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Sonntag, 11. März 2007
Ohne Attitüde: John Cale lässt’s krachen
thenoise, 14:22h
Er hat alles hinter sich, die ganze Bandbreite vom exzessiven, zerstörerischen Rock über die üppigen Schmalz-Arrangements bis zu avantgardistischen Störmanövern: John Cale muss also allenfalls sich selbst noch etwas beweisen. In seinem Alter stehen die meisten Kollegen allenfalls als Karikaturen ihrer selbst auf der Bühne oder tingeln durch Clubs und Plattenläden, weil ihre Pension nicht reicht.
Auch der Waliser Multiinstrumentalist, Mitbegründer von Velvet Underground und Geburtshelfer großartiger Alben von Patti Smith oder den Stooges, steigt nicht in den großen Hallen ab - aus genetischen Gründen gewissermaßen. John Cale mag die schönen Töne nicht ohne Knirschen und das Krachen der verzerrten Gitarren nicht ohne schmalzige Melodien. Als hoffnungsloser Fall für den Underground interpretiert er seine Songs immer wieder neu. Soll der Auftakt tatsächlich Heartbreak Hotel gewesen sein?

Schon bevor er auf die Bühne kommt, ist klar: Heute wird gerockt. Vor dem Auftritt läuft minutenlang ein Industrial-Loop - ein Mantra, das auf den Abend einstimmt. Dann kommt Cale, 65 und mit Altherrenbauch, mit struppigem Ziegenbärtchen, die fleckig-bunt gefärbten Haare vom Kopfkissen toupiert, das Doppelripp-T-Shirt über dem braunen Langarm-Shirt. Die Band haut rein - es wird rockig, Cale akzentuiert - es wird eckig - und singt - es wird ungemein melodiös. Dreimal prostet er dem Publikum mit der Wasserflasche zu, einmal sagt er Dankeschön. Keine Kommunikation, nur Musik. Keine Attitüde. Gelegentlich schaut John Cale gelangweilt, wie ein Bierzeltmusiker, der seinen Abend runterreißt. Doch selbst in diesen Momenten ist er vermutlich hochkonzentriert. Hinter sich drei Musiker, die alles geben: Schlagzeuger Michael Jerome treibt mit schnörkellosen, überwiegend dumpfen Rhythmen an, mit ihm legt Joseph Karnes an E- und Kontrabass ein solides und abwechslungsreiches Rhythmusfundament, auf dem Cale akzentuieren und sein Gitarrist Dustin Boyer mit seinen mal melodiösen, mal eckigen, aber durchweg furiosen Soli brillieren kann. Und immer wieder durchdringt wohlklingender zwei- oder dreistimmiger Gesang den rabiaten Klang.

Heftiger wird es auch nicht, als Cale - ausgerechnet nachdem er einen Song mit beinahe sanften Pianoklängen ausperlen lässt - zur E-Gitarre wechselt, nur einfacher, noch direkter. Mit einem kurzen akustischen Set - Cable Hogue klingt ein bisschen nach Bruce Springsteen fürs Lagerfeuer – begeben sich Cale und seine Band in die Niederungen eines ansonsten unprätentiös-rockigen, aber überwiegend fesselnden Auftritts. Vielleicht klangen die Bühnenmonitore besser, sie verzogen keine Miene zum jämmerlichen Klang der Gitarren und verabschieden sich furios lärmend und ohne Zugabe. Dabei hätte die Bratsche schon bereit gestanden.
Gesehen: 9.3.2007, Conrad Sohm, Dornbirn
Auch der Waliser Multiinstrumentalist, Mitbegründer von Velvet Underground und Geburtshelfer großartiger Alben von Patti Smith oder den Stooges, steigt nicht in den großen Hallen ab - aus genetischen Gründen gewissermaßen. John Cale mag die schönen Töne nicht ohne Knirschen und das Krachen der verzerrten Gitarren nicht ohne schmalzige Melodien. Als hoffnungsloser Fall für den Underground interpretiert er seine Songs immer wieder neu. Soll der Auftakt tatsächlich Heartbreak Hotel gewesen sein?

