Donnerstag, 30. Mai 2013
Entmaterialisiert
Dan Flavin im Kunstmuseum St. Gallen
Es braucht nur wenige Schritte, um den langen Weg nachzuvollziehen, den Dan Flavin mit seinen Lichtskulpturen gegangen ist. Bereits im Foyer des ersten Stocks empfangen den Besucher die ersten Objekte des amerikanischen Künstlers, in denen er mit Licht arbeitete. Die damals wohl originellen Werke (Icon I, II und VII aus der achtteiligen Icon-Reihe) bereiten mit ihrem gewissermaßen freudlosen, schwachen Händedruck einen mehr als nüchternen Empfang. Und doch sind die drei Werke ein gut gewählter Auftakt dieser Ausstellung, die anhand von 30 Werken die Entwicklung von der Skulptur bis zum auratischen, nur noch aus Licht bestehenden Raum zu zeigen.


Untitled (to a man, George McGovern) 1, und Untitled (to a man, George
McGovern) 2, 1972. © 2012 Stephen Flavin / Pro Litteris, Zürich


Dan Flavin hat sich in seinen Arbeiten radikal eingeschränkt und für seine Lichtskulpturen ausschließlich genormte Neonröhren eingesetzt – überwiegend gerade Röhren, bei seinem eindrücklichen, George McGovern gewidmeten Werk auch kreisförmige – und sich damit radikal auf die von der Industrie vorgegebenen Formate und Farben beschränkt. So entstanden simple, aber beeindruckende Lichtobjekte, in denen er die Röhren zunächst an der Wand befestigte, senkrecht in einer Ecke oder einfach schräg an die Wand. In seiner Referenz an den Architekten der russischen Moderne, "Monuments for V. Taitlin", gestaltete er simple, als Gebäude zu lesende Figuren.
An diesen Objekten führt der Weg der dreißig Arbeiten umfassende Ausstellung vorbei zu den lichterfüllten Räumen, die in Flavins letzten Schaffensjahren entstanden sind. Seine – sieht man von den verborgenen Leuchtmitteln und den Wänden ab, die das Licht reflektieren müssen.– immateriellen Farbenspiele verwandeln die Ausstellungsräume in einen transzendenten Ort und verändern die Farb-Wahrnehmung von bereits vorher gesehenen Arbeiten.


Dan Flavin: Untitled (to Jan and Ron Greenberg), 1972–73.
© 2012 Stephen Flavin / Pro Litteris, Zürich


Dan Flavins reichen ein paar Leuchtstoffröhren, um mit seinen simpel-raffinierten Rauminstallationen die Grenzen von Raum und Werk aufzuheben. Der Besucher wird vom Licht umhüllt und damit ein Teil der Installation (was ganz nebenbei die Rolle des Betrachters beim Entstehen der Bedeutung eines Kunstwerks verdeutlicht). Durch seine Bewegungen im Raum verändert er die Perspektive und, zumindest was das Sehen anbelangt, seine Wahrnehmung.

Dan Flavin - Lights. Kunstmuseum St. Gallen, bis 18. August 2013

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