Sonntag, 3. April 2011
Arm, aber mit Stil
Die Dos Hermanos taufen ihr neues Album im Münchner Rationaltheater
Die Dos Hermanos taufen ihr neues Album im Münchner Rationaltheater
thenoise, 21:38h
Die Dos Hermanos spielen auf ausrangiertem Material. Ihr rustikaler Klang passt vorzüglich zu ihren Stücken, in denen man sich mitunter in die aufgekratzte Samstagabendstimmung einer Südstaatenkneipe versetzt fühlt. Im Rationaltheater haben sie ihr drittes Album präsentiert.
Auch wenn der Rest nichts als Trash sein mag: Die Dos Hermanos legen Wert darauf, «well dressed» zu sein. Ihre Anzüge – «erst sieben Jahre alt», wie sie modebewusst feststellen – sind nicht nur noch immer aktuell, es sind sozusagen die Neuteile in ihrem Equipment. Zwar fehlen Krawatte und Einstecktuch, aber die Hemden wirken – zumindest im schummrigen Licht des Rationaltheaters – wie frisch aus der Reinigung. So klemmen sich die Dos Hermanos im lässigen Hobo-Stil hinter ihre Ausrüstung, die aus der Rumpelkammer einer längst aufgelösten Zirkustruppe zu kommen scheint. Auch den Putzeimer haben sie nicht zurückgelassen. Zwar hätte selbst die Hintermoosener Blasmusik Instrumente wie die eingesetzte Basstrommel allenfalls zur Erinnerung an die glorreiche 125-jährige Geschichte in ihrem Vereinsheim hängen, aber die Dos Hermanos finden sie wohl heute noch praktisch, weil sie in die Verstrebungen gleich die Becken reinstecken können und sie einige Ständer weniger schleppen müssen. Abgesehen davon, dass sie auch nicht mehr lästig nachschwingen können.
Die Kompositionen der Dos Hermanos sind kurz, oft sogar sehr kurz. Und wenn es nichts mehr zu sagen gibt, sind sie fertig. Viele Songs haben eine Abbruchkante wie die Steilküste der Bretagne – und oft genug fegen sie darauf zu wie dort der Wind.
Im Wechsel der Stücke, wechselt auch der Gesang. Wenn Señor G. Rag singt und Gitarre spielt, verdrischt José The Black Rider sein Material enthusiastisch und mit ansteckender Begeisterung. Dass José durchweg ein Mikrofon singt, dass seine Stimme verfremdet, nutzt sich auf Dauer ab. Doch das ist der einzige Wermutstropfen des Konzerts. Denn die restliche Instrumentierung ist mehr als ein Gag, der Vintage-Sound eine wichtige Komponente für die überwiegend auf Blues und Country basierenden Songs. Mundharmonika und Kazoo setzen nette Akzente und die akustische Gitarre wird bis zum Anschlag verzerrt. Dass sie dann bei einem Stück nicht das ersehnte kreischende Feedback gibt, wirkt fast besser als wenn es klaglos funktioniert hätte. Solche Fehler gehören zum Programm und dem gewitzten Duo wäre es zuzutrauen, sie zu planen. Allerdings scheint keine Gefahr zu bestehen, dass die Dos Hermanos ihre Spontaneität programmieren müssen.
Auch wenn der Rest nichts als Trash sein mag: Die Dos Hermanos legen Wert darauf, «well dressed» zu sein. Ihre Anzüge – «erst sieben Jahre alt», wie sie modebewusst feststellen – sind nicht nur noch immer aktuell, es sind sozusagen die Neuteile in ihrem Equipment. Zwar fehlen Krawatte und Einstecktuch, aber die Hemden wirken – zumindest im schummrigen Licht des Rationaltheaters – wie frisch aus der Reinigung. So klemmen sich die Dos Hermanos im lässigen Hobo-Stil hinter ihre Ausrüstung, die aus der Rumpelkammer einer längst aufgelösten Zirkustruppe zu kommen scheint. Auch den Putzeimer haben sie nicht zurückgelassen. Zwar hätte selbst die Hintermoosener Blasmusik Instrumente wie die eingesetzte Basstrommel allenfalls zur Erinnerung an die glorreiche 125-jährige Geschichte in ihrem Vereinsheim hängen, aber die Dos Hermanos finden sie wohl heute noch praktisch, weil sie in die Verstrebungen gleich die Becken reinstecken können und sie einige Ständer weniger schleppen müssen. Abgesehen davon, dass sie auch nicht mehr lästig nachschwingen können.
Die Kompositionen der Dos Hermanos sind kurz, oft sogar sehr kurz. Und wenn es nichts mehr zu sagen gibt, sind sie fertig. Viele Songs haben eine Abbruchkante wie die Steilküste der Bretagne – und oft genug fegen sie darauf zu wie dort der Wind.
Im Wechsel der Stücke, wechselt auch der Gesang. Wenn Señor G. Rag singt und Gitarre spielt, verdrischt José The Black Rider sein Material enthusiastisch und mit ansteckender Begeisterung. Dass José durchweg ein Mikrofon singt, dass seine Stimme verfremdet, nutzt sich auf Dauer ab. Doch das ist der einzige Wermutstropfen des Konzerts. Denn die restliche Instrumentierung ist mehr als ein Gag, der Vintage-Sound eine wichtige Komponente für die überwiegend auf Blues und Country basierenden Songs. Mundharmonika und Kazoo setzen nette Akzente und die akustische Gitarre wird bis zum Anschlag verzerrt. Dass sie dann bei einem Stück nicht das ersehnte kreischende Feedback gibt, wirkt fast besser als wenn es klaglos funktioniert hätte. Solche Fehler gehören zum Programm und dem gewitzten Duo wäre es zuzutrauen, sie zu planen. Allerdings scheint keine Gefahr zu bestehen, dass die Dos Hermanos ihre Spontaneität programmieren müssen.
