Sonntag, 6. April 2014
Alexander Schimmelbusch – Die Murau Identität
Die Idee ist erstklassig und kann Verehrer und Hasser von Thomas Bernhard gleichermaßen entzücken respektive aufregen: Thomas Bernhard lebt inkognito auf Mallorca, wie der in Berlin lebende österreichische Autor Alexander Schimmelbusch in seinem Roman ‹aufdeckt›. Er hat seinen Tod vorgetäuscht und sich in New York einer Antikörperbehandlung unterzogen. Auf Mallorca hat Thomas Bernhard dann erst mit seiner Frau Esmeralda gelebt, den mittlerweile als Banker in New York lebenden Sohn Esteban gezeugt. Nach Jahren der schriftstellerischen Abstinenz hat er doch wieder begonnen zu schreiben, was seine Frau vertrieben hat. Dann kommt ihm ein abgehalfterter Journalist auf die Spur und wittert eine exklusive Story.

«Die Murau Identität» spielt mit dem bekannten schwierigen Verhältnis von Verleger Siegfried Unseld und seinem Autor, versucht sich an Bernhards Furor und nimmt auch den Literaturbetrieb als ganzes aufs Korn. Damit hat Alexander Schimmelbusch zwar die besten Voraussetzungen für einen großartigen Text geschaffen, erreicht aber nicht mehr als einen bloß streckenweise kurzweiligen Roman. Der wehleidigen Sicht auf den Ich-Erzähler fehlt die Substanz, und weil Schimmelbusch nicht über die bernhardsche Sprachmacht verfügt, wird die Imitation von dessen wuchtiger Redundanz bloß zur hohlen Persiflage.

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