische Musik typischen Chorgesang. Bei Samba Touré sind es jedoch nicht die gewohnten, hellen Frauenstimmen, sondern ein dunklerer Männerchor, der hier den Ton angibt und sich letztlich vom traditionellen Vokaleinsatz deutlich abhebt. Touré hat alle Stimmen selbst eingesungen sowie die meisten Gitarren und teilweise die Percussions eingespielt. Für ein wenig Underground-Grummeln sorgt übrigens Hugo Race, schon früh ausgeschiedenes Gründungsmitglied von Nick Caves Bad Seeds und aktuell Mitglied von Dirtmusic, dessen anderes Mitglied, Chris Eckman von den Walkabouts, das Album produziert hat.

Samba Touré ist ein politischer Liedermacher und kommentiert die aktuelle, prekäre Situation in Mali. Damit steht er – soweit man das aus der englischen Übersetzung herauslesen kann – durchaus in der Tradition afrikanischer Musik. Allerdings appelliert er kaum direkt an seine Mitbürger, sondern formuliert seine Anliegen meist indirekt. (Ausnahmen wie «Al Barka», in dem er zum sorgsamen Umgang mit Wasser auffordert, bestätigen die Regel.) Der düstere Ton, der manche seiner aktuellen Texte kennzeichnet, spiegelt sich in der Musik wider, die nicht von ausgelassener, sondern vielmehr von Sorgen umwölkter Ruhe geprägt ist. Es werden nur wenige Instrumente eingesetzt, diese jedoch umso bewusster. Die einseitige Fiedel Sokou beispielsweise, mit der Zoumana Tereta in drei Stücken für eigenwillige Akzente sorgt, findet man in kaum einer afrikanischen Pop-Produktion.

Dass die Musik von Samba Touré gelegentlich wie ein Nachhall von Ali Farka Touré klingt, ist weder überraschend noch zu kritisieren. Samba Touré trägt das Erbe des Grammy-Gewinners nämlich nicht weiter, indem er den 2010 verstorbenen Gitarristen plagiiert, sondern indem er sie mit eigenen Ideen und aktuellen Bezügen weiterführt.

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Mittwoch, 1. Mai 2013
Attwenger - Clubs
Seit mehr als zwanzig Jahren zieht das Duo Attwenger durch die Clubs – vor allem in den deutschsprachigen Ländern, aber auch in den USA oder Asien. Im Gepäck haben sie kaum mehr als Schlagzeug und Steirische Harmonika, aber auch originelle Weltbetrachtung und dadaistischen Witz. Ihre Kompositionen sind überwiegend von suggestiver minimalistischer Redundanz, die eigentlich Zeit braucht, um zu wirken. Dass sie jedoch auch zersplittert nichts von ihrer Kraft einbüßen, zeigen die Schnipsel, die Markus Binder und Hans-Peter Falkner auf “Clubs» zu einem knallbunten, sich fortwährend drehenden Kaleidoskop arrangieren. Wie im Cut-up-Roman reihen sie Songfragmente, Ansagen und Statements in harten Schnitten aneinander. Ein Album wie eine Boxautofahrt – kaum eine ruhige Sekunde, nicht vorhersehbar und durchgängig spaßig.

«Clubs» versammelt Live-Mitschnitte – zum Teil mit Gästen wie den Gitarristen Harri Stojka und Fred Frith, Wolfgang Schlögl von den Sofa Surfers und, in einem allerdings schwachen Beitrag, Sigi Maron –, unveröffentlichte Stücke und Skurriles wie den Live-Mitschnitt einer TV-Übertragung, in der ein Fußballer namens Attwenger ein Tor schießt. Auch das passt, weil es wie eine unfreiwillige Parodie wirkt. Dieser wilde Mix wird von einer DVD mit zwei selbstgebastelten, während zweier Tourneen mit dem Mobiltelefon aufgenommenen Roadmovies begleitet, die man vor dreißig Jahren mit der Etikette ‹punkig dillettantig› erfolgreich vermarktet hätte. Alles in allem: Ein vergnüglicher Höllenritt im Attwenger-Autodrom.