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Montag, 28. März 2011
Nachschlag
Christy & Emily im TiK in Dornbirn
Christy & Emily im TiK in Dornbirn
thenoise, 22:38h
Das Duo aus Brooklyn hat seine musikalische Heimat in Süddeutschland gefunden. Dadurch sind sie in unseren Breitengraden vermutlich öfter zu hören als zu Hause. Wenige Monate nach ihrer letzten Tour haben sie wieder ein paar neue Lieder vorbeigebracht.
Vor überschaubarem Publikum: Emily Manzo (l.) und Christy Edwards
Es gibt Musik, die funktioniert in der Fremde besser als zu Hause. Calvin Russels Roots-Rock beispielsweise kommt in Europa besser an als in den USA. Christy Edwards und Emily Manzo wiederum haben ihre musikalische Heimat beim deutschen Indie-Label Klangbad gefunden. Ende vergangenen Jahres waren sie im deutschsprachigen Raum unterwegs. Jetzt gibt es mit einer neu erschienenen EP im Gepäck noch einen Nachschlag – in Dornbirn vor einem zwar überschaubaren, aber dankbaren und wohlgesinnten Publikum.
Mit ihren Stücken reihen sich Christy & Emily in das unübersehbare Feld der Musiker ein, deren Bandbreite vom Folksong bis zum eruptiven Ausbruch reicht. Im Konzert präsentierten sie – wohl auch, weil so manche gewollte Zwischentöne auf der Strecke blieben – zunehmend ihre energischere Seite. Bass und Schlagzeug legten dafür ein solides Fundament, und Christy Edwards warf gelegentlich wohltemperierte, schlichte Solo-Passagen ein. Freiräume, welche die beiden Mitmusiker nicht bekamen. Zumindest die Schlagzeugerin hätte sie wohl ohnehin kaum sinnvoll füllen können. So steigerte sich das Konzert langsam bis zum letzten gemeinsamen Ausbruch. Wer sich nicht eindringlich leise einprägen möchte, sorgt für Lärm und Energie. Das kommt immer wieder gut an. Für die von einer grösseren und agileren Konkurrenz umlagerten Heimatbühnen scheint das noch nicht ganz zu reichen. Immerhin, das beweisen Christy & Emily, das Fundament ist gelegt. Wie sehr es trägt, wird man noch sehen.
Nächste Konzerte: 8.4. Fürth, 9.4. Stuttgart
Vor überschaubarem Publikum: Emily Manzo (l.) und Christy Edwards
Es gibt Musik, die funktioniert in der Fremde besser als zu Hause. Calvin Russels Roots-Rock beispielsweise kommt in Europa besser an als in den USA. Christy Edwards und Emily Manzo wiederum haben ihre musikalische Heimat beim deutschen Indie-Label Klangbad gefunden. Ende vergangenen Jahres waren sie im deutschsprachigen Raum unterwegs. Jetzt gibt es mit einer neu erschienenen EP im Gepäck noch einen Nachschlag – in Dornbirn vor einem zwar überschaubaren, aber dankbaren und wohlgesinnten Publikum.
Mit ihren Stücken reihen sich Christy & Emily in das unübersehbare Feld der Musiker ein, deren Bandbreite vom Folksong bis zum eruptiven Ausbruch reicht. Im Konzert präsentierten sie – wohl auch, weil so manche gewollte Zwischentöne auf der Strecke blieben – zunehmend ihre energischere Seite. Bass und Schlagzeug legten dafür ein solides Fundament, und Christy Edwards warf gelegentlich wohltemperierte, schlichte Solo-Passagen ein. Freiräume, welche die beiden Mitmusiker nicht bekamen. Zumindest die Schlagzeugerin hätte sie wohl ohnehin kaum sinnvoll füllen können. So steigerte sich das Konzert langsam bis zum letzten gemeinsamen Ausbruch. Wer sich nicht eindringlich leise einprägen möchte, sorgt für Lärm und Energie. Das kommt immer wieder gut an. Für die von einer grösseren und agileren Konkurrenz umlagerten Heimatbühnen scheint das noch nicht ganz zu reichen. Immerhin, das beweisen Christy & Emily, das Fundament ist gelegt. Wie sehr es trägt, wird man noch sehen.
Nächste Konzerte: 8.4. Fürth, 9.4. Stuttgart
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Samstag, 5. März 2011
Warum tanzt denn hier keiner?
Die Aeronauten spielen trotzdem schwungvoll und mitreißend
Die Aeronauten spielen trotzdem schwungvoll und mitreißend
thenoise, 21:48h
Vor 25 Jahren schon sei er im Fabriggli aufgetreten, erzählt Frontmann Oliver Maurmann, damals noch mit seinem Trio Freds Freunde. Dann lassen es die Aeronauten noch einmal krachen. Es ist bereits das zweite Zugabenset des Abends, sie spielen direkter, punkiger als zuvor und signalisieren damit: Diese Erinnerung an die Anfänge ist der Schlusspunkt eines Best-Of-Programms mit frühen, nach wie vor unverwünstlichen Stücken wie «Sexy Terrorist» und «Freundin» und aktuellen wie «Hallo Leidenschaft» und «Womunidure».
Teilen sich das Mikrofon: Oliver Mauermann und Roger Greipl (v.l.).
Die Aeronauten wollten zu ihren oft hintersinnig-ironischen Texten immer schon fetzig- geschmeidige Musik ohne stilistische Grenzen machen. Soulige Bläser gehören zum Standard, Anleihen an Ska und Country sind eine willkommene Abwechslung. Mittlerweile hat das Können den Willen zur Stilvielfalt annähernd eingeholt. Sie haben alle positiven Qualitäten einer Partyband: sie sind stilistisch abwechslungsreich, sie sind schmissig und sie verbreiten gute Laune. Weil sie aber nicht irgendwelche Gassenhauer nachspielen, sondern in ihren Texten eigenwillige Geschichten mit oft passend schräg phrasierten Reimen erzählen, spielen sie nur vor ein paar versprengten Fans.
Klein beim moderieren, groß bei Grimassen: Matthias Hipp am Bass.
