Dienstag, 17. April 2007
Trommeln der Wiedergeburt
Turbulence – Art from South Africa
Turbulence – Art from South Africa
thenoise, 01:20h
Es ist vorbei – aber sie lässt nicht los. Dabei hatte ich mir von der überraschenden Begegnung nichts erwartet. Denn was – außer vielleicht Klischees – kann eine Ausstellung südafrikanischer Kunst zu bieten haben, die nichts anderes zu sein scheint als das Beiwerk im Prestigebau eines Brauseherstellers, in dessen Zentrum die aus den Sponsoringaktivitäten abfallenden und in den Farben des Unternehmens bemalten Sportmaschinen stehen? Die viele PS starken Maschinen passen zum Image. Doch das erstklassige Restaurant passt zum Lieferanten von Fetenstimulans ebenso wenig wie zeitkritische Kunst.
Doch schon der Auftakt im Café – wer eine lange Reise tut, möge vor dem Kunstgenuss zur Steigerung der Rezeptionsfähigkeit rasten – war ein Erlebnis. Noch origineller als der im Trinkglas servierte Kuchen (sehr lecker, aber unpraktisch zu essen) war der weitum hörbar telefonierende Stammgast, der Kleidung und dem gut sichtbar drapierten Ferrari-Schlüssel entsprechend der Grandseigneur der kleinstädtischen Zuhälter. Seine grell bekleidete Begleiterin verstand es nicht nur, an den richtigen Stellen die Toilette aufzusuchen: Ihr bemerkenswertes Make-up wirkte, als ob sie sich für eines der in den 1990er Jahren entstandenen Puppenbilder von Cindy Sherman Modell stehen wolle. Damit hat sie zwar das Thema der Ausstellung verfehlt, aber man kann sich seine Gäste nicht immer aussuchen.
Große Kunst im dafür wenig geeignetem Ambiente: Werke von
Samson Mudzunga (vorne rechts), Conrad Botes (hinten rechts),
Sanell Aggenbach (vorne links) und Lyndi Sales.
Die Ausstellung selbst war – auf andere Art, zum Glück – großartig. Keine Folklore, kein Kunsthandwerk, wie man es bei vergleichbaren Veranstaltungen auch schon sehen musste, und auch keine oberflächlichen Bezüge zur indigenen Tradition, den die überwiegend weißen Künstlerinnen und Künstler ohnehin nicht haben. Dafür Kunst, die verschmitzt ist, Kunst, die gewaltig ist, Kunst, die überwältigt, erstaunt und nachdenklich macht – selbst dann, wenn Instrumente und Rituale aufgegriffen werden, wie es Samson Mudzunga macht. Seine riesigen Trommeln in Form von Flugzeugen oder Fischen sind gleichzeitig Ritualobjekte. Diese figurativen Skulpturen dienen jedoch nur seinen Performances um Tod und Widergeburt, nicht aber den Ritualen der traditionellen Heiler. Die Trommelskulpturen von Samson Mudzunga verbinden die Kulturen als Artefakte einer Performance mit Ritualcharakter.
Schwarz oder weiß? Sanell Aggenbach malt negativ.
Auch bei Johannes Phokela und Conrad Botes verbinden sich traditionelle und westliche Herangehensweisen. Conrad Botes Pieta im Comicstil (und mit dem sterbenden Teufel in den Armen der Mutter) wird von Hinterglasmalereien – einer auch in Afrika verwendeten Technik – flankiert.
Ledelle Moe: Miniaturköpfe als Kontrast zu monumentalen Skulpturen.
Die dramatische gesellschaftliche Umwälzung hat Ledelle Moe zu monumentalen Betonskulpturen inspiriert. Schon vor dem Eingang liegt einer von drei riesigen Betonköpfen auf dem Boden, die wie Überreste von monumentalen Statuen wirken – sichtbare Zeichen des Umbruchs. Sanell Aggenbach wieder spielt äußerst originell mit dem konfliktträchtigen Gegensatz von schwarz und weiß, zu der sie von den Negativen eines verstorbenen Fotografen aus ihrem Umfeld inspiriert wurde. Erst auf den zweiten – oder gar dritten – Blick wird klar, dass der auf dem Bild abgebildete Schwarze tatsächlich ein Weißer ist und umgekehrt. Während der Apartheid – und das ist noch nicht so lange her – hätten diese Bilder nicht nur verstört, sondern Aufruhr verursacht. Selbst im Nachhinein, Tage nach dem Besuch der Ausstellung, lassen diese Bilder nicht los.
