Sonntag, 7. März 2010
Ali Farka Touré & Toumani Diabaté - Ali & Toumani
Die letzten Stücke, die Ali Farka Touré eingespielt hat, sind traditionelle Lieder aus Mali; nicht nur solche aus seiner Heimatregion, sondern auch welche von südlichen Ethnien. Die Aufnahmen angeregt hat der Kora-Spieler Toumani Diabaté. Gemeinsam haben sie schon das mit einem Grammy ausgezeichnete Album «In The Heart Of The Moon» (2005) aufgenommen. Mit dabei war dieses Mal der sehr zurückhaltend agierende kubanische Bassist Orlando Cachaíto López (Buena Vista Social Club), bei manchen Stücken wurde im Nachgang Percussion oder Chorgesang hinzugefügt, eingespielt unter anderem von Vieux Farka Touré.

Die weitgehend redundanten Stücke plätschern, wie man es von den beiden kennt, ruhig und entspannt vor sich hin. Immer wieder vermag Toumani Diabaté mit seinen sanften Läufen zu begeistern. Von den Schmerzattacken, die Ali Farka Touré regelmässig befallen haben sollen, ist nichts zu merken. Die durchweg sanften Stücke evozieren Beschaulichkeit, träge Gelassenheit, mit der man die westafrikanische Nachmittagshitze im schattig-begrünten Innenhof genauso assoziieren darf wie - das Album wurde in London eingespielt - britische Regenfäden.

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Montag, 1. März 2010
Fehlfarben - Glücksmaschinen
Nicht nur bei «Stadt der 1000 Tränen» haben die Fehlfarben den treibend-melodiösen Bass nach vorne gemischt. Immer wieder klingen die Deutschrocker wie von Peter Hook inspiriert, der in den 1980er-Jahren den Klang von Joy Division maßgeblich mitgeprägt hat. «Neues Leben» wiederum klingt wie eine Reminiszenz an DAF, und Singen hat der mittlerweile in Wien lebende Düsseldorfer Peter Hein immer noch nicht gelernt. Es ist also fast alles wie früher. Der nostalgische, an Post-Punk und New Wave erinnernde Klang und Heins ungestümer Gesang ergänzen sich nach wie vor stimmig. Dazu gibt Peter Hein noch immer den bissig formulierenden Beobachter («Was hat man sich gefürchtet/ Ob der Blockwart etwas weiß/ Doch in jedem Forum/ gibt man die Penislänge preis») – ohne jedoch mit ausdrucksstarken Bildern die Stimmung der Zeit einzufangen, wie ihm das beim noch immer stärksten Fehlfarben-Album gelungen ist, dem Debüt «Monarchie und Alltag» (1980).

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Dienstag, 16. Februar 2010
Die Strottern - I gabad ois
Der Tod kauft sich einen Heurigen am Zentralfriedhof, der heisst «zur letztn apotekn» und ist gemütlich «zum verreckn». In den Liedern von Klemens Lendl und David Müller kommt – abgesehen von einer Eloge auf die Stadt Wien – alles vor, was auch das Wienerlied thematisiert. Allerdings thematisieren sie – auch wenn sie mit «Zehn Guidn» auch ein Trinklied im Programm haben – Wein, Weib und Gesang nicht auf die früher altmodisch fröhliche Art. Bei den Strottern erzählt der Tod seinem Kind («Dod und Dodal»), dass er sich zur Ruhe setzen möchte und gibt ihm noch den Rat, und bitte es «drah net glei olle haam, waun de engaln auf urlaub san».

Die Strottern sind nicht die ersten, die das Wienerlied renovieren. In den 1970er-Jahren waren es Karl Hodina, André Heller und Roland Neuwirth (u. a. mit seinen Extrem Schrammeln), derzeit gehören das Kollegium Kalksburg und eben auch die Strottern zu den Erneuerern. Ihre Lieder sind nicht weinselig, sondern haben meist einen wehmütigen Klang. Sie sind wienerisch nihilistisch («Woascheinlich») und kommen gar nicht alle aus Wien: Das «Lumpenlied» ist ein ins Wienerische übertragene Gedicht von Wilhelm Busch.

Die Musik der Strottern ist äußerst reduziert und ich war überrascht, als ich die opulente Besetzungsliste gesehen habe. Neben dem Grundstock Geige und Gitarre spielen die beiden Strottern selbst einige Instrumente und haben auch noch u. a. Gäste geladen, die Zither, Akkordeon, Saxophon, Bass und Mellophon spielen – allerdings nie als Bigband, sondern immer nur als einzelne, akzentuierende Begleiter.