Die Aeronauten starten ausgelassen und voller Bewegungsdrang – ganz so, als ob man sie schon lange nicht mehr auf die Bühne gelassen hätte. So sehen Menschen aus, die Spaß an der Arbeit haben. Matthias Hipp gibt den Faxenmacher (was immer dann in die Hosen geht, wenn er die Ansagen übernimmt), Samuel Hartmann den beseelten Gitarristen, und Oliver Mauermann übernimmt wie gewohnt die Rolle des Anti-Conférenciers. Er gibt dem Auftritt den Charme des Unperfekten. Eine durchgestylte Aeronauten-Show wäre ohnehin nicht glaubwürdig und würde wohl die Reputation untergraben.
Inbrünstig und schmissig: Trompeter Roman Bergamin.
Die Aeronauten haben vornehmlich treibende Stücke ausgesucht. Zwischendurch nehmen sie ein bisschen Tempo raus. Und wenn sie mal unfreiwillig ein wenig an Fahrt verlieren, fangen sie sich rasch wieder. Es findet sich immer mehr als einer, der antreibt und mitreißt. Dass keiner tanzt, liegt nicht an den Aeronauten, sondern am Publikum. «Es sind viel mehr Männer hier als Frauen», stellte Oliver Mauermann schon nach wenigen Stücken fest, «wird brauchen also nicht damit zu rechnen, dass heute Abend getanzt wird. Die Aeronauten haben trotzdem vorschriftsmäßig abgehoben.
Teilen sich das Mikrofon: Oliver Mauermann und Roger Greipl (v.l.).
Die Aeronauten wollten zu ihren oft hintersinnig-ironischen Texten immer schon fetzig- geschmeidige Musik ohne stilistische Grenzen machen. Soulige Bläser gehören zum Standard, Anleihen an Ska und Country sind eine willkommene Abwechslung. Mittlerweile hat das Können den Willen zur Stilvielfalt annähernd eingeholt. Sie haben alle positiven Qualitäten einer Partyband: sie sind stilistisch abwechslungsreich, sie sind schmissig und sie verbreiten gute Laune. Weil sie aber nicht irgendwelche Gassenhauer nachspielen, sondern in ihren Texten eigenwillige Geschichten mit oft passend schräg phrasierten Reimen erzählen, spielen sie nur vor ein paar versprengten Fans.
Klein beim moderieren, groß bei Grimassen: Matthias Hipp am Bass.
Die Aeronauten starten ausgelassen und voller Bewegungsdrang – ganz so, als ob man sie schon lange nicht mehr auf die Bühne gelassen hätte. So sehen Menschen aus, die Spaß an der Arbeit haben. Matthias Hipp gibt den Faxenmacher (was immer dann in die Hosen geht, wenn er die Ansagen übernimmt), Samuel Hartmann den beseelten Gitarristen, und Oliver Mauermann übernimmt wie gewohnt die Rolle des Anti-Conférenciers. Er gibt dem Auftritt den Charme des Unperfekten. Eine durchgestylte Aeronauten-Show wäre ohnehin nicht glaubwürdig und würde wohl die Reputation untergraben.
Inbrünstig und schmissig: Trompeter Roman Bergamin.
Die Aeronauten haben vornehmlich treibende Stücke ausgesucht. Zwischendurch nehmen sie ein bisschen Tempo raus. Und wenn sie mal unfreiwillig ein wenig an Fahrt verlieren, fangen sie sich rasch wieder. Es findet sich immer mehr als einer, der antreibt und mitreißt. Dass keiner tanzt, liegt nicht an den Aeronauten, sondern am Publikum. «Es sind viel mehr Männer hier als Frauen», stellte Oliver Mauermann schon nach wenigen Stücken fest, «wird brauchen also nicht damit zu rechnen, dass heute Abend getanzt wird. Die Aeronauten haben trotzdem vorschriftsmäßig abgehoben.
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Samstag, 26. Februar 2011
Ende gut, fast alles gut
Bassekou Kouyaté & Ngoni Ba im Moods
Bassekou Kouyaté & Ngoni Ba im Moods
thenoise, 13:01h
Eine gute Idee ist schon die halbe Miete: Dass Bassekou Kouyatés Gruppe mit vier in unterschiedlichen Lagen spielenden Ngonis besetzt ist, sorgt für ein Alleinstellungsmerkmal. Zusätzlich wurde das Instrument weiterentwickelt. Während die traditionelle Ngoni drei- oder viersaitig ist, haben sie die malischen Musiker auf bis zu sieben Seiten erweitert. Die Saiten sind anstelle von Holz- mit Metallwirbel aufgezogen, ein Tonabnehmer ist selbstverständlich. Bassekou Kouyaté setzt auch Effektgeräte ein - auffällig dabei das Wah-Wah, was ihm den Beinahmen «Hendrix aus Mali» eingebracht hat.
Den gesamten Auftritt über dominiert ausgelassene Fröhlichkeit, die aber Anfangs nicht recht echt wirken mag. Dabei würde sie der Gruppe gut anstehen. Sie spielt spritzig und virtuos, formiert sich immer wieder zu kleinen Tanzeinlagen und hat mit Kouyatés Frau Amy Sacko eine stimmgewaltige Sängerin. Nachdem sich Kouyaté im ersten Teil des Konzerts noch etwas schwer tut, den Übergang von tanzbaren zu lyrischen Stücken zu gestalten, schafft er das nach der Pause scheinbar mühelos. Da stört es auch kaum, dass manche Einsätze – etwa die Talking-Drum-Einlagen des Perkussionisten Moussa Sissoko – vor allem effektheischend sind.
Dafür ist die Verbindung, die Bassekou Kouyaté zwischen traditioneller und westlicher Musik schafft, harmonisch und interessant. Zum Teil ist sie ohnehin schon in der traditionellen Musik angelegt. Denn aus den traditionellen mit der Ngoni gespielten Liedern der Bambara, oft Sprechgesänge, finden sich schon Elemente des Blues. Wenn dann nach einem längeren, urtümlich wirkenden Intro von Bassekou Kouyaté der Bass-Ngoni-Spieler mit einem Blues-Akzent einfällt, ist die Synthese schon perfekt. Dazu gibt es immer wieder Stücke, die traditionellen Chorgesang zitieren (auch wenn es kein Frauenchor ist, sondern drei Sänger für die mehrstimmigen Parts sorgen), wie ihn die westlichen Hörer beispielsweise auch bei anderen malischen Musikern, etwa Oumou Sangaré, schätzen.
