Dienstag, 6. März 2007
Various - Rhythm Of The River
Typischer Fall von falscher Erwartungshaltung: Der anheimelnd-ruhige blaue Fluss, auf dem ein indigener Bootsfahrer seinen Blick lauschend in die Ferne richtet, rührt sofort die Flussfahrerseele in mir.
Doch statt verträumter Flussgesänge oder Water Drums hetzen aufgekratzte Sierra Maestra mit übertriebener Fröhlichkeit gleich durch den ersten Song. Benjamin Escoriza (der Sänger von Radio Tarifa) ist schon ruhiger, aber noch immer zu lebendig.
Richtig beschaulich wird es selten, vor allem bei den sehnsüchtigen Gesängen von David Darling & The Wulu Bunun. Da habe ich längst entdeckt, dass sich die Flussrhythmen auf die Plattenfirma beziehen: Riverboat Records zeigt auf dem Werbesampler sein weltmusikalisches Programm.
Mich begeistert nichts wirklich, einzig Takashi Hirayasu & Bob Brozman und Javier Ruibal könnten noch eine Entdeckung sein. Vielleicht liegt's ja wirklich an der Erwartung ...

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Sonntag, 4. März 2007
Dobet Gnahoré - Na Afriki
Nein, die kurz aufflackernde Weltmusik-Diskussion muss nicht weitergeführt werden. Mit Dobet Gnahoré gibt es ein weiteres Beispiel panafrikanischer, wenn nicht sogar weltumspannender indigener Weltmusik. Denn die Sängerin aus Elfenbeinküste greift neben der einheimischen Musik nicht nur die aus Mali, Senegal, Kongo oder Südafrika auf, sondern auch die Musik der Pygmäen. Sie singt in verschiedenen afrikanischen Sprachen und setzt überwiegend traditionelle Instrumente ein. Das Ergebnis ist erfrischend und eingängig, obwohl die längst in Frankreich lebende Sängerin zumindest partiell urtümlicher klingende Musik macht als Angelique Kidjo, Salif Kaita oder Lokua Kanza. Dass es zwischendurch immer wieder angenehm poppig wird, ist weder unangenehm, noch erstaunlich - schliesslich hat sie ihre Musik schon früh mit dem französischen Gitarristen Colin Laroche de Féline entwickelt.

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Marcel Khalifé - Tagasim
Musik als Weltsprache - der libanesische Oud-Spieler und Komponist Marcel Khalifé integriert zwanglos und äusserst subtil Elemente westlicher Musik in seine eindeutig im Orient beheimateten Kompositionen. Während Mamdoh El-Gibaley seine Taqasim-Improvisationen zum stupenden Riq-Rhythmus entwickelt, sind bei Marcel Khalifé Schlagzeug (sein Sohn Bachir steuert verschiedene Perkussionsinstrumente bei) und Bass (vom in Paris lebenden Österreicher Peter Herbert einfühlsam gestrichen und gezupft) mehr als Rhythmusgrundlage - sie sind gleichberechtigtes Ausdrucksmittel, mit denen der libanesische Musiker akzentuiert, dramatisiert, poetisiert.

Gehört: verschiedentlich

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Samstag, 10. Februar 2007
Chris & Carla – Fly High Brave Dreamers
Warum Chris Eckman und Carla Torgerson neben den Walkabouts als Chris & Carla firmieren, ist mir nicht wirklich klar. Denn die Chris-&-Carla-Alben könnten auch als Walkabouts-Produkte durchgehen. Vielleicht können die beiden so einfach mehr veröffentlichen. Auch wenn das nicht wirklich notwendig ist. Schon beim Auftakt des Albums kamen Ermüdungserscheinungen: zu fahl, zu gesichtslos, zu vertraut. Doch zwischen verzichtbaren Songs mit verkitschten künstlichen Geigen oder Durchschnittsfolkrock gibt es - zu wenige - reduzierte Lieder, die mich berühren, schlichte Lieder wie Taking Leave of Our Senses, mit getragener Melodie und wohlig-zweistimmigem Gesang. Aber auch Whatever It Takes mit einem Gitarrensolo, das aus Neil Youngs früher elektrischer Phase stammen könnte, finde ich reizvoll. Der Aufwind ist den süßen Träumern nicht gewogen. Aber es gibt immerhin keinen Sturzflug.

Gehört: bei der Arbeit

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Freitag, 9. Februar 2007
Naked Lunch - This Atom Heart Of Ours
Verschwörerische Stimmen aus einem düsteren Geisterwald, ein dämonischer Elfenchor, Quaken aus dem Moor und eine Orgel, von der man nicht weiss ob sie den Weg zum Licht oder in die Finsternis lockt: Nach diesem Auftakt kann man nur völlig durchgeknallt weiter machen oder abstürzen: Naked Lunch setzen mit einem konventionell-britpoppigen Song zum Sturzflug an – ziehen das Steuerruder wieder hoch und ziehen lässig am Alpenkamm entlang, lassen uns auf beschauliche Almen und in dramatische Schluchten schauen. Aber bevor das ganze jetzt vollkommen feuilletonistischer Quatsch wird, schreibe ich nur: tolles Album. Naked Lunch zeigen, dass sie weiterhin in der verschroben-melodiösen Notwist-Liga spielen, berückende Stimmungen und schöne Songs mit skurrilen Geräuschen zaubern können.

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Samstag, 16. Dezember 2006
Neil Young & Crazy Horse - Live At The Fillmore East (CD und DVD)
Ich bin mir nicht sicher, ob der für heutige Verhältnisse subtile Lärm des elektrifizierten Neil Young zeitlos ist, oder ob mir die Nostalgie einen Streich spielt. Noch immer wirken die Songs gleichermaßen entspannt und dringlich, ist Neil Youngs eigentlich unvermögendes Gitarrespiel charmant und der Sound eigenständig - auch wenn die akustische Version von Cowgirl In The Sand wohl immer unerreicht bleiben wird.
So gut die Songs, so schlecht allerdings die DVD: Zu den Songs werden Standbilder der Auftritte gezeigt, die Rubrik Backstage bringt simple Biographien. Das ist billig und schlecht.

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Freitag, 8. Dezember 2006
Sting - Songs From The Labyrinth
Schön, wenn einer über den Tellerrand hinausschaut. Gordon Matthew Sumner macht es gerne, jetzt hat er sich der Musik von John Dowland zugewendet - und fast alle jubeln. Dabei gibt es - abgesehen davon, dass ihn mit Edin Karamazov ein hervorragender Lautenist begleitet - wirklich keinen Grund zur Freude. Der Gesangsunterricht an der Schola Cantorum Basiliensis hat gerade mal nichts gebracht. Dagegen ist das unangebrachte Raunen der Briefe von Dowland - vermutlich soll es die künstlerische Ernsthaftigkeit des Projekts unterstreichen - schon fast angenehm. Und wer denkt, dass John Dowland der Vergessenheit entrissen werden muss, irrt.
Es geht doch wieder um das eine: mit einem bekannten Namen den Absatz anzukurbeln. Da kann die Kunst ruhig auf der Strecke bleiben.

Nachtrag
Auf einen wohltuend kritischen Beitrag von Eleonore Büning, soll doch noch hingewiesen werden. Er ist nicht nur eine Ausnahme im Chor der grundlos Jubilierenden, sondern auch bissig, mit Witz und kenntnisreich geschrieben - und nicht ganz ohne Lob. Es lohnt sich, dafür zu bezahlen.

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