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Dienstag, 23. April 2013
Rokia Traoré – Beautiful Africa
Man kann es Rokia Traoré nicht verdenken, dass ihr neues Album ein Stück weit eingängiger klingt als frühere. Denn auch wenn sie im Titelstück explizit auf die aktuellen gewaltsamen Auseinandersetzungen in verschiedenen afrikanischen Ländern verweist und ihre Mitmenschen zum verständnisvollen Dialog aufruft, befinden sich ihr Publikum und die Käufer ihrer CD überwiegend in Europa. Als Diplomatentochter ist sie nicht nur mit der heimischen Musik eines Sori Kandia Kouyaté aufgewachsen, sondern hat genauso selbstverständlich die Chansons von Joe Dassin, Janis Joplin und die Dire Straits gehört.

Rockmusik, hat die malische Musikerin gesagt, habe sie dazu bewogen, Gitarre zu lernen. Und jetzt rockt auch sie, wobei die verzerrte Gitarre zwar immer wieder hervorsticht, sich aber gleichermaßen an ihre Songs schmiegt. Doch auch wenn Rokia Traoré rockige Klänge in mehr als homöopathischen Dosen verabreicht, macht das «Beautiful Africa» noch lange nicht zum Rockalbum. Den Auftakt macht ein treibend-simpler Blues («Mala»), der in Mali längst in seiner eigenen Spielart beheimatet ist. Das von einer gefühlvoll gespielten Ngoni begleitet «N’Teri» und das teilweise in Englisch gesungene «Sarama» sind berührende Balladen, und mit den leicht funkigen Up-Tempo-Stücken «Tuit Tuit» und «Beautiful Africa» zeigt Rokia Traoré ihre ausgelassene Seite. Dass sie mit letzteren in die Fußstapfen von Sängerinnen wie Angelique Kidjo tritt, schadet dem Vergnügen keineswegs.

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Sonntag, 14. April 2013
Hannes Wader & Allen Taylor - Old Friends In Concert
Wie sehr die beiden Folk-Musiker harmonieren, zeigt eine Anekdote, die Allan Taylor im Verlauf des Konzerts erzählt. «Du spielst ein Lied von Hannes Wader», habe ihm jemand anerkennend gesagt, nachdem er seinen Song «It’s Good To See You» intoniert hatte. Dabei wurde das Lied in zehn Sprachen übersetzt, und die Coverversion von Hannes Wader ist nur eine von mehr als hundert Interpretationen.

Ihr erstes gemeinsames Live-Programm ist eine Greatest-Hits-Sammlung aus eigenen Liedern und Evergreens des Folk, etwa Pete Seegers «Where Have All The Flowers Gone» und «The Green Field of France». Die beiden Sänger bringen viele Lieder zweisprachig, wechseln sich mit dem Singen ab und setzen immer wieder Akzente, indem sie die zweite Stimme beisteuern. Es ist eine Freude, den beiden subtil spielenden Fingerpickern und ihren harmonischen Stimmen zuzuhören.

Aber auf das eigentlich Spektakuläre, das für uns längst selbstverständlich ist, muss Allan Taylor hinweisen. «Wenn ich dieses Lied spiele, muss ich immer daran denken, dass sich mein Vater und der von Hannes vor siebzig Jahren noch bekriegt haben», kündigt er das Antikriegslied «Es ist an der Zeit/The Green Fields Of France» an, «und wir sind heute Kumpels und spielen gemeinsam auf einer Bühne.» Hannes Wader, der auch als politischer Liedermacher nie die Poesie außen vor gelassen hat, und Allan Taylor stellen ihr Engagement nicht in den Vordergrund. Präsent ist es trotzdem. Und man darf getrost davon ausgehen, dass sie zwar von der politischen Dimension des zusammenwachsenden Europas sprechen, wenn sie ein Lied wie «The Green Fields Of France» intonieren, das Lied aber nicht auf Europa reduziert sehen möchten. Sie zeigen damit implizit, dass es in anderen Teilen der Welt noch zu wenige «gemischte» Konzerte gibt und beispielsweise auch Daniel Barenboim mit dem West-Eastern Divan Orchestra in seinem Land für seine Landsleute spielen dürfen sollte.