Vielleicht war die Aufwärmphase zum Tourauftakt der Grund dafür, dass sich die überwiegend guten Solitäre der ersten Konzerthälfte nicht zu einem harmonischen Ganzen fügten. Nach der Pause waren die Probleme überwunden: Die Tänzchen wurden lebendiger und das Trennende zwischen den Stücken verschwand - Ende gut, fast alles gut.
Konzerte: 26.2., München, 27.2.2011, Rubigen (CH), 28.2. Freiburg, 1.3. Erlangen, 2.3., Innsbruck
Den gesamten Auftritt über dominiert ausgelassene Fröhlichkeit, die aber Anfangs nicht recht echt wirken mag. Dabei würde sie der Gruppe gut anstehen. Sie spielt spritzig und virtuos, formiert sich immer wieder zu kleinen Tanzeinlagen und hat mit Kouyatés Frau Amy Sacko eine stimmgewaltige Sängerin. Nachdem sich Kouyaté im ersten Teil des Konzerts noch etwas schwer tut, den Übergang von tanzbaren zu lyrischen Stücken zu gestalten, schafft er das nach der Pause scheinbar mühelos. Da stört es auch kaum, dass manche Einsätze – etwa die Talking-Drum-Einlagen des Perkussionisten Moussa Sissoko – vor allem effektheischend sind.
Dafür ist die Verbindung, die Bassekou Kouyaté zwischen traditioneller und westlicher Musik schafft, harmonisch und interessant. Zum Teil ist sie ohnehin schon in der traditionellen Musik angelegt. Denn aus den traditionellen mit der Ngoni gespielten Liedern der Bambara, oft Sprechgesänge, finden sich schon Elemente des Blues. Wenn dann nach einem längeren, urtümlich wirkenden Intro von Bassekou Kouyaté der Bass-Ngoni-Spieler mit einem Blues-Akzent einfällt, ist die Synthese schon perfekt. Dazu gibt es immer wieder Stücke, die traditionellen Chorgesang zitieren (auch wenn es kein Frauenchor ist, sondern drei Sänger für die mehrstimmigen Parts sorgen), wie ihn die westlichen Hörer beispielsweise auch bei anderen malischen Musikern, etwa Oumou Sangaré, schätzen.
Vielleicht war die Aufwärmphase zum Tourauftakt der Grund dafür, dass sich die überwiegend guten Solitäre der ersten Konzerthälfte nicht zu einem harmonischen Ganzen fügten. Nach der Pause waren die Probleme überwunden: Die Tänzchen wurden lebendiger und das Trennende zwischen den Stücken verschwand - Ende gut, fast alles gut.
Konzerte: 26.2., München, 27.2.2011, Rubigen (CH), 28.2. Freiburg, 1.3. Erlangen, 2.3., Innsbruck
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Freitag, 25. Februar 2011
Nüchtern und energiegeladen
Wire im Abart, Zürich (CH)
Wire im Abart, Zürich (CH)
thenoise, 20:50h
Ihre Grösse ist unbestritten, richtig gross waren sie nie: Wire agierten immer in einer Nische. Sie haben den Punk schon so früh in Wave transformiert, dass man sie gar nicht mehr mit dem frühen, lärmigen Sound in Verbindung bringt. Sie hatten bald aufgehört, es überwiegend krachen zu lassen. Beibehalten haben sie, dass manche ihrer Songs nicht nur kurz sind, sondern mit einem abrupten Schnitt enden, beinahe schmerzhaft.
Colin Wilson: außen britische Biederkeit, innen punkige Energie
Wire kennen keine Attitüde, keine Eitelkeiten, keine Anbiederung – eine kurze scherzhafte Bemerkung zum Auftakt und dann nur noch Musik aus 30 Jahren. «106 Beats That» vom Debütalbum «Pink Flag» ist ebenso dabei wie spätere, etwa „Advantage In Height“ aus dem 1987er Album «The Ideal Copy», und Stücke aus dem aktuellen Album «Red Barked Tree», etwa «Moreover» und der als solcher nicht unbedingt kenntlich gemachte Ohrwurm «Please Take».
Graham Lewis: starke Mütze am Bass
Wire spielen ihr Set nicht ganz so trocken wie auf dem Album, sind aber durchweg nüchtern und direkt. Wire spielen kein fulminantes Konzert, beeindrucken aber besonders bei den kraftvollen Stücken. Hier fällt weniger auf, dass sie nicht stimmgewaltig sind. Der mehr sprechsingende Colin Wilson hat damit weniger Probleme als Graham Lewis, der das – zumindest was die Melodie betrifft – durchaus poppige «Please Take» geschrieben hat. Das Konzept der wieder einmal zum Trio geschrumpften Gruppe funktioniert nach wie vor. Massgeblichen Anteil daran hat der noch junge Gastgitarrist Matt Simms, der auf der Bühne den 2008 ausgestiegenen Bruce Gilbert ersetzt und nicht nur hervorragend lärmt, sondern auch kreischend-subtile Akzente setzt.
Richard Grey: trommelt wie vor dreißig Jahren
Nächste Konzerte: 25.2. München, 26.2. Berlin, 28.2. Köln, 1.3. Hamburg
Colin Wilson: außen britische Biederkeit, innen punkige Energie
Wire kennen keine Attitüde, keine Eitelkeiten, keine Anbiederung – eine kurze scherzhafte Bemerkung zum Auftakt und dann nur noch Musik aus 30 Jahren. «106 Beats That» vom Debütalbum «Pink Flag» ist ebenso dabei wie spätere, etwa „Advantage In Height“ aus dem 1987er Album «The Ideal Copy», und Stücke aus dem aktuellen Album «Red Barked Tree», etwa «Moreover» und der als solcher nicht unbedingt kenntlich gemachte Ohrwurm «Please Take».
