Sonntag, 19. Juni 2016
Falsch besetzt
Danças Ocultas & Dom La Nena im Freudenhaus, Lustenau (A)
Es muss Liebe sein. Anders ist nicht zu erklären, dass eine hochgradig originelle Gruppe wie Danças Ocultas die Bühne mit einer Musikerin teilt, die ihre Musik schwächt. Dom La Nena, wie sich die Mittzwanzigerin Dominique Pinto nennt, ist nicht mehr als ein billiger Abklatsch ihrer polnisch-amerikanischen Kollegin Ashia Grzesik aka Ashia Bison Rouge.
Wie diese – wenn auch weit weniger originell – schichtet Pinto geloopte Cello-Sequenzen übereinander. Diese sind das Gerüst für ihre simplen Lieder. Doch während Ashia über eine ausdrucksstarke Stimme und Songwriting-Talent verfügt, bleibt bei Dominique Pinto hauptsächlich die Lichterkette in Erinnerung, mit der sie ihre Ukelele illuminiert, zu der sie für einige Solo-Stücke wechselt. Dass ihr damit sogar eine berührende Interpretation eines von einem Landsmann geschriebenen Liebeslieds gelingt, tröstet nicht über den Rest ihres Auftritts hinweg. Sie agiert auf dem Niveau eines Bierzeltunterhalters – was eine hochkarätige Kammermusik-Soiree alles andere als aufwertet.



Das Cello mag eine nette Klangfarbe sein, doch so unoriginell, wie es Dom La Nena spielt, bleibt es effektlos. Und ihren Gesang braucht die Musik der Danças Ocultas zumindest solange nicht, solange dieser an Eigenständigkeit und Originalität meilenweit hinterherhinkt.
Wenn Dom La Nena gemeinsam mit den Danças Ocultas spielt, scheint das die ganze Gruppe zu hemmen. Die vier Akkordeonisten spielen dann wie mit angezogener Handbremse. Dagegen legen sie wie gewohnt los – mal verschmitzt, oft verspielt und immer wieder opulent und mit einem wuchtigen Bass unterlegt –, wenn der Hemmschuh weg ist. Wenn Dom La Nena die Bühne verlässt, wirkt das wie ein Wetterwechsel. Dann bricht zwischen trüben Wolken die Sonne durch und lässt die Landschaft leuchten. Doch diese nicht nur gefühlt viel zu kurze Zeit reicht nicht aus, um die dunklen Wolken der Erinnerung zu vertreiben. Dabei spielen Danças Ocultas durchweg makellos, und ihre nach wie vor eigenständige und eigenwillige Mischung mit Zitaten aus Tango und Volksmusik hat auch nach mehr als 25 Jahren nichts von ihrem Reiz eingebüßt. Ihre Eigenkompositionen sind originell, die Interpretationen von Stücken anderer Komponisten eigenständig. Sie faszinieren mit lyrischen Passagen, setzen gekonnt auch mal nur den mit dem Balg erzeugten Luftstrom in Szene und brausen immer wieder orchestral auf. Hätten die vier doch nur Carminho mitgebracht, mit der sie demnächst Live-Aufnahmen veröffentlichen. Mit ihr hätten sie wahrscheinlich sogar den Regen vertrieben, der während des Konzerts den halben Vorplatz unter Wasser gesetzt hat.

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