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Dienstag, 9. April 2013
Les Reines Prochaines - Blut
Ein bisschen Balkangedöns, ein wenig Schlager-Schunkelgroove; deutsch-englisch-spanisches Sprachgemisch und viel Nonsens. Die Reines Prochaines erzählen von banalen Begebenheiten («Die Hecke»), Phänomenen des Alltags («Kreisel sind rund») und erklären ganz dialektisch die Frage nach der Eigentümlichkeit des Menschen («Identität»). Das verströmt den Geist von Dada und Punk und ist heute so unorthodox wie vor 25 Jahren.

Die Köpfe der Reines Prochaines stecken noch immer in der Zeit der genialen Dilettanten. Es wirkt, als ob die Reines Prochaines nur in dem unvermeidbaren Maß besser geworden sind, das die wiederholte Beschäftigung mit den Instrumenten zwangsläufig mit sich bringt. Trotz Alterns bringen sie keine Lebensweisheiten schon gar kein frühes Alterswerk. Und wie ihnen kein Thema zu nebensächlich ist, um sich ihm ausgiebig zu widmen, halten sie sich auch stilistisch alles offen – die Mariachi-Imitation («Bliss») ebenso wie die freejazzige Kakophonie («Shila») oder der strenge Duktus von Brechts „Einheitsfrondlied“ («Identität»). «Wir machen keinen Unsinn, wir machen keinen Sinn – wir gehen so mehr um den Sinn herum; weil das Leben so ist», hat Muda Mathis, eine der Gründerinnen, dem Kunstmagazin Monopol erklärt. Vergessen zu erwähnen hat sie, wie lustvoll sie sich dem Umschreiten von Sinn und Unsinn hingeben.

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Samstag, 23. März 2013
Daniel Kahn & The Painted Bird - Bad Old Songs
Daniel Kahn ist wie ein Theatermacher, der in alten Stücken den Bezug zum Hier und Jetzt zeigt. Der in Berlin lebende amerikanische Musiker gräbt gerne alte Lieder aus. Viele davon stammen aus dem jüdischen Kulturkreis, aber er vertont auch immer wieder Gedichte von Heinrich Heine und Kurt Tucholsky. Auf seinem letzten Album hat er sogar das arg diskreditierte «Lili Marleen» interpretiert. Das alles macht es leicht, Daniel Kahn als politischen Musiker in der Tradition von Tucholsky und Brecht zu verorten.

Auf seinem neuen Album – es ist das dritte mit seinen «Painted Birds» – spielt er neben eigenen Stücken auch das aus dem 19. Jahrhundert überlieferte jüdische Volkslied «A Meydl From Berlin» und das dem Album den Titel gebende Stück, das von Robert Schumann vertonte Heinrich-Heine-Gedicht «Die alten bösen Lieder». Er singt aber auch nicht ganz so alte Lieder – von Franz Josef Degenhardt, Leonard Cohen und vom griechischen Liedermacher Dionysis Savvopoulos.

