Samstag, 14. Februar 2009
Lepistö & Lehti - Helsinki
"Markku Lepistö und Pekka Lehti spielten um die Jahrtausendwende rund vier Jahre lang gemeinsam bei Värttinä. Als Lehti die finnische Weltmusikgruppe verließ, initiierte sein Kollege eine bislang vor allem in Finnland erfolgreiche Partnerschaft. Das ungewöhnliche Duo hat für seine Zusammenarbeit das Genre gewechselt und verzichtet zudem auf den Gesang. Alle acht Eigenkompositionen des mit 36 Minuten recht kurz ausgefallenen Albums sind instrumental - und notabene akustisch. Bassist Pekka Lehti hat das Album, zu dem jeder der beiden Künstler die Hälfte der Kompositionen beigesteuert hat, auf seinem eigenen Label Aito herausgebracht.

Auch wenn sich Lepistö und Lehti zu einem Tango hinreißen lassen, hilft das nicht bei der stilistischen Einordnung. Diese ist nur allgemein über den Bereich akustische Musik oder über ihre Instrumente möglich. Während sich Markku Lepistö am Akkordeon immer wieder ungeniert austoben darf, bleibt Pekka Lehti überwiegend der - allerdings sehr eigenständig aufspielende - Begleitmusiker. Dafür gehört die letzte Komposition alleine ihm und dem warmen Klang seines Kontrabasses.

Wer Akkordeon-Klang mag, wird an den vom intimen Zwiegespräch bis zu fingerfertigen Höhenflügen reichenden Kompositionen Gefallen finden.

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Freitag, 13. Februar 2009
Den Untergang der Musikindustrie
Die wichtigsten Neuerscheinungen der Woche - es gibt mehr Stoff als Musik.

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Donnerstag, 12. Februar 2009
Gerhard Polt - Drecksbagage
Schon der Titel signalisiert: Hier spricht der Philister, hier regt sich einer auf, der sich für rechtschaffen hält, der seine Vorurteile pflegt und sich auch dann nicht beirren lässt, wenn er schon längst weiß, dass er eigentlich im Unrecht ist – vielleicht gerade dann erst recht nicht. Zugegeben, so offensichtlich ist das alles nicht nur aufgrund des Titels, sondern auch im Zusammenhang mit dem Autor ersichtlich. Denn der bayerische Kabarettist Gerhard Polt hat für die Bühne viele Charaktere erschaffen, indem er "dem Volk aufs Maul geschaut" hat und die Aussagen und Einstellungen seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger überspitzt und in dadurch so desavouierende wie lustige Geschichten gepackt hat. Polt zeigt immer wieder, welche Doppelmoral hinter dem bayerisch-spießbürgerlichen Denken steckt. Er verdeutlicht, wie vorurteilsbehaftet es ist und wirkt so immer auch aufklärerisch.

Gerhard Polt, mittlerweile im Pensionsalter, veröffentlicht bereits seit einigen Jahren seine Geschichten, Stücke und Monologe auch in Buchform. Für den recht schmalen Band Drecksbagage hat er einige neue Figuren erfunden, die nach demselben Muster konzipiert sind wie die Personen seiner Bühnenstücke. Es sind durchweg amüsant zu lesende Monologe. Wesentlich kürzer als die Bühnenstücke, funktionieren sie auch ohne den persönlichen Auftritt des Kabarettisten.

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Dienstag, 10. Februar 2009
Chet Baker - Chet in Chicago
We'll Be Together Again" verspricht Chet Baker mit einem Song, den Singer/Songwriter Frankie Lane mit seinem Kompagnon Carl Fisher in den 1940er-Jahren schrieb. Jetzt treffen wir den Trompeter wieder, in einer der beinahe unüberschaubaren Einspielungen aus dem Nachlass. Natürlich spielte er auch My Funny Valentin, seine Erkennungsmelodie, mit der er für immer untrennbar verbunden sein wird.

Nachdem Baker bei einem seiner wenigen überraschenden Besuche in seiner Heimat spontan zusagte, mit Bradley Young ein paar Songs einzuspielen, hatte der Pianist zwei Tage Zeit, um ein Studio zu buchen und die Musiker aufzutreiben. Mehr als zwanzig Jahre nach dem Tod des Trompeters wurden die Aufnahmen der spontan zusammengewürfelten Truppe (mit Bassist Larry Gray, Rusty Jones am Schlagzeug und bei drei Aufnahmen der Tenorsaxofonist Ed Petersen) erstmals veröffentlicht. Sie zeigen, zwei Jahre vor seinem Tod, Chet Baker in Höchstform. Sein Ton ist weich und - obwohl wie gewohnt wie beiläufig gespielt - gleichzeitig fest. Seine Begleitmusiker legen nicht nur das Fundament für Bakers elegantes Spiel, sondern liefern auch einige erstklassige Soli.

