Sonntag, 15. März 2009
Der Jazz in Deutschland
Teil drei dokumentiert den 'frischen Wind', der von den 1950er-Jahren bis heute durch die deutsche Jazzlandschaft weht
Der frische Wind, der in der Nachkriegszeit aufkam, wirkt von heute aus betrachtet ziemlich altmodisch. Dixieland und New-Orleans-Jazz waren die Renner. In der DDR hatten es die Jazzer schwerer als in Westdeutschland. Der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht lehnte den Jazz als eine der wesentlichen "Errungenschaften" der "imperialistischen Affenkultur" ab. Als die Revival-Welle endlich in der DDR ankam, war sie im Westen, wo man wie die bayerischen Hot Dogs auch Lieder wie Ja, so sand's, de oidn Rittersleit' im New-Orleans-Stil spielte, schon wieder vorüber.
In der DDR geriet der Jazz zwischen die Fronten des Kalten Krieges, behauptete sich aber trotz Ablehnung und Repressalien. Vor allem deshalb, schreiben die Herausgeber Rainer E. Lotz und Horst Bergmeier, weil der Jazz in der DDR – für Musiker und Publikum gleichermaßen – ein Sinnbild für ein Aufbegehren gegen die Bevormundung der staatlichen Gewalt war. Die Abschottung der DDR führte zu einer eigenen Spielart, der hier eine eigene CD, Der moderne Jazz in der DDR, gewidmet ist.

Die westdeutschen Jazzer, die im dritten Teil dieses dritten CD-Sets präsentiert werden, hatten es da leichter. Sie konnten die US-amerikanischen Jazz-Größen live erleben, spielten in den US-Clubs und jammten mit ihren amerikanischen Kollegen. In den 1950er-Jahren wurden zudem die ersten deutschen Jazzclubs eröffnet. Mitgezählt werden auch der Österreicher Heinz Koller, der jedoch in Deutschland erfolgreicher war als in der Heimat. Die Herausgeber widmen sich den 50er-Jahren noch ausführlicher und legen den Rest der Zeit bis zur Aufnahme von Esther Kaisers Dream Coast (2005) im forcierten Tempo hinter sich. Die ausgewählten Stücke sind wiederum exzellent – neben dem Jazz-Organisten Ingfried Hoffmann und der vergessenen Inge Brandenburg (1961 zur besten Jazzsängerin Europas gekürt) gibt es Aufnahmen vom Michael Naura Quintett (Micha's Dilemma) und eine hervorragende Version der Duke-Ellington-Komposition Creole Love Call, eingespielt von Albert Mangelsdorff und Lee Konitz.

Wie bei den beiden ersten Veröffentlichungen der Reihe hilft ein üppig bebildertes und informatives Booklet nicht nur die Aufnahmen und die Personen einzuordnen, sondern liefert auch Informationen zu den meist amerikanischen Originalen der Kompositionen.

Teil eins bringt die Vorgeschichte bis zu den ersten Gehversuchen 1899-1932
Teil zwei bringt die Swing-Jahre von 1932 bis 1961

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