Graham Lewis: starke Mütze am Bass
Wire spielen ihr Set nicht ganz so trocken wie auf dem Album, sind aber durchweg nüchtern und direkt. Wire spielen kein fulminantes Konzert, beeindrucken aber besonders bei den kraftvollen Stücken. Hier fällt weniger auf, dass sie nicht stimmgewaltig sind. Der mehr sprechsingende Colin Wilson hat damit weniger Probleme als Graham Lewis, der das – zumindest was die Melodie betrifft – durchaus poppige «Please Take» geschrieben hat. Das Konzept der wieder einmal zum Trio geschrumpften Gruppe funktioniert nach wie vor. Massgeblichen Anteil daran hat der noch junge Gastgitarrist Matt Simms, der auf der Bühne den 2008 ausgestiegenen Bruce Gilbert ersetzt und nicht nur hervorragend lärmt, sondern auch kreischend-subtile Akzente setzt.
Richard Grey: trommelt wie vor dreißig Jahren
Nächste Konzerte: 25.2. München, 26.2. Berlin, 28.2. Köln, 1.3. Hamburg
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Donnerstag, 24. Februar 2011
Wire, 23.2.2011
thenoise, 09:32h
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Montag, 14. Februar 2011
Das Lied zum Montag: «Faryaad»
Arash Sasan & Friends in der Blackbox
Arash Sasan & Friends in der Blackbox
thenoise, 23:07h
War es Zufall, dass Arash Sasan sein Konzert genau zwischen die offiziellen Feierlichkeiten zum Jahrestag der iranischen Revolution und den ungenehmigten Demonstrationen am heutigen Montag gelegt hat? Der in München lebende Gitarrist und Sänger zeigt mit seinem Lied «Faryaad» ("Schrei"), dass er auf Seiten der 'Grünen Bewegung' steht. Das weist ihn jedoch längst nicht als politischen Musiker aus, sondern macht nur deutlich, dass jede Meinungsäußerung politisch ist, wenn sie ein totalitäres Regime betrifft.
Arash Sasan
Natürlich kommt Arash Sasan nicht umhin, «Faryaad» zu spielen. Er freue sich, dass die Ägypter ihren Zug nach Hause gebracht hätten, leitet er das Stück mit bewegter Stimme ein, «und ich hoffe, dass er in Iran auch bald ans Ziel kommt».
Benedikt Jahnel
Doch auch wenn er Position bezieht: Arash Sasan auf die Rolle des politischen Liedermachers zu reduzieren, wäre falsch. Er interpretiert neben eigenen Liedern Texte der iranischen Hauspoeten Hafez und Saadi genauso wie Volkslieder. Dass auch diese wie ein politisches Statement wirken, liegt an den äußeren Umständen. Eines der ergreifendsten Lieder des Abends, ein Volkslied aus dem Kaukasus, ist das Lied eines jungen Mannes, der um seine Liebste trauert - die nur durch Selbstmord der Zwangsverheiratung entgehen konnte. Ein anderes, elektrisierend frivol umgesetztes Lied dreht sich um ein Liebespaar, das - begünstigt durch eine frostig-kalte Nacht - zusammenfindet.
Undenkbar, solche Lieder in Sasans Heimat außerhalb von illegalen Untergrund-Aufführungen zu hören. Und trotzdem: Hier spricht in erster Linie die Musik, der Rest ergibt sich mitunter bloß durch die Verhältnisse. Der Flamenco-Liebhaber Arash Sasan verbindet orientalische Melodien mit westlichen Harmonien, begleitet seine Lieder mit klassischen Arpeggien genauso wie mit rhythmischen Einwürfen. Arash Sasans Stimme ist fest und voll, aber gleichzeitig überaus gefühlsbetont und oft mit dem passend melancholischen Ton.
Guido May
Auch seine Freunde sind eine Klasse für sich. Besonders der umtriebige, mehrfach ausgezeichnete Jazzpianist Benedikt Jahnel und Guido May am Schlagzeug (der neben anderen auch Diana Krall, Pee Wee Ellis oder Till Brönner unterstützte) begeistern mit Raffinesse und Spielwitz.
Arash Sasan und seine Freunde haben mit ihren raffiniert gefühlvollen Interpretationen ihre eigene musikalische Welt erschaffen und die nüchtern-neutrale Blackbox in einen poetischen Raum verwandelt.
Peter Cudek
Arash Sasan
Natürlich kommt Arash Sasan nicht umhin, «Faryaad» zu spielen. Er freue sich, dass die Ägypter ihren Zug nach Hause gebracht hätten, leitet er das Stück mit bewegter Stimme ein, «und ich hoffe, dass er in Iran auch bald ans Ziel kommt».
Benedikt Jahnel
Doch auch wenn er Position bezieht: Arash Sasan auf die Rolle des politischen Liedermachers zu reduzieren, wäre falsch. Er interpretiert neben eigenen Liedern Texte der iranischen Hauspoeten Hafez und Saadi genauso wie Volkslieder. Dass auch diese wie ein politisches Statement wirken, liegt an den äußeren Umständen. Eines der ergreifendsten Lieder des Abends, ein Volkslied aus dem Kaukasus, ist das Lied eines jungen Mannes, der um seine Liebste trauert - die nur durch Selbstmord der Zwangsverheiratung entgehen konnte. Ein anderes, elektrisierend frivol umgesetztes Lied dreht sich um ein Liebespaar, das - begünstigt durch eine frostig-kalte Nacht - zusammenfindet.
Undenkbar, solche Lieder in Sasans Heimat außerhalb von illegalen Untergrund-Aufführungen zu hören. Und trotzdem: Hier spricht in erster Linie die Musik, der Rest ergibt sich mitunter bloß durch die Verhältnisse. Der Flamenco-Liebhaber Arash Sasan verbindet orientalische Melodien mit westlichen Harmonien, begleitet seine Lieder mit klassischen Arpeggien genauso wie mit rhythmischen Einwürfen. Arash Sasans Stimme ist fest und voll, aber gleichzeitig überaus gefühlsbetont und oft mit dem passend melancholischen Ton.
