Sonntag, 26. Juli 2009
Wer hätte gedacht, dass das Telefon einmal die Zeichnung retten würde?
Die Fotografie geht in der Malerei auf. Eine Landschaft lässt sich besser malen als fotografieren, stellt David Hockney im Interview mit der FAZ fest. Damit mag er durchaus recht haben. Aber er ignoriert, dass man auch mit dem Fotoapparat Landschaften malen kann.

Nebenbei bemerkt: Der Apparat, mit dem man angeblich die Realität abbilden kann, stellt auch abstrakte Kunstwerke her, wie man am Foto links (© Milik) unschwer feststellen kann.

Dass Technik dem Malen neue Impulse verleiht, hat übrigens auch David Hockney festgestellt, nachdem er sich ein neues Telefon gegönnt hat. Man wird kühn, wenn man mit dem Finger malt. Wer hätte gedacht, dass das Telefon einmal die Zeichnung retten würde? bemerkt er erstaunt.
Da hätte er sich wohl besser schon früher einen Fotoapparat gekauft.

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Chris Isaak - Mr. Lucky
Warum nicht mal eine Schmalzbacke auflegen, einen Abgewiesenen, einen auf Liebesentzug?
Von Chris Isaak hat es lange kein neues Album gegeben. Auch wenn es von ihm kaum herausragende Lieder gibt, mit Wicked Game ist ihm ein Evergreen gelungen, der nicht nur in der Version von Les Reines Prochaines grossartig ist. Das kann Chris Isaak mit Mr. Luck" nicht wiederholen. Er bleibt bei überwiegend sehnsuchtsschmalzigen Liedern, in denen er der verlorenen Liebe hinterher weint oder von verschenkten Herzen singt. Mit dem konventionell-fetzigen Mr. Lonely Man zeigt er seine durchaus angenehme, flotte Seite. Abwechslung bringen das exzellente Duett mit der Country-Sängerin Trisha Yearwood, die Hawaii-Anklänge von Take My Heart oder der Country-Rock-Song Best I Ever Had.
Mr. Lucky bietet keine Meilensteine, aber - gefällig und sorgfältig produziert - äußerst gediegenen Mainstream. Und das darf es zwischendurch ja auch mal sein.

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Donnerstag, 16. Juli 2009
Endlich ...
... eine Umfrage die Sinn macht.

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Sonntag, 12. Juli 2009
Fahrig, aber aussichtsreich
Howe Gelb über den Dächern von Hamburg
Konzeptlosigkeit ist auch ein Konzept - und kann zu hervorragenden Ergebnissen führen. Howe Gelb setzt sich erst auf einen der Stühle, die hinter dem Podest aufgebaut sind, das seine Bühne sein soll, und zupft ein einnehmend bluesjazziges Intro. Um auf das Podest zu gelangen, muss er das Intro unterbrechen und alles beginnt von vorn. Der offenbar nicht durchdachte Anfang ist symptomatisch: Howe Gelb fängt gerne von vorne an. Er reisst Stücke an, unterbricht sie für eine Anekdote, die in der Regel ohne Pointe bleibt, oder spielt gleich ein anderes Stück weiter. Damit gelingen ihm rasch recht stimmungsvolle Momente, die meist nur kurz währen. Eingängige Stücke bricht Howe Gelb gern durch vertrackte Zwischenspiele, deren Übergänge ihm oft nicht gelingen. Gelb bleibt gelassen, vielleicht will er es so unperfekt. Auch der wiederholt eingesetzte Klangeffekt, der stete und kaum nachvollziehbare Wechsel zwischen zwei Mikrofonen (eines normal, das andere mit viel Hall belegt) wirkt eher phantasielos als stringent.
Doch auch so sorgt Howe Gelb für eine vertrauliche und leicht entrückte Stimmung. Diese steigt mit den drei Zugaben, für die es einige Stufen hinauf geht: in den kühlen Hamburger Sommerwind, auf die Dachterrasse hoch über der Stadt. Hier ist der während des Konzerts durchweg von hinten in spärlichem Rot beleuchtete Künstler endlich zu sehen. Während der Stücke in sich gekehrt, beendet er sein kurzes, drei Stücke umfassendes Zugabe-Set konzise und stimmungsvoll. Das stimmt immerhin zufrieden - und beim nächsten Mal wird sein Konzept der Gratwanderung vielleicht wieder besser aufgehen.

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Freitag, 10. Juli 2009
Alternative Mainstream
Gossip beherrschen ihr Metier
Beth Ditto ist auf dem Weg von der Sängerin zur Modeikone. Aufgrund ihrer Leibesfülle, die sie in auffällige Kleider steckt, ist sie zum originellen Blickfang geworden, dem Kontrastprogramm zu Titelseiten mit den üblichen schlanken Models, die sie zeitweise von diesen verdrängt. Etwas zu glatte Lieder wie Men In Love, 2012 oder For Keeps zeigen, dass Gossip auf den großen Markt schielen. Die Zutaten ihrer Musik sind ohnehin längst im Mainstream angekommen – auf dem Weg zum ganz großen Erfolg sieht man kaum noch Hürden.