Während er mit seinen energiegeladenen, rumpelig-rohen Interpretationen bislang den «Tanz auf dem Vulkan» evozierte, der die Kabarett-Szene zwischen den beiden Weltkriegen auszeichnete, bringt er jetzt überwiegend düstere Lieder – dabei geraten ihm die wenigsten so eindringlich wie die teilweise zornige, dann aber stimmungsvoll ausklingende Heine-Vertonung von «Die alten bösen Lieder». Die Kastanien aus dem Feuer holt der Liedermacher vor allem mit seiner eindrücklichen, dreisprachigen Version, die er von Degenhardts «Die alten Lieder» gemacht hat, sowie mit dem einzigen wirklich flotten Stück des Albums: In seinem schwelgerischen Lied «Good Old Days» stellt der politische Liedermacher überaus humorvoll das Leben unter dem DDR-Regime und die aktuelle Lebenswelt gegenüber und kritisiert dabei den revisionistischen Rückblick auf die DDR genauso wie den heutigen Lebensentwurf, der sich zwar der revolutionären Klischees bedient, sein Aufbegehren aber nicht durch selbstbewussten Widerstand zeigt, sondern durch das Tragen von Accessoires, die Hammer und Sichel zeigen. So macht Daniel Kahn doch noch einiges wieder wett.

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Sonntag, 10. März 2013
Friska Viljor - Remember Our Name
Die beiden Gründer von Friska Viljor, Daniel Johansson und Joakim Sveningsson, schauen nicht gerne zurück. Die Trunkenbold-Liebesleid-Phase, in der sie ihr erstes Album einspielten, haben sie längst überwunden. Doch das Image klebt nach wie vor an ihnen. Dabei pflegt das Duo mittlerweile einen gesetzteren Lebenswandel und ist zum Sextett angewachsen. Beides hat auch ihre Musik verändert: Joakim Sveningsson singt mit seiner brüchigen Stimme nicht mehr verschroben-folkigen Lieder, sondern überwiegend konventionelle Popsongs. Seine eigenartige helle Stimme kommt in der üppigen Besetzung kaum noch zur Geltung.

Dabei geben sich Friska Viljor immer wieder Mühe und bringen eine – bei einem Folk-Männerduo eigentlich naheliegende – und durchaus gelungene Reminiszenz an Simon and Garfunkel („I’m Not Done“) und bringen mit „Boom Boom“ sogar eine Elektropop-Nummer. Dass konventionell nicht langweilig sein muss, zeigen sie vor allem mit den letzten beiden Stücken, in „Flageoletten“ und, zumindest in Ansätzen, „Remember My Name“. Diese Bitte soll gerne erhört werden – wenn auch weniger wegen dem aktuellen Album, sondern wegen ihrer früheren Musik. Vielleicht ist ja „Remember Our Name“ nur ein Übergangsalbum, nur ein Abstecherzu einem Aussichtspunkt, von dem der Ausblick dann doch nicht so prächtig war wie erwartet.

Friska Viljor wären nicht die ersten Musiker, die vom Weg abkommen und an Originalität verlieren. Insofern wäre es vielleicht gar nicht verkehrt, wenn sie auch selbst wieder einmal zurückschauen würden. Sie müssen ja nicht zwangsläufig die Leber strapazieren, sondern können es beim künstlerischen Blick belassen.

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Sonntag, 30. Dezember 2012
Unterbiberger Hofmusik – Bavaturka
Je weiter die Traditionen auseinander liegen, desto näher rücken sie wieder zusammen. Die Unterbiberger Hofmusik verschmilzt bayerische Blasmusik mit türkischen Klängen.