Guido May
Auch seine Freunde sind eine Klasse für sich. Besonders der umtriebige, mehrfach ausgezeichnete Jazzpianist Benedikt Jahnel und Guido May am Schlagzeug (der neben anderen auch Diana Krall, Pee Wee Ellis oder Till Brönner unterstützte) begeistern mit Raffinesse und Spielwitz.
Arash Sasan und seine Freunde haben mit ihren raffiniert gefühlvollen Interpretationen ihre eigene musikalische Welt erschaffen und die nüchtern-neutrale Blackbox in einen poetischen Raum verwandelt.
Peter Cudek
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Sonntag, 23. Januar 2011
Tanz auf dem Xylophon
Xala im Kaufleuten
Xala im Kaufleuten
thenoise, 15:49h
Sie fand im Flamenco-Tanz keine weitere Entfaltungsmöglichkeit und erweiterte die Ausdrucksmöglichkeiten des Tanzes, indem sie tanzend Musik macht. Dafür hat Ania Losinger mit dem Schweizer Instrumentenbauer Hamper von Niederhäusern ein völlig neuartiges Instrument entwickelt, das Xala. Zu ihrer aktuellen Produktion wurden Ania Losinger und ihr musikalischer Partner Mats Eser durch ihre Auftritte an der Weltausstellung in Shanghai inspiriert.
Streng inszeniert: Ania Losinger
Streng steht sie da, die Stöcke wie Lanzen in den Händen; gleichermaßen amazonenhaft und unbewehrt, denn Ania Losinger schützt nur ein fester Blick. Ursprünglich Tänzerin, überträgt die Bernerin seit gut zehn Jahren die Tanzschritte auf ein gut zwei mal zwei Meter messendes Bodenxylophon, das Xala. Begleitet wird sie vom ebenso experimentierfreudigen Perkussionisten und Komponisten Max Eser. Er spielte unter anderem als Mitbegründer des Schweizer Schlagzeug Ensembles in den 1990er-Jahren ein Album mit Perkussionsinstrumenten aus Glas ein.
Getanzter Minimalismus: Ania Losinger und Mats Eser
Stilistisch folgen Xala, wie sich das Duo nach dem Instrument nennt, dem minimalistischen Ansatz des Schweizer Schlagzeug Ensembles. Eser gibt meist den Grundrhythmus vor, den Losinger tanzend erweitert. Sie benutzt Flamenco-Tanzschuhe und zwei Stöcke, mit denen sie die jeweils unterschiedlich gestimmten Platten anschlägt. So kann sie von den dumpfen Klangfarben eines Stampftanzes bis hin zu metallisch-hellen Tönen eine ganze Bandbreite an Klängen abrufen. Dabei bleibt Losinger weitgehend der offensichtlichen Idee verhaftet, wie das Xala gespielt werden soll. Nur in einer Sequenz des ohne Pausen durchgespielten einstündigen Programms deutet sie an, was sonst noch möglich wäre: Sie schabt mit den Sohlen über die Klangfläche und lässt die Schuhe über die Kanten der Klangstäbe klackern. Sie geht aber nicht so weit, sie mit Händen und Knien zu traktieren und auszuloten, welche Klänge mit Accessoirs wie Gürtel, Ketten oder Armreifen hervorzurufen wären. Es könnte eine nächste Stufe sein -- vom Tanz über die Musik zur Performance.
Neue Dimension: Tanz wird zu Musik.
Losinger begnügt sich damit, die Stöcke gegen eine Variante auszutauschen, mit der sie nicht nur auf die Klangstäbe klopfen, sondern -- entfernt vergleichbar mit Kastagnetten -- klappern kann. Obwohl durch den Grundriss und die Anordnung der Tonflächen enorm eingeschränkt, bietet Losinger auch in Tanzeinlage mit überdimensioniertem Fächer, die jedoch allzusehr dem Geist der Eurythmie verhaftet scheint.
Ania Losinger bietet schon allein durch die Erfindung des Xala eine neue Dimension in der Kombination von Tanz und Musik. Dass der Reiz des Instruments nicht in dessen Exotik begründet ist, hat sich längst gezeigt. Es wird spannend bleiben, wie Ania Losinger seine Möglichkeiten weiterhin auslotet.
Streng inszeniert: Ania Losinger
Streng steht sie da, die Stöcke wie Lanzen in den Händen; gleichermaßen amazonenhaft und unbewehrt, denn Ania Losinger schützt nur ein fester Blick. Ursprünglich Tänzerin, überträgt die Bernerin seit gut zehn Jahren die Tanzschritte auf ein gut zwei mal zwei Meter messendes Bodenxylophon, das Xala. Begleitet wird sie vom ebenso experimentierfreudigen Perkussionisten und Komponisten Max Eser. Er spielte unter anderem als Mitbegründer des Schweizer Schlagzeug Ensembles in den 1990er-Jahren ein Album mit Perkussionsinstrumenten aus Glas ein.
Getanzter Minimalismus: Ania Losinger und Mats Eser
Stilistisch folgen Xala, wie sich das Duo nach dem Instrument nennt, dem minimalistischen Ansatz des Schweizer Schlagzeug Ensembles. Eser gibt meist den Grundrhythmus vor, den Losinger tanzend erweitert. Sie benutzt Flamenco-Tanzschuhe und zwei Stöcke, mit denen sie die jeweils unterschiedlich gestimmten Platten anschlägt. So kann sie von den dumpfen Klangfarben eines Stampftanzes bis hin zu metallisch-hellen Tönen eine ganze Bandbreite an Klängen abrufen. Dabei bleibt Losinger weitgehend der offensichtlichen Idee verhaftet, wie das Xala gespielt werden soll. Nur in einer Sequenz des ohne Pausen durchgespielten einstündigen Programms deutet sie an, was sonst noch möglich wäre: Sie schabt mit den Sohlen über die Klangfläche und lässt die Schuhe über die Kanten der Klangstäbe klackern. Sie geht aber nicht so weit, sie mit Händen und Knien zu traktieren und auszuloten, welche Klänge mit Accessoirs wie Gürtel, Ketten oder Armreifen hervorzurufen wären. Es könnte eine nächste Stufe sein -- vom Tanz über die Musik zur Performance.
