Dienstag, 6. November 2012
Various - Franz Josef Degenhardt: Freunde feiern sein Werk
thenoise, 22:02h
Vor zwanzig Jahren absolvierte ich einen Workshop in einem alternativen Selbstversorger-Zentrum. Während wir an Hörspielen puzzelten, erholten sich die anderen Gäste, durchweg eingefleischte Antikapitalisten, vom Klassenkampf. Eine sympathische Atmosphäre, deren Würze ein paar Eigenheiten waren, derentwegen wir unsere Eltern als spießig gescholten haben. Der Vorzeige-Kommunist studierte jeden Morgen die Aktienkurse in der NZZ. Seine Welt teilte er trotzdem in unten und oben ein, in Ausbeuter und Ausgebeutete. Welche Musik er hörte, weiß ich nicht. Für Kultur war neben Aktien und Klassenkampf kein Platz.
Dabei war er selbst ein Paradebeispiel dafür, dass die Fronten längst aufgeweicht sind, im Unten immer auch ein bisschen Oben mitschimmert. Dass Franz-Josef Degenhardt in seinen frühen Liedern eine klare Trennlinie zog und vielleicht später nicht mehr ganz aus seiner Haut konnte, ist verständlich. Aber selbst er, der gerne vom «Klassenfeind» sprach, erhob nicht nur plump den Zeigefinger gegen die Ungerechtigkeit. Er umschrieb sie poetisch und zeigte sich in seinen besten Liedern als einfühlsamer Beobachter, der die Geschichten für sich sprechen ließ. Viele seiner Lieder sind – auch wenn sie angesichts der aktuellen Wirtschaftslage etlichen aus der Seele sprechen mögen – durchaus nicht zeitlos. Man muss sie im historischen Kontext betrachten, um die altbackene Begrifflichkeit akzeptieren zu können.
Franz Josef Degenhardt hat tolle Lieder geschrieben: «Väterchen Franz», «P.T. aus Arizona», «Spiel nicht mit den Schmuddelkindern» und viele mehr. Ihn zu feiern und ihm ein Tribute-Album zu widmen, ist gerechtfertigt. Zu sehen, was denn seine Nachfolger wohl mit den Liedern anstellen, ist ein interessanter Ansatz. Neben einiger altgedienter Musiker wie Konstantin Wecker machen bei diesem Album Goetz Steeger (der Degenhardts letzten Alben produziert hat), Degenhardts Söhne Kai und Jan, die «Kleingeldprinzessin» Dota und Daniel Kahn mit. Doch egal wie jung die Interpreten sind: Sie präsentieren keine neue Lesart der Lieder, und sie bringen sie nicht frischer und lebendiger als der Degenhardt selbst. Und was noch schlimmer ist: Die meisten der eigenen Stücke – jeder Interpret liefert neben einem Degenhardt-Cover auch einen eigenen – klingen ebenso wie von gestern. Allenfalls Dota und Daniel Kahn heben sich davon ein wenig ab, und auch das kraftvolle Spiel Konstantin Weckers kann wieder begeistern.
Der klassische Protestsong hat ausgedient. Niemand wartet mehr auf ein neues Album von Wolf Biermann. Und auch Musiker wie der auf diesem Album nicht vertretene Heinz Ratz (Strom & Wasser), der seine Überzeugung wie kaum ein anderer Protestsänger mit tatsächlichem Engagement verbindet, hört man nicht nur wegen der Haltung: Seine Umsetzung in witzige Texte, sein drängender Gesang und die oft forsche Musik sind ebenso essenziell.
So gerne ich kritische Lieder höre und so sehr ich das Engagement für Veränderung schätze: Meist bleibt ein unangenehmer Beigeschmack, weil oft Poesie und Originalität auf der Strecke bleiben und weil die meist undifferenzierte, plakative Beschreibung der Verhältnisse nichts anderes als populistisch ist.
Es ist eben alles nicht mehr so einfach wie früher – obwohl es, objektiv betrachtet, auch damals schon ganz schön kompliziert war.
Dabei war er selbst ein Paradebeispiel dafür, dass die Fronten längst aufgeweicht sind, im Unten immer auch ein bisschen Oben mitschimmert. Dass Franz-Josef Degenhardt in seinen frühen Liedern eine klare Trennlinie zog und vielleicht später nicht mehr ganz aus seiner Haut konnte, ist verständlich. Aber selbst er, der gerne vom «Klassenfeind» sprach, erhob nicht nur plump den Zeigefinger gegen die Ungerechtigkeit. Er umschrieb sie poetisch und zeigte sich in seinen besten Liedern als einfühlsamer Beobachter, der die Geschichten für sich sprechen ließ. Viele seiner Lieder sind – auch wenn sie angesichts der aktuellen Wirtschaftslage etlichen aus der Seele sprechen mögen – durchaus nicht zeitlos. Man muss sie im historischen Kontext betrachten, um die altbackene Begrifflichkeit akzeptieren zu können.
Franz Josef Degenhardt hat tolle Lieder geschrieben: «Väterchen Franz», «P.T. aus Arizona», «Spiel nicht mit den Schmuddelkindern» und viele mehr. Ihn zu feiern und ihm ein Tribute-Album zu widmen, ist gerechtfertigt. Zu sehen, was denn seine Nachfolger wohl mit den Liedern anstellen, ist ein interessanter Ansatz. Neben einiger altgedienter Musiker wie Konstantin Wecker machen bei diesem Album Goetz Steeger (der Degenhardts letzten Alben produziert hat), Degenhardts Söhne Kai und Jan, die «Kleingeldprinzessin» Dota und Daniel Kahn mit. Doch egal wie jung die Interpreten sind: Sie präsentieren keine neue Lesart der Lieder, und sie bringen sie nicht frischer und lebendiger als der Degenhardt selbst. Und was noch schlimmer ist: Die meisten der eigenen Stücke – jeder Interpret liefert neben einem Degenhardt-Cover auch einen eigenen – klingen ebenso wie von gestern. Allenfalls Dota und Daniel Kahn heben sich davon ein wenig ab, und auch das kraftvolle Spiel Konstantin Weckers kann wieder begeistern.
Der klassische Protestsong hat ausgedient. Niemand wartet mehr auf ein neues Album von Wolf Biermann. Und auch Musiker wie der auf diesem Album nicht vertretene Heinz Ratz (Strom & Wasser), der seine Überzeugung wie kaum ein anderer Protestsänger mit tatsächlichem Engagement verbindet, hört man nicht nur wegen der Haltung: Seine Umsetzung in witzige Texte, sein drängender Gesang und die oft forsche Musik sind ebenso essenziell.
So gerne ich kritische Lieder höre und so sehr ich das Engagement für Veränderung schätze: Meist bleibt ein unangenehmer Beigeschmack, weil oft Poesie und Originalität auf der Strecke bleiben und weil die meist undifferenzierte, plakative Beschreibung der Verhältnisse nichts anderes als populistisch ist.
Es ist eben alles nicht mehr so einfach wie früher – obwohl es, objektiv betrachtet, auch damals schon ganz schön kompliziert war.
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