... newer stories
Mittwoch, 28. April 2010
Erstes Wiener Heimorgelorchester - Es wird schön gewesen sein
thenoise, 23:46h
Die Zusammenarbeit des Ersten Wiener Heimorgelorchesters mit Ronnie Urini ist bezeichnend. Er hat die österreichische NDW-Variante in Gruppen wie Kleenex Aktiv, Willi Warma und Ronnie Urini & die letzten Poeten maßgeblich mitgeprägt, und das gemeinsam mit dem EWHO eingespielte Konrad-Bayer-Gedicht «Niemand hilft mir» ist eines der herausragenden Stücke dieser Zeit.
Die Musik des EWHO hätte auch damals entstanden sein können, in der Hochblüte der Austro-NDW, die von banalen Auswüchsen wie Nena oder Markus weitgehend verschont geblieben ist. Die billigen Heimorgelklänge - das Quartett erzeugt Klänge mit simplen Casio-, Bontempi- und Yamaha-Keyboards, wie sie in vielen Haushalten stehen - wirken zwar anachronistisch, doch gerade weil mittlerweile jede Band ein technisch sauber produziertes Album vorlegen kann, ist das Low-Tech-Konzept des EWHO so aktuell. Und zu dieser Musik macht sich die dadaistische Nonsens-Lyrik ausnehmend gut. «Baa ba ba ba Pfirsich Melba/ Baa-ba-ba-Banana Split/ Heute mache ich es selba/ aba aba bald machst du mit», singen sie fröhlich in «Pfirsich Melba», und in «Uri Geller» reihen sie bekannte Namen um des Reimes willen aneinander. Es gibt aber auch wortwitzig-hintersinnige Texte und aussagekräftige Bilder («Es ist erst Mittwoch/ und es riecht schon nach Fisch», im Lied «Weekend») oder auch 'attwengernde' Miniaturen wie das Stück «Ruhe im Zimmer».
In den Stücken steckt - textlich und musikalisch - wesentlich mehr, als das brachial-dumpfe «Vaduz» vermuten lässt, das dem EWHO derzeit zumindest im Bodenseeraum eine vergleichsweise hohe Aufmerksamkeit beschert.
Die Musik des EWHO hätte auch damals entstanden sein können, in der Hochblüte der Austro-NDW, die von banalen Auswüchsen wie Nena oder Markus weitgehend verschont geblieben ist. Die billigen Heimorgelklänge - das Quartett erzeugt Klänge mit simplen Casio-, Bontempi- und Yamaha-Keyboards, wie sie in vielen Haushalten stehen - wirken zwar anachronistisch, doch gerade weil mittlerweile jede Band ein technisch sauber produziertes Album vorlegen kann, ist das Low-Tech-Konzept des EWHO so aktuell. Und zu dieser Musik macht sich die dadaistische Nonsens-Lyrik ausnehmend gut. «Baa ba ba ba Pfirsich Melba/ Baa-ba-ba-Banana Split/ Heute mache ich es selba/ aba aba bald machst du mit», singen sie fröhlich in «Pfirsich Melba», und in «Uri Geller» reihen sie bekannte Namen um des Reimes willen aneinander. Es gibt aber auch wortwitzig-hintersinnige Texte und aussagekräftige Bilder («Es ist erst Mittwoch/ und es riecht schon nach Fisch», im Lied «Weekend») oder auch 'attwengernde' Miniaturen wie das Stück «Ruhe im Zimmer».
In den Stücken steckt - textlich und musikalisch - wesentlich mehr, als das brachial-dumpfe «Vaduz» vermuten lässt, das dem EWHO derzeit zumindest im Bodenseeraum eine vergleichsweise hohe Aufmerksamkeit beschert.