Neue Dimension: Tanz wird zu Musik.
Losinger begnügt sich damit, die Stöcke gegen eine Variante auszutauschen, mit der sie nicht nur auf die Klangstäbe klopfen, sondern -- entfernt vergleichbar mit Kastagnetten -- klappern kann. Obwohl durch den Grundriss und die Anordnung der Tonflächen enorm eingeschränkt, bietet Losinger auch in Tanzeinlage mit überdimensioniertem Fächer, die jedoch allzusehr dem Geist der Eurythmie verhaftet scheint.
Ania Losinger bietet schon allein durch die Erfindung des Xala eine neue Dimension in der Kombination von Tanz und Musik. Dass der Reiz des Instruments nicht in dessen Exotik begründet ist, hat sich längst gezeigt. Es wird spannend bleiben, wie Ania Losinger seine Möglichkeiten weiterhin auslotet.
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Samstag, 22. Januar 2011
Zwischenaufenthalt in Feldkirch
22 Pistepirkko auf Jubiläumstournee
22 Pistepirkko auf Jubiläumstournee
thenoise, 12:28h
Ein Gewölbekeller im Zentrum der Kleinstadt. Statt einer edlen Weinstube gibt es laute Musik -- meist vom DJ, gelegentlich von einer drängend kleinen Bühne, die dem ohnehin nicht opulent ausgestatteten Trio nur knapp ausreichend Platz bietet. Diese Atmosphäre würde auch in einer Metropole als überaus schick empfunden.
Vielleicht haben sich 22 Pistepirkko, die seit dreißig Jahren zusammenspielen, ihre Jubiläumstournee anders vorgestellt, größer, glamouröser. Aber die drei unprätentiös wirkenden Finnen und ihre gut geerdete Musik passen an Orte wie den Rauch Club. Das machen sie schon mit dem Auftakt klar. Auch wenn sie mit dem subtil-klagenden «I'm Tired Of Being Drunk» eine falsche Fährte legen. Denn den Rest des Konzerts dominieren nicht die feinen Töne, sondern durchweg Hannu Keränens druckvolle, überaus satt klingende (Slide-)Gitarre. 22 Pistepirkko spielen sich durch eine abwechslungsreiche Mischung aus eigenen Stücken und Coverversionen, etwa «Not Fade Away» von den Rolling Stones. Die Blues-Einflüsse stehen deutlich im Vordergrund, ihre Country-Vorliebe haben sie ebenso Zuhause gelassen wie die akustische Gitarre. Eine leichte Variante bieten die Finnen im Mittelteil: Hannu Keränen packt seine alte Gretsch aus, spielt mit viel Hall ein twangiges Instrumentalstück und erinnert in der Folge auch dezent daran, dass er auch vom Rock’n’Roll beeinflusst ist.
22 Pistepirkko durchweg spielen roh und direkt. Aber auch wenn das Keyboard und die Chorusse des in selbstvergessener Trance spielenden Asko Keränen mitunter kaum zu hören sind: Die mangelnde Ausgewogenheit stört kaum. Selbst wenn sie sich in eine Sackgasse spielen, wird nicht getadelt: Man freut sich über den Weg, auf dem sie wieder herausfinden.
Auch 22 Pistepirkko wissen: Viel mehr als Perfektion zählt der Fluss der Energie - und der ist das ganze Konzert über mitreißend.
Vielleicht haben sich 22 Pistepirkko, die seit dreißig Jahren zusammenspielen, ihre Jubiläumstournee anders vorgestellt, größer, glamouröser. Aber die drei unprätentiös wirkenden Finnen und ihre gut geerdete Musik passen an Orte wie den Rauch Club. Das machen sie schon mit dem Auftakt klar. Auch wenn sie mit dem subtil-klagenden «I'm Tired Of Being Drunk» eine falsche Fährte legen. Denn den Rest des Konzerts dominieren nicht die feinen Töne, sondern durchweg Hannu Keränens druckvolle, überaus satt klingende (Slide-)Gitarre. 22 Pistepirkko spielen sich durch eine abwechslungsreiche Mischung aus eigenen Stücken und Coverversionen, etwa «Not Fade Away» von den Rolling Stones. Die Blues-Einflüsse stehen deutlich im Vordergrund, ihre Country-Vorliebe haben sie ebenso Zuhause gelassen wie die akustische Gitarre. Eine leichte Variante bieten die Finnen im Mittelteil: Hannu Keränen packt seine alte Gretsch aus, spielt mit viel Hall ein twangiges Instrumentalstück und erinnert in der Folge auch dezent daran, dass er auch vom Rock’n’Roll beeinflusst ist.
22 Pistepirkko durchweg spielen roh und direkt. Aber auch wenn das Keyboard und die Chorusse des in selbstvergessener Trance spielenden Asko Keränen mitunter kaum zu hören sind: Die mangelnde Ausgewogenheit stört kaum. Selbst wenn sie sich in eine Sackgasse spielen, wird nicht getadelt: Man freut sich über den Weg, auf dem sie wieder herausfinden.
Auch 22 Pistepirkko wissen: Viel mehr als Perfektion zählt der Fluss der Energie - und der ist das ganze Konzert über mitreißend.
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Samstag, 8. Januar 2011
Welthaltige Improvisation, lyrisch und voller Groove
Urumchi im Moods
Urumchi im Moods
thenoise, 23:35h
Das Improvisieren geht ungewollt noch weiter als geplant: Der Cellist Alfred Zimmerlin ist krank und schrumpft das Quartett zum Trio. Würde es nicht selbst verraten, dass es in dieser Konstellation gelegentlich vom Pfad abkommt, es bemerkte wohl niemand. „Das war eigentlich erst die erste Strophe“, erklärt Saadet Türköz überrascht, als das Publikum im Wechsel zwischen zwei Sequenzen applaudiert und so die Musiker zum Ende zwingt. Das gehöre eben auch zur Improvisation, kommentiert Fredy Studer lachend, und man empfehle sich gleich in die Pause. So früh denke ich, obwohl die Zeit dafür durchaus schon gekommen ist. Urumchi lassen offenbar die Zeit vergessen.