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Montag, 8. Februar 2010
Angelique Kidjo - Oyo
Angelique Kidjo beweist mit ihrem neuen Album, was wir ohnehin längst wissen: dass sie eine großartige Stimme hat. Darüber hinaus hat sie den richtigen Schritt zurück nach vorn gemacht, sich mehr auf die Herkunft berufen und die Auswahl ihrer Interpretationen von Popmusik und Stilen harmonischer gestaltet als in der jüngeren Vergangenheit.

Das Album startet mit dem eindringlichen A-capella-Intro von Zelie, das Lionel Loueke mit einer subtil gespielten Gitarre untermalt - es ist nicht das einzige Mal, dass der Musiker aus Kidjos Heimatland Benin eine tragende Rolle spielt. Auch bei Atcha Houn setzt er entscheidende Akzente. Die Eigenkompositionen Kelele, eine Reminiszenz an die Zeit des Highlife, und Dil Main Chuppa Ke Pyar Ka zeigen die unterhaltsam-lebendige Kidjo und mit Mbube interpretiert sie einen der afrikanischen Klassiker in jazziger Manier überaus originell und eigenständig.

Auch wenn das Album wiederum bei Cover-Versionen schwach wird - das brav heruntergespielte Samba Pa Ti (daran ändert auch Gasttrompeter Roy Hargrove nichts), und Petite Fleur interpretiert Kidjo für mein Gefühl nicht weich genug - gelingen ihr westlich inspirierte Stücke besser als früher. Die funkigen Nummern Cold Sweat und Move On Up (von Curtis Mayfield, hier mit John Legend als Duettpartner) sind mitreißend, Otis Reddings Soul-Klassiker I Got Dreams To Remember ergreifend.

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Freitag, 5. Februar 2010
Them Crooked Vultures - Them Crooked Vultures
Wenn sich drei derart hochkarätige Musiker wie Dave Grohl (Foo Fighters, Nirvana), Joshua Homme (Queens Of The Stone Age, Kyuss) und John Paul Jones (Led Zeppelin) zusammentun, darf man hoffen, dass Hardrock neu definiert wird. Das leisten sie nicht, 'Die verwachsenen Galgenvögel' (man könnte den Bandnamen auch mit 'Die betrügerischen Galgenvögel' übersetzen) - vermutlich, weil sie es gar nicht vorhatten. John Paul Jones ist bei dem zuhause, was er immer gemacht hat und seine beiden Jünger eifern ihm auf der Reise in die Welt von Led Zeppelin eifrig nach.
Man muss das Ergebnis trotzdem nicht epigonal schimpfen. Them Crooked Vultures spielen kompakt und durchweg druckvoll, sie überzeugen mit sattem Klang, sorgen mit Tempiwechseln für Spannung und geben jedem Song eine eigene Note.

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Montag, 1. Februar 2010
Edelschwarz - Briten, Bauern & Barone
Siegfried Haglmo ist keineswegs der Erste, der alpine Volksmusik mit Rock kreuzt. Aber er war schon früh dabei: Bereits in den 1990er-Jahren hat er mit den Hundsbuam Miserablige den Brückenschlag von heimischer Tradition zur Moderne vollzogen. Mit Edelschwarz wird er härter, die Rockgitarre steht bei den meisten Stücken im Vordergrund, Elektronica gesellt sich ganz selbstverständlich dazu. Das wirkt auf den ersten Blick zwar konventionell, auf den zweiten wird es aber richtig interessant. Denn das Quartett wechselt nicht nur zwischen Gstanzl-artigem Gesang (zum Beispiel beim Auftakt "Do hots brennt", der obendrein mit einer hübschen Echo-Imitation glänzt) und holzigen Gitarren. Hier ein Break im Attwenger-Stil mit Akkordeon und Schlagzeug, da im Hintergrund ein bisschen Disco-Geflitter oder schwere Elektronik, dort ein anheimelnd-melodisches Intro. Zu allem gibt es oft langgezogene Lieder, die kleine Geschichten mit überraschenden Wendungen erzählen oder auch mal eine nostalgische Erinnerung an den Vater als Ausgangspunkt haben.