Schon bevor er auf die Bühne kommt, ist klar: Heute wird gerockt. Vor dem Auftritt läuft minutenlang ein Industrial-Loop - ein Mantra, das auf den Abend einstimmt. Dann kommt Cale, 65 und mit Altherrenbauch, mit struppigem Ziegenbärtchen, die fleckig-bunt gefärbten Haare vom Kopfkissen toupiert, das Doppelripp-T-Shirt über dem braunen Langarm-Shirt. Die Band haut rein - es wird rockig, Cale akzentuiert - es wird eckig - und singt - es wird ungemein melodiös. Dreimal prostet er dem Publikum mit der Wasserflasche zu, einmal sagt er Dankeschön. Keine Kommunikation, nur Musik. Keine Attitüde. Gelegentlich schaut John Cale gelangweilt, wie ein Bierzeltmusiker, der seinen Abend runterreißt. Doch selbst in diesen Momenten ist er vermutlich hochkonzentriert. Hinter sich drei Musiker, die alles geben: Schlagzeuger Michael Jerome treibt mit schnörkellosen, überwiegend dumpfen Rhythmen an, mit ihm legt Joseph Karnes an E- und Kontrabass ein solides und abwechslungsreiches Rhythmusfundament, auf dem Cale akzentuieren und sein Gitarrist Dustin Boyer mit seinen mal melodiösen, mal eckigen, aber durchweg furiosen Soli brillieren kann. Und immer wieder durchdringt wohlklingender zwei- oder dreistimmiger Gesang den rabiaten Klang.

Heftiger wird es auch nicht, als Cale - ausgerechnet nachdem er einen Song mit beinahe sanften Pianoklängen ausperlen lässt - zur E-Gitarre wechselt, nur einfacher, noch direkter. Mit einem kurzen akustischen Set - Cable Hogue klingt ein bisschen nach Bruce Springsteen fürs Lagerfeuer – begeben sich Cale und seine Band in die Niederungen eines ansonsten unprätentiös-rockigen, aber überwiegend fesselnden Auftritts. Vielleicht klangen die Bühnenmonitore besser, sie verzogen keine Miene zum jämmerlichen Klang der Gitarren und verabschieden sich furios lärmend und ohne Zugabe. Dabei hätte die Bratsche schon bereit gestanden.
Gesehen: 9.3.2007, Conrad Sohm, Dornbirn
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Donnerstag, 8. März 2007
The Alleinunterhalter
Blixa Bargeld - Rede/Speech
Blixa Bargeld - Rede/Speech
thenoise, 23:27h
Es war nicht sein bester Tag. Mephisto hat ihm eine Erkältung angehängt, aber Blixa Bargeld war ausgezeichneter Laune und zeigte sich als humoriger Unterhalter, weltgewandt und schrullig zugleich. Er schwang - nicht wie Harald Juhnke, aber immerhin - kokett die Hüften, ließ zwischendurch – wenn auch nicht so überspannt – Helge-Schneider-artigen Humor aufblitzen und kreischte wie ein Todesreiter der Apokalypse. Auf den Bildern des Auftritts wirkt er wie ein Schauspieler der Stummfilmzeit oder wie ein rundlicher Karl Valentin, dessen Humor ihm durchaus liegen dürfte.

Das Prinzip, auf dem sein Programm Rede/Speech basiert, das er bereits seit zehn Jahren aufführt, ist einfach: Er nimmt eine rund 30 Sekunden lange Sequenz auf, lässt sie in einer Endlosschlaufe abspielen, spricht und singt über diesen Hintergrund oder macht rhythmische Geräusche dazu. Das nimmt er teilweise wieder auf und legt es über die vorhandene Geräusch- oder Melodieschleife. So baut er sein minimalistischen Klanggebilde langsam Schicht um Schicht auf, akzentuiert mal Melodie, mal Rhythmus und endet oft in überaus melodiöser, ohrenbetäubender Kakophonie. Auf diese Art mit Worten und Geräuschen Musik zu machen, klingt so hinreißend wie großartig - und das ist es auch. Die Töne, die Blixa Bargeld damit produziert sind überraschend und vielfältig, auch wenn er eine angenehme Vorliebe zum organisierten Lärm zeigt. Dabei wirkt er ein bisschen wie ein Zauberer, dem man, obwohl er erklärt, was er macht, nicht richtig auf die Schliche kommt. Das liegt weniger an Bargelds Bluff als an Mephisto, seinem – zu diesem Zeitpunkt verschnupften– Tontechniker.

Blixa Bargeld ergänzt seinen musikalischen Ansatz um eine ungemein komödiantische Komponente, der er gleich viel Raum widmet, und konstruiert um seine Songs Geschichten, in denen er beispielsweise pseudowissenschaftlich und mit Anekdoten gespickt die Entwicklung und Erforschung des Sonnensystems erklärt und musikalisch „nachstellt“ oder ein Genexperiment hörbar macht. In einem anderen Stück erzählt er die Geschichte des Ray-Nichols-Western „Johnny Guitar“ nach, später veralbert er die geistlose Musik der Formatradios. Das ist alles witzig und unterhaltsam. Selbst sein eigentlich nervendes Versagen an der neuen Stoppuhr überspielt Blixa Bargeld so gekonnt, dass er die Lacher auf seiner Seite hat.

