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Sonntag, 8. November 2009
Feierlich und kontemplativ
Sarband mit jüdischen, christlichen und muslimischen Psalmvertonungen in Augsburg
Sarband mit jüdischen, christlichen und muslimischen Psalmvertonungen in Augsburg
thenoise, 10:42h
Wohlauf ihr Heiligen und Frommen, frohlockt dem Herren allgemein. Denn ihn zu preisen und zu rühmen, anstehet den Gerechten fein - getragen, subtil und intensiv startet das Innovantiqua Ensemble mit einem Psalm des Holländers Jan Pieterszoon Sweelinck, sehnsüchtig schlägt gleich im Anschluss der leicht verhauchte Klang der Ney die Brücke zum Orient. Ali Ufkî (der polnische Kirchenmusiker W. Bobowski, der am türkischen Hof zum Islam konvertierte) übertrug die Psalmen des Genfer Psalters ins modale Makam-System und die Texte ins osmanische Türkisch. Vokalensemble und Sarband wechseln sich ab, spielen gelegentlich gemeinsam und ein Mal lassen sich Sarband zu einer Improvisation innerhalb des streng komponierten Programms hinreißen.
Das Feierliche steht im Vordergrund. Sarband und das Innovantiqua Ensemble interpretieren die Psalme - sie wurden überwiegend im 17., einige bereits im 16. Jahrhundert geschrieben - getragen und feierlich, mitunter zweifellos beseelt, aber fern von religiösem Eifer.
Man mag den prunkvollen Renaissance-Saal als gediegene Kulisse für feierliche Gesänge finden -- das Hörvergnügen ist für gut die Hälfte der Besucher ebenso eingeschränkt wie die Sicht. Zwei riesige Tische verhindern die übliche Konzertbestuhlung, ein Teil kommt links und rechts der Bühne zu sitzen. Das mag im Konzertsaal mit seinen erhöhten Rängen weniger stören, aber dafür ist dieser Raum nicht gedacht. Die subtil gespielte Oud geht ebenso oft im Klang der Rahmentrommel unter wie die zart gespielten Saiten der Kanun oder - wenn Chor und alle Ensemblemitglieder gemeinsam spielen - die Stimme des Solisten Mustafa Dogan Dikmen. Einzig die Saiten der Kemençe bahnen sich immer ihren Weg ins Ohr.
Auch das auf den ersten Blick bestechende Konzept, den gemeinsamen Hintergrund der unterschiedlichen Kulturen aufzuzeigen und zwischen diesen eine Brücke zu schlagen, geht nur teilweise auf. Ali Ufkî hat einen ursprünglich christlichen Hintergrund, und der jüdische Violonist, Sänger und Komponist Salamone Rossi Hebro komponierte für den Herzog Vincenzo Gonzaga in Mantua und die Synagoge gleichermaßen. Als Gonzaga die Juden ins Ghetto verbannte und damit auch Hebro vom höfischen Leben ausschloß, verband der Komponist den weltlichen, mehrstimmigen Gesang, der keinerlei Zusammenhang mit der jüdischen Tradition hat, mit liturgischen Texten - aus Sehnsucht nach dem höfischen Leben. Die in den Vordergrund geschobenen Gemeinsamkeiten verdrängen den eigenen Charakter der osmanischen und jüdischen Kulturen.
Der wirkliche Austausch der Kulturen findet nicht statt. Das führt zwar zu einem sehr homogenen, aber auch weitgehend spannungsarmen Konzert. Sarband zeigen, wo sich Traditionen verschmolzen haben. Das Verständnis für die unterschiedlichen musikalischen und liturgischen Ausdrucksformen der drei Religionen kann man so nur bedingt wecken.
Das Feierliche steht im Vordergrund. Sarband und das Innovantiqua Ensemble interpretieren die Psalme - sie wurden überwiegend im 17., einige bereits im 16. Jahrhundert geschrieben - getragen und feierlich, mitunter zweifellos beseelt, aber fern von religiösem Eifer.