Nach langer Wartezeit kommt erst Beth Dittos Stimme zum Intro von Pop Goes The World aus dem Off und dann die Sängerin auf die Bühne – im dunkelblauen Paillettenkleid, mit auffälliger Frisur und rot geschminkten Lippen, wie man sie eher einer Geisha zuordnen würde. Den Willen zum Stil scheint sie von Tina Turner zu haben und sie verströmt auf der Bühne die gleiche Energie wie die schwarze Kollegin. Selbst die wenigen Tanzschritte, die sie bei einem Break aufs Parkett legt, geraten - obwohl eher die Karikatur einer Turnerschen Choreographie - ganz kess und gar nicht peinlich.



Spätestens beim dritten Song ist ohnehin Schluss mit Modepüppchen. Die Frisur ist im Schweissbad völlig zusammengefallen und mitunter sieht die Sängerin mit ihren schwarz umrandeten Augen verstörend aus, ein wenig wie Robert Smith mit kürzeren Haaren. Beth Ditto gibt – nicht unangenehm – die Rampensau, verkörpert ihre Lieder energisch und hat schon nach dem ersten Song das ungeduldige Publikum auf ihrer Seite. Der Mietbassist freut sich zurückhaltend mit ihr, der schlaksige Brace Paine schrammelt scheinbar unbeteiligt an der Gitarre und die zart wirkende Hannah Blilie haut mächtig rein. Sie überlassen die Kommunikation mit dem Publikum ganz der Frontfrau, und diese hat die begeisterte Menge im Griff. Mehr als das übliche Repertoire - ein bisschen Hamburg loben oder sich vor den Monitorboxen stehend einen halben Meter mehr Nähe zu bieten - braucht es dafür nicht.



Dimestore Diamond, Heavy Cross – die Stücke kommen live laut und kraftvoll, sie unterscheiden sich kaum von der Albumversion. Man muss Music For Men nicht oft gehört haben, um die Songs gleich wiederzuerkennen. Das zeigt nicht nur, wie einprägsam einzelne Elemente und Lieder sind, sondern wie nah sich Gossip am Mainstream bewegen. Das Konzept erschöpft sich mit der Zeit, und ewig kann die Lawine nicht rollen. Eine Stunde und drei Zugabe reichen daher völlig – doch diese Zeit ist keineswegs verschwendet.

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Dienstag, 7. Juli 2009
Werner Muth - Muths Koffer
Dieser Koffer wird in jedem Online-Shop feilgeboten. Doch obwohl er schon seit Monaten herumsteht, scheint sich kaum jemand dafür zu interessieren. In den Medien gibt es kaum Produktvorstellungen, mit Erfahrungsberichten in Internet-Foren ist es nicht anders. Selbst der Name des Duisburger Liedermachers Tom Liwa (Flowerpornoes), der dieses Album gemeinsam mit der Indie-Band Arms Akimbo und der Musikerin und Schauspielerin Manuela Weichenrieder eingespielt hat, scheint nicht zu ziehen.
Woran liegt das – schreckt Lyrik ab, mangelt es am Vertrieb? An den von Werner Muth mit sonorer Stimme gelesenen Gedichten kann es ebenso wenig liegen wie an den Liedern, die seine Kollegen aus den Texten gezaubert haben – mit zweistimmiger Rezitation, folkigen Lieder und mit zarter Musik untermalten Gedichten, mit bluesigen Anklängen und einer kakophonischen Hörspielsequenz zaubern sie ein vielfältiges und trotzdem homogenes Album. Obwohl die Gedichte Solitäre sind und nicht aufeinander Bezug nehmen, wirkt der Ablauf stimmig, fügen sich die Stücke aneinander wie bei einem Konzeptalbum.
Die Gedichte des spät berufenen Autors wirken oft sehr persönlich. Sie wirken abgeklärt und lebenserfahren, gelegentlich aber – auf eigenartig angenehme, altmodische Weise – auch jugendlich frisch und ungestüm. Werner Muth thematisiert sein Verhältnis zu Amerika (er selbst nennt neben Heinrich Heine auch Jack Kerouac als wichtigen Einfluss), hinterfragt sein – und damit auch unser – Verhalten. Selbst humorige Texte, wie die Einladung ins Wrackmuseum Stickenbüttel (das es tatsächlich gibt), haben noch eine ernste Ebene, und seine zahlreichen Liebesgedichte sind auch ohne falsches Pathos und frei von kitschigen Bildern anrührend.

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