... link (0 Kommentare) ... comment
Sonntag, 25. April 2010
Wir fangen dann schon mal an
40 Jahre Embryo - ausufernd entspanntes Jubiläumskonzert mit vielen Gästen
40 Jahre Embryo - ausufernd entspanntes Jubiläumskonzert mit vielen Gästen
thenoise, 13:48h
Als Embryo-Gründer Christian Burchard in den 1970er-Jahren Stücke mit ungeraden Rhythmen komponierte und statt ausschließlich fetzig-elektrifizierte Musik Vibraphon und Oud als ein akustisches Duo einführte, wurde das nicht nur vom Publikum abgelehnt. Seine exotischen Vorlieben stießen sogar bei seinen Mitmusikern auf Widerstand. Die Zeiten haben sich gründlich geändert. Die Vermischung musikalischer Kulturen ist weitgehend alltäglich, und dass Embryo ihr Jubiläumskonzert zum 40-jährigen Bestehen mit afghanischen Ragas eröffnen, wird begeistert aufgenommen, der helle Klang der afghanischen Laute Rubab begrüsst. Ihre Kombination mit Marimba und Vibraphon ist ebenso selbstverständlich wie der Wechsel zur chinesischen Mundorgel Sheng und der zweisaitigen Erhu.
Heute wie damals: Christian Burchard lässt seinen Musikern
weitgehend Gestaltungsfreiheit
Auf der Bühne herrscht ein beständiges Kommen und Gehen, die Zahl der Mitspieler wächst den ganzen Abend über. «Wir haben keinen Chef», sagt Christian Burchard, der - wen auch nur gelegentlich - immer wieder die Rolle des Bandleaders übernimmt. «Wir fangen schon mal an», verkündet er mehrfach, wenn ein Musiker nicht auffindbar, weil an der Bar ist oder mit seiner Familie plaudert und für den Auftritt erst das Instrument holen muss. Und irgendwann - man hat ihn gar nicht mehr vermisst, weil Christian Burchard furios über die Platten des Vibraphons fegt - ist der Vermisste plötzlich da und sorgt für eine neue Klangfarbe.
Die nächste Generation:
Marja Burchard an Marimba und Keyboards
Das ist sympathisch unorganisiert, verursacht mitunter nicht unangenehme Pausen zwischen den Stücken und sorgt während des Spiels für Überraschungen, wenn sich plötzlich die Bläsergruppe während des Gitarrensolos warm spielt und den Gitarristen langsam in den Hintergrund schiebt. Burchard fordert seine Mitmusiker kaum zu Solos auf. Da kommt es schon vor, dass sich die Band begeistert dem Tutti hingibt und erst nach einigen Takten merkt, dass sich die Gitarre schon zum Soloausflug verabschiedet hat.
Einer der vielen Gäste: Wolfgang Schlick, Vorsitzender
der Münchner Express Brass Band
Embryo & Gäste spielen Eigenkompositionen (auch alte Stücke wie das bereits 1967 mit dem Wal Maldron Quartet eingespielte «Marokko»), afghanische Ragas oder Adaptionen von traditionellen Stücken aus Marokko oder Ägypten. Die altgedienten Musiker halten die Stücke zusammen. Der Nachwuchs - neben Burchards Tochter ein zweiter Gitarrist und Oud-Spieler sowie ein jugendlicher Perkussionist an der Djembé - holt sich keine Meriten und stürzt bei Mal Waldrons «All alone», das ganz offensichtlich den wenigsten Musikern bekannt war, vollends ab. Doch es ist der einzige wirkliche Tiefpunkt auf der riskanten Reise, zu der Embryo ihr Publikum mitnehmen. Beherrscht wird sie von ausgeprägter Spielfreude, virtuosen Improvisationskünstlern und einer entspannten Atmosphäre, wie man sie nur von Marihuana- und LSD-geschwängerten Konzerten der 1960er-Jahre kennt.
Heute wie damals: Christian Burchard lässt seinen Musikern
weitgehend Gestaltungsfreiheit
Auf der Bühne herrscht ein beständiges Kommen und Gehen, die Zahl der Mitspieler wächst den ganzen Abend über. «Wir haben keinen Chef», sagt Christian Burchard, der - wen auch nur gelegentlich - immer wieder die Rolle des Bandleaders übernimmt. «Wir fangen schon mal an», verkündet er mehrfach, wenn ein Musiker nicht auffindbar, weil an der Bar ist oder mit seiner Familie plaudert und für den Auftritt erst das Instrument holen muss. Und irgendwann - man hat ihn gar nicht mehr vermisst, weil Christian Burchard furios über die Platten des Vibraphons fegt - ist der Vermisste plötzlich da und sorgt für eine neue Klangfarbe.