Man mag den prunkvollen Renaissance-Saal als gediegene Kulisse für feierliche Gesänge finden -- das Hörvergnügen ist für gut die Hälfte der Besucher ebenso eingeschränkt wie die Sicht. Zwei riesige Tische verhindern die übliche Konzertbestuhlung, ein Teil kommt links und rechts der Bühne zu sitzen. Das mag im Konzertsaal mit seinen erhöhten Rängen weniger stören, aber dafür ist dieser Raum nicht gedacht. Die subtil gespielte Oud geht ebenso oft im Klang der Rahmentrommel unter wie die zart gespielten Saiten der Kanun oder - wenn Chor und alle Ensemblemitglieder gemeinsam spielen - die Stimme des Solisten Mustafa Dogan Dikmen. Einzig die Saiten der Kemençe bahnen sich immer ihren Weg ins Ohr.
Auch das auf den ersten Blick bestechende Konzept, den gemeinsamen Hintergrund der unterschiedlichen Kulturen aufzuzeigen und zwischen diesen eine Brücke zu schlagen, geht nur teilweise auf. Ali Ufkî hat einen ursprünglich christlichen Hintergrund, und der jüdische Violonist, Sänger und Komponist Salamone Rossi Hebro komponierte für den Herzog Vincenzo Gonzaga in Mantua und die Synagoge gleichermaßen. Als Gonzaga die Juden ins Ghetto verbannte und damit auch Hebro vom höfischen Leben ausschloß, verband der Komponist den weltlichen, mehrstimmigen Gesang, der keinerlei Zusammenhang mit der jüdischen Tradition hat, mit liturgischen Texten - aus Sehnsucht nach dem höfischen Leben. Die in den Vordergrund geschobenen Gemeinsamkeiten verdrängen den eigenen Charakter der osmanischen und jüdischen Kulturen.
Der wirkliche Austausch der Kulturen findet nicht statt. Das führt zwar zu einem sehr homogenen, aber auch weitgehend spannungsarmen Konzert. Sarband zeigen, wo sich Traditionen verschmolzen haben. Das Verständnis für die unterschiedlichen musikalischen und liturgischen Ausdrucksformen der drei Religionen kann man so nur bedingt wecken.
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Mittwoch, 4. November 2009
Eine neu Kurzsichtige Bilder
Oliver Möst zeigt totphotographierte Motive auf seine eigenwillige Art
Oliver Möst zeigt totphotographierte Motive auf seine eigenwillige Art
thenoise, 22:42h
Brillenträger sind klar im Vorteil – zumindest wenn sie sich die Bilder von Oliver Möst vorstellen sollen. Der deutsche Fotograf hat seine Kurzsichtigkeit zum Thema seines ersten Buches gemacht. Sein Titel ist einerseits befremdlich, wirkt aber auch humorvoll: Clackastigmat. 6.0. Die Auflösung des Kunstworts ist einfach: Clack bezieht sich auf die Agfa-Clack-Kamera, mit der Möst fotografiert hat, Astigmat kommt von Astigmatismus, also von der Fehlsichtigkeit des Fotografen, die er zur Grundlage seiner Bilder gemacht hat. Und 6.0 weist nicht den Blick in eine elektronische Zukunft, sondern ist schlichtweg die Stärke seiner Brillengläser.
Eine solche Linse hat sich der in Berlin lebende Fotograf vor das Objektiv seiner Agfa-Clack gebaut, damit dieses genauso sieht wie er ohne Brille. Die Bilder sind unscharf – und genau das macht ihren grossen Reiz aus. Sie sind geprägt von Farben und Formen, die verschwommenen Farben sind pastellartig und die Konturen weich. Wir sehen die Gegenstände zwar noch deutlich, aber trotzdem nicht so, wie wir es gewohnt sind.
Fotografiert hat Oliver Möst die Pokalsammlung seines Vaters, die dieser jedoch nicht in renommierten Sportarten gewann, sondern beim Eisstockschießen und Schafkopfen. Damit hat der Fotograf nicht nur mit originellen Sujets das Banale zum Erhabenen gemacht – er hat sich durch die künstlerische Transformation mit der Leidenschaft seines Vaters ausgesöhnt, für die er sich viele Jahre lang schämte. Möst machte auch Aufnahmen am Strand, er fotografierte Reiterstandbilder und Blumenarrangements. Er portraitierte Freundinnen und Freunde in Ganzkörperporträts. Es sind also immer Serien, die er mit seiner kurzsichtig gemachten Linse fotografiert hat.