Turbulence – Art from South Africa, Hangar 7, Salzburg, 17.2.-11.4.2007
Doch schon der Auftakt im Café – wer eine lange Reise tut, möge vor dem Kunstgenuss zur Steigerung der Rezeptionsfähigkeit rasten – war ein Erlebnis. Noch origineller als der im Trinkglas servierte Kuchen (sehr lecker, aber unpraktisch zu essen) war der weitum hörbar telefonierende Stammgast, der Kleidung und dem gut sichtbar drapierten Ferrari-Schlüssel entsprechend der Grandseigneur der kleinstädtischen Zuhälter. Seine grell bekleidete Begleiterin verstand es nicht nur, an den richtigen Stellen die Toilette aufzusuchen: Ihr bemerkenswertes Make-up wirkte, als ob sie sich für eines der in den 1990er Jahren entstandenen Puppenbilder von Cindy Sherman Modell stehen wolle. Damit hat sie zwar das Thema der Ausstellung verfehlt, aber man kann sich seine Gäste nicht immer aussuchen.
Große Kunst im dafür wenig geeignetem Ambiente: Werke von
Samson Mudzunga (vorne rechts), Conrad Botes (hinten rechts),
Sanell Aggenbach (vorne links) und Lyndi Sales.
Die Ausstellung selbst war – auf andere Art, zum Glück – großartig. Keine Folklore, kein Kunsthandwerk, wie man es bei vergleichbaren Veranstaltungen auch schon sehen musste, und auch keine oberflächlichen Bezüge zur indigenen Tradition, den die überwiegend weißen Künstlerinnen und Künstler ohnehin nicht haben. Dafür Kunst, die verschmitzt ist, Kunst, die gewaltig ist, Kunst, die überwältigt, erstaunt und nachdenklich macht – selbst dann, wenn Instrumente und Rituale aufgegriffen werden, wie es Samson Mudzunga macht. Seine riesigen Trommeln in Form von Flugzeugen oder Fischen sind gleichzeitig Ritualobjekte. Diese figurativen Skulpturen dienen jedoch nur seinen Performances um Tod und Widergeburt, nicht aber den Ritualen der traditionellen Heiler. Die Trommelskulpturen von Samson Mudzunga verbinden die Kulturen als Artefakte einer Performance mit Ritualcharakter.
Schwarz oder weiß? Sanell Aggenbach malt negativ.
Auch bei Johannes Phokela und Conrad Botes verbinden sich traditionelle und westliche Herangehensweisen. Conrad Botes Pieta im Comicstil (und mit dem sterbenden Teufel in den Armen der Mutter) wird von Hinterglasmalereien – einer auch in Afrika verwendeten Technik – flankiert.
Ledelle Moe: Miniaturköpfe als Kontrast zu monumentalen Skulpturen.
Die dramatische gesellschaftliche Umwälzung hat Ledelle Moe zu monumentalen Betonskulpturen inspiriert. Schon vor dem Eingang liegt einer von drei riesigen Betonköpfen auf dem Boden, die wie Überreste von monumentalen Statuen wirken – sichtbare Zeichen des Umbruchs. Sanell Aggenbach wieder spielt äußerst originell mit dem konfliktträchtigen Gegensatz von schwarz und weiß, zu der sie von den Negativen eines verstorbenen Fotografen aus ihrem Umfeld inspiriert wurde. Erst auf den zweiten – oder gar dritten – Blick wird klar, dass der auf dem Bild abgebildete Schwarze tatsächlich ein Weißer ist und umgekehrt. Während der Apartheid – und das ist noch nicht so lange her – hätten diese Bilder nicht nur verstört, sondern Aufruhr verursacht. Selbst im Nachhinein, Tage nach dem Besuch der Ausstellung, lassen diese Bilder nicht los.
Turbulence – Art from South Africa, Hangar 7, Salzburg, 17.2.-11.4.2007
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