Sonntag, 10. Juli 2011
Kritisch: Franz Kafka - Der Process
Der Roman, der keiner ist, begründete Kafkas Weltruhm. Er steht längst in verschiedenen Varianten als Hörbuch zur Verfügung. Dass es jetzt eine mehr gibt, ist durchaus sinnvoll. Denn es ist die erste Fassung, die Kafkas nachgelassenem Werk entspricht. Die von Kafka hinterlassenen Textfragmente wurden von Max Brod zum Roman verleimt. An Stellen, die sich nicht fügen wollten, wurde der Nachlassverwalter selbst zum Autor. 1997 legte die im Stroemfeld Verlag erschienene historisch-kritische Ausgabe die Fragmente frei.

Der Hörspielregisseur Klaus Buhlert hat die kritische Ausgabe inszeniert. Ohne vom Autor endgültig autorisierte Fassung stehen Textvarianten gleichberechtigt nebeneinander. Den Interpretationsspielraum nutzt Buhlert, indem er bei einzelnen Passagen verschiedene Sprecher im Wechsel lesen lässt. So erhält der Protagonist Josef K. gleich mehrere Stimmen, und oft wechselt innerhalb einer Erzählpassage die Stimmungslage. Das erfordert aufmerksames Hören, macht aber den Reiz dieser Produktion aus und führt den Hörer auf die Spur der Editoren und der Frage nach der angemessenen Lesart.

Klaus Buhlert hat das Hörstück in hochkarätiger Besetzung (u.a. mit Rufus Beck und Corinna Harfouch) inszeniert. Wie die Quarthefte der kritischen Ausgabe erscheint jeder Text, und sei er nur wenige Minuten lang, auf einer einzelnen CD -- mit einem informativen Beiheft in einer attraktiven Box.

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