Dass er eine alte Agfa-Kamera nimmt, hat übrigens keine nostalgischen Gründe. Sie kommt mit ihrem Sechs-Mal-Neun-Format dem Sehfeld des Menschen nahe, und mit ihrer aus einer Linse bestehenden Optik entspricht sie der Konstruktion, mit der auch der Fotograf sieht: mit einer Linse und einem davor gesetzten Brillenglas.
Dabei hätte er die Betrachter seiner Bilder leicht beschwindeln können und einfach die Kamera defokussie-
ren. Doch das, so meint der Foto-
graf, wäre nicht das gleiche. Schließ-
lich sei das Objektiv immer auf eine Stelle fokussiert, während sein Auge beim Abnehmen seiner Brille durchweg gleich unscharf sehe.
Mit seiner Art, die Welt abzulichten, bringt Oliver Möst – wie er es nennt – totphotographierte Motive auf völlig neue Art und Weise, er macht das konsequent und radikal subjektiv und kommt damit zu berückend-entrückten Bildern.
Eine solche Linse hat sich der in Berlin lebende Fotograf vor das Objektiv seiner Agfa-Clack gebaut, damit dieses genauso sieht wie er ohne Brille. Die Bilder sind unscharf – und genau das macht ihren grossen Reiz aus. Sie sind geprägt von Farben und Formen, die verschwommenen Farben sind pastellartig und die Konturen weich. Wir sehen die Gegenstände zwar noch deutlich, aber trotzdem nicht so, wie wir es gewohnt sind.
Fotografiert hat Oliver Möst die Pokalsammlung seines Vaters, die dieser jedoch nicht in renommierten Sportarten gewann, sondern beim Eisstockschießen und Schafkopfen. Damit hat der Fotograf nicht nur mit originellen Sujets das Banale zum Erhabenen gemacht – er hat sich durch die künstlerische Transformation mit der Leidenschaft seines Vaters ausgesöhnt, für die er sich viele Jahre lang schämte. Möst machte auch Aufnahmen am Strand, er fotografierte Reiterstandbilder und Blumenarrangements. Er portraitierte Freundinnen und Freunde in Ganzkörperporträts. Es sind also immer Serien, die er mit seiner kurzsichtig gemachten Linse fotografiert hat.
Dass er eine alte Agfa-Kamera nimmt, hat übrigens keine nostalgischen Gründe. Sie kommt mit ihrem Sechs-Mal-Neun-Format dem Sehfeld des Menschen nahe, und mit ihrer aus einer Linse bestehenden Optik entspricht sie der Konstruktion, mit der auch der Fotograf sieht: mit einer Linse und einem davor gesetzten Brillenglas.
Dabei hätte er die Betrachter seiner Bilder leicht beschwindeln können und einfach die Kamera defokussie-
ren. Doch das, so meint der Foto-
graf, wäre nicht das gleiche. Schließ-
lich sei das Objektiv immer auf eine Stelle fokussiert, während sein Auge beim Abnehmen seiner Brille durchweg gleich unscharf sehe.
Mit seiner Art, die Welt abzulichten, bringt Oliver Möst – wie er es nennt – totphotographierte Motive auf völlig neue Art und Weise, er macht das konsequent und radikal subjektiv und kommt damit zu berückend-entrückten Bildern.
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Mittwoch, 28. Oktober 2009
Pete Yorn/Scarlett Johansson - Break Up
thenoise, 22:05h
Es ist schon seit Jahrzehnten üblich, dass sich Sänger als Schauspieler versuchen (Frank Sinatra, Caterina Valente), wir kennen genügend Künstler, die den umgekehrten Weg (Johnny Depp) beschritten haben, und wir haben uns längst daran gewöhnt, dass auch Models (Carla Bruni) respektable Lieder schreiben und darbieten können.