Die nächste Generation:
Marja Burchard an Marimba und Keyboards
Das ist sympathisch unorganisiert, verursacht mitunter nicht unangenehme Pausen zwischen den Stücken und sorgt während des Spiels für Überraschungen, wenn sich plötzlich die Bläsergruppe während des Gitarrensolos warm spielt und den Gitarristen langsam in den Hintergrund schiebt. Burchard fordert seine Mitmusiker kaum zu Solos auf. Da kommt es schon vor, dass sich die Band begeistert dem Tutti hingibt und erst nach einigen Takten merkt, dass sich die Gitarre schon zum Soloausflug verabschiedet hat.
Einer der vielen Gäste: Wolfgang Schlick, Vorsitzender
der Münchner Express Brass Band
Embryo & Gäste spielen Eigenkompositionen (auch alte Stücke wie das bereits 1967 mit dem Wal Maldron Quartet eingespielte «Marokko»), afghanische Ragas oder Adaptionen von traditionellen Stücken aus Marokko oder Ägypten. Die altgedienten Musiker halten die Stücke zusammen. Der Nachwuchs - neben Burchards Tochter ein zweiter Gitarrist und Oud-Spieler sowie ein jugendlicher Perkussionist an der Djembé - holt sich keine Meriten und stürzt bei Mal Waldrons «All alone», das ganz offensichtlich den wenigsten Musikern bekannt war, vollends ab. Doch es ist der einzige wirkliche Tiefpunkt auf der riskanten Reise, zu der Embryo ihr Publikum mitnehmen. Beherrscht wird sie von ausgeprägter Spielfreude, virtuosen Improvisationskünstlern und einer entspannten Atmosphäre, wie man sie nur von Marihuana- und LSD-geschwängerten Konzerten der 1960er-Jahre kennt.
... link (0 Kommentare) ... comment
Mittwoch, 21. April 2010
Vinicio Capossela - The Story-faced Man
thenoise, 23:21h
Der italienische Liedermacher Vinicio Capossela beschäftigt nicht von ungefähr Marc Ribot und Calexico: Er teilt ihre Liebe für eigenständig-schräge, nur schwer verortbare Musik. Wenn die Trompeten von Martin Wenk und Jacob Valenzuela durch «La Faccia Della Terra» wehen, hört man sofort den Ton von Calexico, aber es gibt keine Zweifel daran, dass ihre Klangfarbe 'nur' die attraktive Beigabe eines Liedes ist, das auch ohne sie bestehen könnte. Und wenn Vinicio Capossela mit italienischen Musikern spielt, stehen diese ihren bekannten Kollegen in nichts nach.
Vinicio Capossela interpretiert Lieder, als wären sie im Berlin des noch jungen 20. Jahrhunderts entstanden, er bringt 'klassische' italienische Lieder und solche, die wie alternative Schlager wirken. Er mag Piano-Balladen und weiche Streicherarrangements genauso wie eckige Rhythmen und apokalyptische Walzer.
Die möglicherweise unangenehme (finanzielle) Folge von «The Story-Faced Man»: Die ausgewählten Songs machen auf alle bisher erschienenen Alben Lust.
Vinicio Capossela interpretiert Lieder, als wären sie im Berlin des noch jungen 20. Jahrhunderts entstanden, er bringt 'klassische' italienische Lieder und solche, die wie alternative Schlager wirken. Er mag Piano-Balladen und weiche Streicherarrangements genauso wie eckige Rhythmen und apokalyptische Walzer.
Die möglicherweise unangenehme (finanzielle) Folge von «The Story-Faced Man»: Die ausgewählten Songs machen auf alle bisher erschienenen Alben Lust.