Mit kasachisch-türkischen Wurzeln seit vielen Jahren in Zürich: Saadet Türköz.
Das Quartett ist mit dem Schlagzeuger Fredy Studer, dem Akkordeonisten Hans Hassler und Alfred Zimmerlin an Cello und Keyboard mit Schweizer Urgesteinen besetzt, die schon lange die Schweizer Musikszene mitprägen. Sie bieten Innovation aus Tradition, auch wenn das wie der nachgeäffte Werbespruch eines beliebigen Technikunternehmens ist. In unterschiedlichen Besetzungen loten die drei ihre Spielräume aus, bei Urumchi gemeinsam mit der in Istanbul geborenen Sängerin Saadet Türköz.
Diese rezitiert und singt mit eigenwilligem Duktus. Ihr geht es mehr um Klang und weniger um Wohlklang. Ihre eigenwilligen Lautmalereien – die Stimme gelegentlich schmerzhaft reibend – sind nicht unmittelbar nachzuvollziehender Ausdruck. Das den überwiegend in Türkisch gesungenen Texten zugrunde liegende Gefühl ist mitunter kaum zu ergründen.
In allen musikalischen Welten zuhause: Fredy Studer.
Fredy Studer unterlegt die Klängen virtuos, vielfältig und melodisch. Zum poetisch-ruhigen Einstand lässt der Perkussionist Wasser plätschern. Er entlockt dem Gong ein Glissando, indem er ihn in das Wasser taucht. Später drischt er auf ein kleines Becken, das auf der Snare-Drum liegt, oder bespielt das Becken mit einem Cello-Bogen. Virtuos und phantasievoll prägt er über weite Strecken das Konzert. Studer ist nicht der erste, der die Trommeln mit den Händen schlägt. Doch sein Spiel ist absolut originär, und wie er mit Saadet Türköz und Hans Hassler interagiert, ist für mehr als für den Augenblick gemacht (auch wenn man sich weder Stimmung noch Klänge einpacken und mit nach Hause nehmen kann).
Von der Volksmusik zur freien Jazz- und Improszene:Hans Hassler.
Hassler gibt den Solitär. Wie immer in sich versunken, wie abwesend in seiner eigenen Welt, scheint er mit seinen auch bei leisen Stellen oft angestrengt fest zusammengekniffenen Augen für die stimmungsvolle Interaktion kleinen Blickkontakt zu brauchen. Mal liefert er eine unbegreiflich lange Zeit den Bordun-Ton, auf dem die anderen abheben können, später geht er (aber noch immer in sich versunken) beflügelt aus sich heraus -- mit vollem Klang, rhythmisch und, obwohl kaum sperrig, mitunter herrlich vertrackt.
Bei Urumchi ist auch gut aufgehoben, wer vor freiem Jazz Respekt hat. Die Gruppe hebt zwar – im positiven Sinn – gehörig ab, ist aber gleichzeitig geerdet.
Mit kasachisch-türkischen Wurzeln seit vielen Jahren in Zürich: Saadet Türköz.
Das Quartett ist mit dem Schlagzeuger Fredy Studer, dem Akkordeonisten Hans Hassler und Alfred Zimmerlin an Cello und Keyboard mit Schweizer Urgesteinen besetzt, die schon lange die Schweizer Musikszene mitprägen. Sie bieten Innovation aus Tradition, auch wenn das wie der nachgeäffte Werbespruch eines beliebigen Technikunternehmens ist. In unterschiedlichen Besetzungen loten die drei ihre Spielräume aus, bei Urumchi gemeinsam mit der in Istanbul geborenen Sängerin Saadet Türköz.
Diese rezitiert und singt mit eigenwilligem Duktus. Ihr geht es mehr um Klang und weniger um Wohlklang. Ihre eigenwilligen Lautmalereien – die Stimme gelegentlich schmerzhaft reibend – sind nicht unmittelbar nachzuvollziehender Ausdruck. Das den überwiegend in Türkisch gesungenen Texten zugrunde liegende Gefühl ist mitunter kaum zu ergründen.
In allen musikalischen Welten zuhause: Fredy Studer.
Fredy Studer unterlegt die Klängen virtuos, vielfältig und melodisch. Zum poetisch-ruhigen Einstand lässt der Perkussionist Wasser plätschern. Er entlockt dem Gong ein Glissando, indem er ihn in das Wasser taucht. Später drischt er auf ein kleines Becken, das auf der Snare-Drum liegt, oder bespielt das Becken mit einem Cello-Bogen. Virtuos und phantasievoll prägt er über weite Strecken das Konzert. Studer ist nicht der erste, der die Trommeln mit den Händen schlägt. Doch sein Spiel ist absolut originär, und wie er mit Saadet Türköz und Hans Hassler interagiert, ist für mehr als für den Augenblick gemacht (auch wenn man sich weder Stimmung noch Klänge einpacken und mit nach Hause nehmen kann).
Von der Volksmusik zur freien Jazz- und Improszene:Hans Hassler.
Hassler gibt den Solitär. Wie immer in sich versunken, wie abwesend in seiner eigenen Welt, scheint er mit seinen auch bei leisen Stellen oft angestrengt fest zusammengekniffenen Augen für die stimmungsvolle Interaktion kleinen Blickkontakt zu brauchen. Mal liefert er eine unbegreiflich lange Zeit den Bordun-Ton, auf dem die anderen abheben können, später geht er (aber noch immer in sich versunken) beflügelt aus sich heraus -- mit vollem Klang, rhythmisch und, obwohl kaum sperrig, mitunter herrlich vertrackt.
Bei Urumchi ist auch gut aufgehoben, wer vor freiem Jazz Respekt hat. Die Gruppe hebt zwar – im positiven Sinn – gehörig ab, ist aber gleichzeitig geerdet.
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