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Sonntag, 8. Februar 2009
Wärmende Italianità in der bayerischen Winterkälte
Gianmaria Testa in Seeshaupt
Der italienische Liedermacher Gianmaria Testa ist ein Mann der leisen Töne. Selbst wenn er seine sonore, eindringliche Stimme kaum erhebt, zieht er von den ersten leisen Tönen an das Auditorium in seinen Bann. Er startet solo und nutzt schon bei den ersten Stücken die Macht der Stille - die Pausen sind ein ebenso wichtiges dramaturgisches Element wie seine eindringliche Modulation und der subtile Wechsel zwischen sanft fließenden und emphatisch entflammten Passagen. Beim dritten Stück - Testa hat durch launige Ansagen die Brücke zu seinem Publikum auch verbal geschlagen - schleichen sich seine Begleiter auf die Bühne: Nicola Negrini zupft, klopft und streicht auf seinem Bass das Fundament der weiteren Lieder und Piero Ponzo umschmeichelt die Lieder mit elegischen Melodien.


Harmonisch: Gianmaria Testa strahlt Piero Ponzo an, Nicola Negrini
freut sich still über das Zusammenspiel


Der auf den ersten Blick für ein Konzert nur mäßig geeignet erscheinende Saal zeigt sich rasch als ideales Ambiente: Wenn Piero Ponzo den Hauch der Meeresbrise imitiert, kommt selbst in den hinteren Reihen ein helles Lüftchen an, der kompakte Klang des Trios ist durchweg transparent. Das gedämpfte Saallicht nimmt zudem die Distanz von Publikum und Künstler, am Rand schimmert das warme Licht der Stehlampen und hinter den hohen Fenstern spürt man die Nacht. Das wirkt, obwohl der Saal mit gut 200 Menschen ausverkauft ist, überaus gemütlich. Und die Wärme, die selbst Testas kritische Lieder ausstrahlen, vereint die Hörenden.

Gianmario Testa, dessen eindringlich-rauchige Stimme mit der von Paolo Conte vergleichbar ist, steht in der Tradition der italienischen Liedermacher. Seine so abwechslungsreichen wie phantasievollen Arrangements sind im Jazz verankert. Durchweg melodiös und eingängig, sind sie gleichzeitig überaus raffiniert und voller Spielwitz. Nicola Negrini spielt nicht nur swingenden Walking-Bass, sondern zupft die hellen Töne auch mal hinter dem Steg, erweckt die vollen mit dem Paukenschlegel und spielt zwischendurch, als ob er den Klang eines fernen Schiffshorns imitieren wollte. Piero Ponzo entpuppt sich als der Spaßmacher: Er spielt neben Klarinette und rauchigem, nicht bluesig-dreckig, aber angenehm patiniert klingendem Saxofon auch Aktenkoffer und Plastiktüte (als Schlagzeugersatz), Indisches Harmonium und Accordina. Das in den 1950er-Jahren erfundene Blasinstrument klingt wie eine Mundharmonika, verfügt aber über eine dem Knopfakkordeon vergleichbare Tastatur. Doch selbst der Einsatz von Aktenkoffer und Plastiktüte ist nicht witziger Selbstzweck, sondern notwendig für Klangfarbe und Charakter der Lieder.

Diese drehen sich um Alltagsgeschichten -- etwa um Fernsehen oder den Cinquecento als unerotischstes Auto der Welt --, um einschneidende Veränderungen, etwa durch die Emigration seiner Landsleute, oder um dramatische Ereignisse wie die Überfahrt der vielen nordafrikanischen Flüchtlinge, für welche die verheißungsvolle Fahrt in den Westen die Reise in den Tod bedeutet. Es sind diese tragischen Lieder wie „Una Barca Scura“, mit denen es Testa nach einer Pause und dem einen oder anderen weniger eindringlichen Stück gelingt, an die Intensität des ersten Teils wieder anzuknüpfen und bis zum frenetischen Schlussapplaus zu halten.

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