Da er nicht besser singen kann als Hildegard Knef es konnte (was bei beiden zu einem Gutteil den Charme ihrer Musik ausmacht), störte Bargelds Erkältung kaum. Die meisten Unreinheiten gehen in den Überlagerungen unter, und der Reiz des Programms liegt ohnehin in der Kombination aus vorgefertigten Elementen und Improvisation. Davon hätte Blixa Bargeld – gerne auf Kosten des durchaus vergnüglichen Erzählteils - noch mehr bieten können.
Gesehen: 7.3.2007, Kaufleuten, Zürich

Das Prinzip, auf dem sein Programm Rede/Speech basiert, das er bereits seit zehn Jahren aufführt, ist einfach: Er nimmt eine rund 30 Sekunden lange Sequenz auf, lässt sie in einer Endlosschlaufe abspielen, spricht und singt über diesen Hintergrund oder macht rhythmische Geräusche dazu. Das nimmt er teilweise wieder auf und legt es über die vorhandene Geräusch- oder Melodieschleife. So baut er sein minimalistischen Klanggebilde langsam Schicht um Schicht auf, akzentuiert mal Melodie, mal Rhythmus und endet oft in überaus melodiöser, ohrenbetäubender Kakophonie. Auf diese Art mit Worten und Geräuschen Musik zu machen, klingt so hinreißend wie großartig - und das ist es auch. Die Töne, die Blixa Bargeld damit produziert sind überraschend und vielfältig, auch wenn er eine angenehme Vorliebe zum organisierten Lärm zeigt. Dabei wirkt er ein bisschen wie ein Zauberer, dem man, obwohl er erklärt, was er macht, nicht richtig auf die Schliche kommt. Das liegt weniger an Bargelds Bluff als an Mephisto, seinem – zu diesem Zeitpunkt verschnupften– Tontechniker.

Blixa Bargeld ergänzt seinen musikalischen Ansatz um eine ungemein komödiantische Komponente, der er gleich viel Raum widmet, und konstruiert um seine Songs Geschichten, in denen er beispielsweise pseudowissenschaftlich und mit Anekdoten gespickt die Entwicklung und Erforschung des Sonnensystems erklärt und musikalisch „nachstellt“ oder ein Genexperiment hörbar macht. In einem anderen Stück erzählt er die Geschichte des Ray-Nichols-Western „Johnny Guitar“ nach, später veralbert er die geistlose Musik der Formatradios. Das ist alles witzig und unterhaltsam. Selbst sein eigentlich nervendes Versagen an der neuen Stoppuhr überspielt Blixa Bargeld so gekonnt, dass er die Lacher auf seiner Seite hat.