... link (0 Kommentare) ... comment
Sonntag, 18. April 2010
Sa Dingding - Harmony
thenoise, 10:47h
Das künstlerische Streben von Sa Dingding ist ernsthafter als es die Lieder von «Harmony» vermitteln. Zu vordergründig ist das Album produziert, oftmals zu geglättet die Melodieführung («Hua» beispielsweise könnte auch von einem beliebigen französischen Popsternchen geträllert werden), und die Elektronik überdeckt die immer wieder eingesetzten traditionellen Instrumente, deren Klangfarbe vor allem in den Intros und Outros zum Tragen kommt.
Viele Weltmusik-Produktionen kranken daran, dass das westliche Fundament - oft Synthie-Gewaber - mit den traditionellen Melodien, Rhythmen und Instrumenten nicht zusammenfinden. Das kann man «Harmony» nicht vorwerfen. Aber Marius de Vries, der für U2, Björk und Rufus Wainwright produzierte und hier auch die Stücke mitkomponierte, lebt viel zu sehr in der Elektronik-Popwelt und lässt den traditionellen Elementen keinen Raum. Das funktioniert zwar noch beim Auftakt-Song «Ha Ha Li Li», degradiert sie in der Regel aber zum Aufputz. Für eine Sängerin mit ernsthaften Liedern und künstlerischen Anliegen - sie geht sogar so weit, für manche Songs eine eigene Sprache zu erfinden - ist das nicht angemessen.
Dass Sa Dingding mit dieser Platte den Erfolg im Westen sucht, ist keineswegs verwerflich. Sie könnte ihn vermutlich auch mit Musik erreichen, die weniger vordergründig ist. Als Maßstab gelten weiterhin die gemeinsame Arbeit von Michael Brooks und Nusrat Fateh Ali Khan und die weltläufige Musik von Marie Boine Persen. «Harmony» ist - von Ausnahmen abgesehen - musikalisch weit davon entfernt.
Viele Weltmusik-Produktionen kranken daran, dass das westliche Fundament - oft Synthie-Gewaber - mit den traditionellen Melodien, Rhythmen und Instrumenten nicht zusammenfinden. Das kann man «Harmony» nicht vorwerfen. Aber Marius de Vries, der für U2, Björk und Rufus Wainwright produzierte und hier auch die Stücke mitkomponierte, lebt viel zu sehr in der Elektronik-Popwelt und lässt den traditionellen Elementen keinen Raum. Das funktioniert zwar noch beim Auftakt-Song «Ha Ha Li Li», degradiert sie in der Regel aber zum Aufputz. Für eine Sängerin mit ernsthaften Liedern und künstlerischen Anliegen - sie geht sogar so weit, für manche Songs eine eigene Sprache zu erfinden - ist das nicht angemessen.
Dass Sa Dingding mit dieser Platte den Erfolg im Westen sucht, ist keineswegs verwerflich. Sie könnte ihn vermutlich auch mit Musik erreichen, die weniger vordergründig ist. Als Maßstab gelten weiterhin die gemeinsame Arbeit von Michael Brooks und Nusrat Fateh Ali Khan und die weltläufige Musik von Marie Boine Persen. «Harmony» ist - von Ausnahmen abgesehen - musikalisch weit davon entfernt.
... link (0 Kommentare) ... comment
Sonntag, 11. April 2010
Unfreiwillige Entdeckung
thenoise, 22:46h
Wenn Freunde rufen, geht man auch zum Benefizkonzert. Lokalheroen, ein Abend voller Bier und sonst nicht weiter bemerkenswert. Und dann The Burning Rosettas , simpel, direkt und voller Witz.
Spät am Abend kommen noch Vivid - Funk, Jazz, braucht man das? Sie tun, als ob sie nichts Besonderes machen würden, unprätentiös. Nach einigen Songs beginne ich zu fotografieren und merke, dass die poetische Ausstrahlung der in sich gekehrten Musiker genau das Gegenteil ihrer Musik Ausdrücken. Die wissen, was sie tun.
Spät am Abend kommen noch Vivid - Funk, Jazz, braucht man das? Sie tun, als ob sie nichts Besonderes machen würden, unprätentiös. Nach einigen Songs beginne ich zu fotografieren und merke, dass die poetische Ausstrahlung der in sich gekehrten Musiker genau das Gegenteil ihrer Musik Ausdrücken. Die wissen, was sie tun.
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories