Sonntag, 17. Dezember 2006
Gammelbuch
Auf einen "Skandal" weist Hubert Spiegel in der FAZ hin: Es gibt Bücher, die sich nicht verkaufen - und es liegt nicht an mangelnder Qualität. "Aufgedeckt" hat diesen Skandal der Diogenes-Verleger Daniel Keel: „Alle reden von Bestsellern, reden wir einmal von Worstsellern. Bücher, die sich schlecht verkaufen und es doch verdienen, gelesen zu werden.“, wird er zitiert. Auf der Worstseller-Liste des Diogenes-Verlags finden sich Bücher renommierter Autoren. Die Meistererzählungen des Iren Frank O'Connor (drei verkaufte Exemplare im Jahr 2005), George Orwell (8 Exemplare), William Faulkner (15).
Das Phänomen ist keineswegs neu. Von Stendhals Roman Über die Liebe wurden in den ersten elf Jahren nur siebzehn Exemplare verkauft, wie Jürgen Neckam in seinem bereits Anfang 2006 erschienenen Buch Das merkwürdige Leben der Literaten schreibt.
Leider nennt die FAZ nicht, um welche Titel es sich handelt. Denn dass nicht jedes Buch eines Autors verdient, ein Best- und/oder Longseller zu werden, sollte auch einem Verleger einleuchten. Und dass viel mehr Bücher die Lager verstopfen als durch hohe Umschlaggeschwindigkeit zu glänzen, weiß man spätestens nach einem halben Jahr im Buchhandel oder bei einem Verlag.

Gewiss, die Pflege der Backlist kostet. Doch wie viel härter muss sie wirklich literarische Verlage treffen, wenn schon der Diogenes Verlag darüber jammert, dessen Bücher zum größten Teil der in der Regel gut verkäuflichen Rubrik "Gehobene Unterhaltung" zuzuordnen sind.
Vielleicht zeigt uns das, daß das Problem größer ist als bislang kolportiert: Es ist keines der literarischen Verlage, sondern trifft alle. Selbst wer Schundromane verlegt, füttert mit den Ladenhütern die Krabbeltische des Modernen Antiquariats. Nur konzentrieren sich offensichtlich - und das ist jetzt durchaus ein bisschen polemisch - letztere aufs Geschäft, und die anderen aufs Jammern und das Klammern an die Buchpreisbindung. Klar, bleiben die auf den Büchern sitzen.

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