Da er nicht besser singen kann als Hildegard Knef es konnte (was bei beiden zu einem Gutteil den Charme ihrer Musik ausmacht), störte Bargelds Erkältung kaum. Die meisten Unreinheiten gehen in den Überlagerungen unter, und der Reiz des Programms liegt ohnehin in der Kombination aus vorgefertigten Elementen und Improvisation. Davon hätte Blixa Bargeld – gerne auf Kosten des durchaus vergnüglichen Erzählteils - noch mehr bieten können.
Gesehen: 7.3.2007, Kaufleuten, Zürich
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Münchner Freiheit - XVII
thenoise, 19:59h
Peinlich.
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Mittwoch, 7. März 2007
Schon schwierig, ...
thenoise, 17:50h
... sich als multinationaler Konzern mit wild gewordenen Künstlern herumzuschlagen (und umgekehrt). Don Dahlmann macht in seinem Irgendwas ist ja immer-Blog auf eine verworrene Abmahn-Geschichte aufmerksam, die er als Kollateralschaden einer abgefeimten viralen Marketingkampagne interpretiert.
Doch wenn man so liest, was er schreibt, hat man eher den Eindruck, dass die beteiligten Parteien schlicht Koordinationsprobleme und ihre Kampagne nicht richtig im Griff haben. Oder ... (aber das wäre jetzt bösartig) ...
Doch wenn man so liest, was er schreibt, hat man eher den Eindruck, dass die beteiligten Parteien schlicht Koordinationsprobleme und ihre Kampagne nicht richtig im Griff haben. Oder ... (aber das wäre jetzt bösartig) ...
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Fathy Salama - Sultany
thenoise, 09:02h
Doch noch eine Entdeckung aus Kairo: Jazz, arabische Volksmusik und europäische Klassik vereint - modern und beinahe zeitlos. Sultany - beim gleichen Label erschienen wie das eher enttäuschende Album von El Dor El Awal - ist eine zusammenstellung aus zwei Alben, die der Kairoer Musiker mit seinem für ein Schweizer Label 1991 und 1996 aufgenommen hat. Das hört man den Stücken an. Ich bedaure trotzdem, dass ich das versäumt habe. Und dass ich nicht vor der Reise Egypt von Youssou N'Dour gehört habe. Dafür hat nämlich Fathy Salama die hinreißenden Streicher arrangiert. Schade, dass Zeit und Gedächtnis fehlen - dabei würde das regelmäßige Wiederhören neben Genuss auch Erkenntnis bringen.
Gehört: beim Bilder sortieren
Gehört: beim Bilder sortieren
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Dienstag, 6. März 2007
Various - Rhythm Of The River
thenoise, 22:41h
Typischer Fall von falscher Erwartungshaltung: Der anheimelnd-ruhige blaue Fluss, auf dem ein indigener Bootsfahrer seinen Blick lauschend in die Ferne richtet, rührt sofort die Flussfahrerseele in mir.
Doch statt verträumter Flussgesänge oder Water Drums hetzen aufgekratzte Sierra Maestra mit übertriebener Fröhlichkeit gleich durch den ersten Song. Benjamin Escoriza (der Sänger von Radio Tarifa) ist schon ruhiger, aber noch immer zu lebendig.
Richtig beschaulich wird es selten, vor allem bei den sehnsüchtigen Gesängen von David Darling & The Wulu Bunun. Da habe ich längst entdeckt, dass sich die Flussrhythmen auf die Plattenfirma beziehen: Riverboat Records zeigt auf dem Werbesampler sein weltmusikalisches Programm.
Mich begeistert nichts wirklich, einzig Takashi Hirayasu & Bob Brozman und Javier Ruibal könnten noch eine Entdeckung sein. Vielleicht liegt's ja wirklich an der Erwartung ...
Doch statt verträumter Flussgesänge oder Water Drums hetzen aufgekratzte Sierra Maestra mit übertriebener Fröhlichkeit gleich durch den ersten Song. Benjamin Escoriza (der Sänger von Radio Tarifa) ist schon ruhiger, aber noch immer zu lebendig.
Richtig beschaulich wird es selten, vor allem bei den sehnsüchtigen Gesängen von David Darling & The Wulu Bunun. Da habe ich längst entdeckt, dass sich die Flussrhythmen auf die Plattenfirma beziehen: Riverboat Records zeigt auf dem Werbesampler sein weltmusikalisches Programm.
Mich begeistert nichts wirklich, einzig Takashi Hirayasu & Bob Brozman und Javier Ruibal könnten noch eine Entdeckung sein. Vielleicht liegt's ja wirklich an der Erwartung ...
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Montag, 5. März 2007
Es gibt viel schnelles Geld ...
thenoise, 12:22h
... aber nicht genügend Anstand. Wie man der aktuellen Ausgabe des Schweizer Nachrichtenmagazins Facts entnehmen darf, möchte Herbert Grönemeyer bis hin zu den Titeln Beiträge und Interviews über ihn mitbestimmen. Kritische Stimmen sollen schon im Vorfeld erstickt werden. So muss, wer Grönemeyer interviewen will, zunächst einen Vertrag unterzeichnen, der neben vielen Details sogar die Grösse des - Artikels festlegt, schreibt Facts. Dann muss das Medium warten, bis Grönemeyer penibel redigiert hat - oder Aussagen zurückzieht, schreibt das Magazin.
Er gebe den Mächtigen eins drauf, habe ich in einer Besprechung des neuen Grönemeyer-Albums gelesen. Wer austeilt und sich - zu Recht - kritisch gibt, sollte jedoch selbst kritikfähig sein. Alles andere ist, finde ich, selbst dann scheinheilig, wenn es den Usancen des Popgeschäfts entspricht. Nur weil andere die Pressefreiheit einschränken, ist das noch lange kein Grund, es ihnen nachzumachen.
Er gebe den Mächtigen eins drauf, habe ich in einer Besprechung des neuen Grönemeyer-Albums gelesen. Wer austeilt und sich - zu Recht - kritisch gibt, sollte jedoch selbst kritikfähig sein. Alles andere ist, finde ich, selbst dann scheinheilig, wenn es den Usancen des Popgeschäfts entspricht. Nur weil andere die Pressefreiheit einschränken, ist das noch lange kein Grund, es ihnen nachzumachen.
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