Jetzt setzt also Scarlett Johansson ihre musikalische Arbeit fort, die sie 2006 mit einem Song begann. 2006 veröffentlichte sie das Tom-Waits-Cover-Album "Anywhere I Lay My Head", und jetzt die schon vor jenem Album aufgenommenen Duette mit Pete Yorn, der dafür die meisten Lieder geschrieben hat.
Beider Stärke liegt nicht in der Stimme, sondern vielmehr in der Stimmung. Die Stimmen treten zu recht nicht in den Vordergrund - die Atmosphäre stimmt und die Lieder sind stimmig. An Yorns Vorbilder - ihm schwebten die Duette von Gainsbourgh/Bardot und Hazlewood/Sinatra vor, als er die Schauspielerin um ihre Mitarbeit anfragte - reichen sie nicht heran. Aber man muss ja nicht immer die Sterne erreichen.
Jetzt setzt also Scarlett Johansson ihre musikalische Arbeit fort, die sie 2006 mit einem Song begann. 2006 veröffentlichte sie das Tom-Waits-Cover-Album "Anywhere I Lay My Head", und jetzt die schon vor jenem Album aufgenommenen Duette mit Pete Yorn, der dafür die meisten Lieder geschrieben hat.
Beider Stärke liegt nicht in der Stimme, sondern vielmehr in der Stimmung. Die Stimmen treten zu recht nicht in den Vordergrund - die Atmosphäre stimmt und die Lieder sind stimmig. An Yorns Vorbilder - ihm schwebten die Duette von Gainsbourgh/Bardot und Hazlewood/Sinatra vor, als er die Schauspielerin um ihre Mitarbeit anfragte - reichen sie nicht heran. Aber man muss ja nicht immer die Sterne erreichen.
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Sonntag, 25. Oktober 2009
Komödiantisch, lebhaft und verschmitzt
Urs Widmer liest
Urs Widmer liest
thenoise, 23:34h
Urs Widmer muss Sonntag Nachmittag in die Provinz, nach Liechtenstein und da noch nicht einmal in die Hauptgemeinde. Für ihn ist Schaan eine Reise wert: Erstaunlich viele sind hier an seinem neuen Buch interessiert, im Theater am Kirchplatz müssen ein paar zusätzliche Stühle her.
Die Textausschnitte sind vergnüglich und Widmer trägt sie mit Verve vor. Keine Minute das Gefühl, das mich bei den meisten Lesungen beschleicht - dass doch Autoren ihre Texte bitte von Schauspielern lesen lassen sollen. Widmer liest lebendig, differenziert, gibt den verschmitzten Märchenonkel, provoziert Schmunzeln - und das, obwohl es um nicht weniger geht als um Sterben und Vergänglichkeit, Abstieg in die Unterwelt inklusive.
Der Züricher Autor liest nicht einfach Stellen, die er für gut befindet, sondern vermittelt durch die ausgewählten Passagen auch den Spannungsbogen, der seinen neuen Roman Herr Adamson kennzeichnet.
Die Textausschnitte sind vergnüglich und Widmer trägt sie mit Verve vor. Keine Minute das Gefühl, das mich bei den meisten Lesungen beschleicht - dass doch Autoren ihre Texte bitte von Schauspielern lesen lassen sollen. Widmer liest lebendig, differenziert, gibt den verschmitzten Märchenonkel, provoziert Schmunzeln - und das, obwohl es um nicht weniger geht als um Sterben und Vergänglichkeit, Abstieg in die Unterwelt inklusive.
Der Züricher Autor liest nicht einfach Stellen, die er für gut befindet, sondern vermittelt durch die ausgewählten Passagen auch den Spannungsbogen, der seinen neuen Roman Herr Adamson kennzeichnet.
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Sonntag, 25. Oktober 2009
Funny van Dannen - Saharasand
thenoise, 01:14h
Katzenpissepistole ist ein herrlicher Auftakt, witzig und originell. Der Rest ist schlichtweg überwiegend zu vergessen.
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