Dienstag, 12. April 2011
Artisten, Tiere, Attraktionen
Bonaparte im Palais X-Tra (Zürich, CH)
Ein Gewichtheber und ein Pierrot, ein dirigierendes Pferd, Prinzessin und Stripperin – bei Bonaparte ist auf der Bühne viel los. Das macht zwar grossen Spass, doch auf Dauer verliert das Spektakel seinen Reiz.


Eigenwillige Rock-Show: Schnöne Stimmungen werden mit
viel Nebel und mitunter nur wenigen Farben hervorgerufen.


Die Lieder von Bonaparte sind simpel und drehen überwiegend im oberen Bereich. Dazu liefert ihr Sprechsänger Tobias Jundt witzige Texte. Und als ob das nicht schon reichen würde, bringt die schräge Truppe eine Show auf die Bühne, die ihresgleichen sucht. Streng dem Trash verpflichtet, begleiten Bonaperte ihren punkigen Rock mit einer Mischung aus Zirkusverballhornung, Varieté, Burleske und Stummfilm. Bildungsbürger mögen eine dadaistische Lust am Nonsens ebenso erkennen wie - etwa bei der Figur des Lampenschirm-Mannes - Einflüsse von Oskar Schlemmers Mechanischem Ballett. Der Kanonenkugel-Mann wiederum könnte einem Jacques-Tati-Film entsprungen sein.


Bonapartes Markenzeichen: witzige Kostüme

Das Spektakel ist mit vergleichsweise schlichten Stilmitteln opulent inszeniert - neben der eingängig-hämmernden Musik, die keinen Widerstand duldet, lebt die Show vor allem von skurrilen Kostümen und einer Menge Personal, das auf der Bühne herumspringt. Der mit Pferdemaske gibt nach «My Horse Likes You» den Dirigenten für ein kakophonisches Intermezzo, ein Akrobat bietet keine Kunststücke auf seinem Rad und der Gewichtheber ist ebenso beeindruckend wie seine überdimensionierte Papphantel, deren Scheiben nicht zur Seite, sondern nach vorne ausgerichtet sind.


Schweizer in Berlin: In seiner Heimat hätte Tobias Jundt
wohl kaum das Personal für seine verrückte Show gefunden.


Der grobe Ablauf ist durch die Lieder vorgegeben. Choreographische Anweisungen scheint es über die Aufforderung hinaus, wild herumzuhüpfen, nicht zu geben. Der reine Effekt durch Kostüme und Masken trägt jedoch auf Dauer nicht – spätestens zur Pause beginnen zumindest diejenigen die Abwesenheit einer sichtbaren Choreographie zu vermissen, die der Band nicht mit Haut und Haar verfallen sind. Denn wenn bei unterschiedlichen Liedern eine wie auch immer gekleidete Dame aus einem Körbchen Kleinigkeiten vom Bühnenrand aus ins Publikum wirkt, bleibt eine gewisse Langeweile nicht aus. Und auf einer mitteleuropäischen Bühne nackte Brüste zu zeigen, hat als Provokation wohl selbst in katholischen Zirkeln ausgedient.


Brachiale Ästhtik: wie von Gottfried Helnwein inspiriert

Ungemein origineller ist dagegen die Pause, in der eine Dame im leicht aufreizenden Zimmermädchen-Look die Bühne saugt - weil aus den Lautsprechern minutenlang das überlaute Staubsaugergeräusch dröhnt. Damit spielen Bonaparte mit Erwartungshaltungen und konterkarieren sie geschickt. Die Fortführung der Readymades in den Bereich der Unterhaltung wurde zu Recht heftig beklatscht.
Diese kurze, skurril inszenierte Pause kommt schon nach einer dreiviertel Stunde - und weitere 45 Minuten später stellt man fest, dass sie noch besser als Zäsur für ein tosendes Zugabenset getaugt hätte. Denn Bonaparte liefern ab der zweiten Hälfte des Konzerts nur noch Varianten des bereits Bekannten. Sie ignorieren auch die Gesetze der musikalischen Dramaturgie und weigern sich zurückzuschalten. Ein Konzert ohne Modulation ist so spannend wie eine Komposition ohne Dynamik. Wer die Drehzahl nicht reduziert, kreischt sich in die Monotonie des überdrehten Motors. Kraftvoller wirkt er, wenn man ihn zwischendurch aus dem gutturalen Gluckern im Stand aufheulen lässt.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Bonaparte in Zürich
Ganz amüsant, aber auf Dauer zu viel des Gleichen.

... link (0 Kommentare)   ... comment