Auch die Welt der Musik ist rund – dadurch rücken die Traditionen zusammen, je weiter sie auseinander liegen. Wie vorzüglich bayrische und türkische Musik harmonieren kann, hat die Unterbiberger Hofmusik schon in ihrem Album «Made in Germany» (2010) anklingen lassen und im vergangenen Jahr bei einem Konzert mit dem türkischen Chor und Orchester Armoni Ahenk gezeigt.
Mit ihrem aktuellen Album «Bavaturka» vertieft die Gruppe die bayrisch-türkischen Beziehungen. Dabei greifen sie nicht nur türkische Volkslieder wie das mit seinem Kinderlied-Charakter einfache «Daǧlar gibi dalgari» oder den Volkstanz «Mahur Zeybek» auf. In anderen Kompositionen, die der Komponist Kubilay Üner beigesteuert hat, vermischen sich die unterschiedlichen Traditionen direkt und am überzeugendsten. Das ist kein Zufall: Der in Los Angeles arbeitende Komponist mit türkischen Wurzeln ist in München geboren. Sein Stücke «Dere Geliyor» beruht auf einem Volkslied aus Thrakien, dem europäischen Teil der Türkei, und einem Lied aus dem Bayerischen Wald. Neben diese Crossover-Stücke stellt die Unterbiberger Hofmusik ganz selbstverständlich ihre Interpretationen bayerischer Volkslieder, neue Kompositionen im traditionellen Stil oder auch Jay Ashbys Beschäftigung mit armenischen Volkstänzen. Neben Ashby, der bei einigen Stücken auch Posaune und Perkussion spielt, gibt es noch weitere alte Bekannte: den wie immer quirligen und ideenreichen Trompeter Matthias Schriefl und den Oud-Spieler Şeref Dalyanoǧlu.

Noch sind die Unterbiberger in der türkischen Musik nicht vollends aufgegangen. Deren Dialekt geht ihnen – das ist mehr als verständlich – noch nicht so leicht von der Hand wie der eigene. Auch ohne den direkten Vergleich des Konzertmitschnitts mit dem Armoni-Ahenk-Chor und dem Türkischen Radioorchester merkt man, dass es ihrem Spiel noch an der Selbstverständlichkeit fehlt, die die Stücke so richtig «swingen» lassen würde. Allerdings hat es sich die Unterbiberger Hofmusik auch nicht einfach gemacht und sich weit aus dem Fenster gelehnt: Sie singen auch auf Türkisch. Die Unterbiberger Hofmusik hat ein neues Kapitel im großen Buch der Weltmusik begonnen und sie haben im Sinn, einen Fortsetzungsroman zu schreiben. Der erste Teil ist überaus gelungen, auf die weiteren darf man gespannt sein.

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Donnerstag, 27. Dezember 2012
Terakaft - Kel Tamashek
Mit Musik im typisch melancholischen Duktus des Desert-Blues sagen Terakaft "Jahre voller Wut" voraus und beschwören ihre Landsleute eindringlich zur Einigkeit.

Das Album war schon fertig, als islamistische Gruppen den Nordosten Malis in ihre Gewalt brachten und sich damit die unmittelbare Lage wie auch die mittelfristige Perspektive für viele Tuareg verschlechterte. Lieder wie das tranceartige «Idja A Seman», in denen Terakaft-Frontmann Liya Ag Ablil die Schrecken des Krieges anprangert, wirken wie eine zu spät gekommene Mahnung. Das melancholische «Bas Tela Takaraket» wiederum – in dem er davon singt, dass sich die Tuareg nicht unterwerfen und den Weg ihrer Vorfahren unbeirrbar weitergehen werden – klingt wie ein traurig-trotziges Bekenntnis. Denn es gibt keine Einigkeit darüber, welches der richtige Weg ist. Die Einheit, die er in «Tirera» als notwendig für das künftige Glück der Tuareg einfordert, ist in weiter Ferne. In ihren Texten, nur die Hälfte stammt vom Bandleader selbst, singen Terakaft von ihrem Schmerz und ihrer Trauer und sagen voraus, dass die «kommenden Jahre voller Wut» sein werden.

Terakaft behandeln weitgehend die üblichen Themen der Tuareg-Musik – die Erhaltung der traditionellen Lebensweise, aber auch Liebesfreude und -leid – aber ihre Botschaften wirken noch dringlicher. Ebenso stereotyp wie die Themenwahl ist die Spielweise: Unter dem getragenen Gesang liegen treibenden Rhythmen, die hell klingende Gitarre stimmt meist die Melodiestimme mitspielt und wie üblich ist der Chorgesang ausgeprägt. Terakaft überraschen nicht mit neuen Klängen, aber sie zeigen sich als gute Verwalter ihres Erbes.

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