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Mittwoch, 6. Januar 2010
Der Schwimmer - Elbschwimmer
Minimal-Underground-Wohnzimmer-Pop aus Österreich
Die Musik von Der Schwimmer ist höchst eigenbrötlerisch. Das Album beginnt zurückhaltend - mit einem Blues, der nicht mehr ist als ein Übungsstückchen für Anfänger. Das ist öde. Die Stimmen sind nach hinten gemischt, was die in Mundart gehaltenen Texte oft unverständlich macht - das wirkt weniger beabsichtigt als schlecht abgemischt. Erst das lebendige Die Schuah san guat - immerhin bereits der vierte Song auf dem Album - wirkt nicht mehr müde und introvertiert. Das Duo Der Schwimmer und seine Gäste haben sich warmgespielt. Relaxt geht es mit Blumankinda weiter, das Album wird - bei aller Verschrobenheit - eingängiger, sie nähern sich in Redundanz und Einfachheit den (in jeder Hinsicht raffinierteren) Attwenger.
Mit ihrem rohen Minimalismus wirken Der Schwimmer wie aus der Zeit gefallen: eigenwillig und immer wieder durchaus charmant - aber überwiegend auch nur mäßig originell.

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Dienstag, 8. Dezember 2009
Cody - Songs
Mal sorgt eine melancholisch klingende Mundharmonika für den sanften Auftakt (Remember When), mal gefühlvolle Streicher (I Want You) oder eine schlichte Gitarre (Down In The Dark). Doch selbst die Solo-Instrumente bleiben nicht lange allein – und die akustischen Instrumenten werden um elektrifizierte ergänzt. Das ist durchweg stimmig und kommt aus einem Guss. Ihre dänische Herkunft hört man Cody so wenig an, dass sie sogar schon als authentische Americana-Musiker bezeichnet wurden. Aber was ist heutzutage authentisch, und inwiefern taugt das als Beschreibung der Qualität?
Cody bringen schlichte, sorgsam arrangierte Lieder, die überwiegend leise sind, aber durchaus – wenn schon nicht laute – so doch kräftige Passagen aufweisen. Im Vordergrund stehen trotzdem gefühlbetonte Stücke, simple Folksongs mit anschmiegsamem Fingerpicking (Cath The Straw), und immer wieder einschmeichelndem mehrstimmigen Gesang (A Crime).

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Mittwoch, 28. Oktober 2009
Pete Yorn/Scarlett Johansson - Break Up
Es ist schon seit Jahrzehnten üblich, dass sich Sänger als Schauspieler versuchen (Frank Sinatra, Caterina Valente), wir kennen genügend Künstler, die den umgekehrten Weg (Johnny Depp) beschritten haben, und wir haben uns längst daran gewöhnt, dass auch Models (Carla Bruni) respektable Lieder schreiben und darbieten können.
Jetzt setzt also Scarlett Johansson ihre musikalische Arbeit fort, die sie 2006 mit einem Song begann. 2006 veröffentlichte sie das Tom-Waits-Cover-Album "Anywhere I Lay My Head", und jetzt die schon vor jenem Album aufgenommenen Duette mit Pete Yorn, der dafür die meisten Lieder geschrieben hat.
Beider Stärke liegt nicht in der Stimme, sondern vielmehr in der Stimmung. Die Stimmen treten zu recht nicht in den Vordergrund - die Atmosphäre stimmt und die Lieder sind stimmig. An Yorns Vorbilder - ihm schwebten die Duette von Gainsbourgh/Bardot und Hazlewood/Sinatra vor, als er die Schauspielerin um ihre Mitarbeit anfragte - reichen sie nicht heran. Aber man muss ja nicht immer die Sterne erreichen.

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Dienstag, 20. Oktober 2009
Voicst - A Tale Of Two Devils
So schlecht sind Voicst eigentlich gar nicht. Der Opener High As An Amsterdam Tourist ist fröhlich-frisch, Don't Get Me Wrong lässt durch halbschräge Bläserintermezzi mit einem halbdreckigen Saxofon aufhorchen und Feelings Explode bringt eine kantige Gitarre mit abgerundeten Ecken. Das ist gefällig. Aber auch nicht mehr als nett, meint man doch bei jedem Song, ihn schon zu kennen. Weder die Klänge, noch die Melodien, noch die Stimme des recht agilen Sängers verdienen das Prädikat einzigartig. Mehr als Party-Hintergrund gibt das nicht, auch wenn sich die Gäste des holländischen Trios - nicht namentlich erwähnte Musiker wie ein Saxofonist von Gogol Bordello und ein Trompeter von Beyoncé - alle Mühe geben, um das durchschnittliche Material noch ein wenig aufzupeppen. Voicst sind ein gutes Beispiel dafür, wie wenig es heute reicht, einfach nur nicht so schlecht zu sein.

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