Samstag, 16. Juni 2018
Nigel Kennedy – Kennedy Meets Gershwin

George Gershwin war ein vielseitiger Komponist. Er schrieb Unterhaltungsmusik, klassische Konzerte und mixte afroamerikanische Einflüsse mit zeitgenössischer Klassik. Das Great American Songbook hat er mit unvergesslichen Melodien bereichert, die von Ella Fitzgerald und Frank Sinatra bis zu Janis Joplin und Miles Davis interpretiert wurden. Lieder wie die Arie «Summertime» aus der Oper «Porgy and Bess» zählen wohl zu den bekanntesten der Musikgeschichte.

George Gershwin war ein Grenzüberschreiter, dessen Werke schon früh andere Künstler (Thelonious Monk, Lester Young) dazu animierten, recht frei mit ihnen umzugehen.
Jetzt hat Nigel Kennedy ein neues Kapitel aufgeschlagen. Ehrfurcht ist von ihm nicht zu erwarten. Das zeigt er schon beim Auftakt «Rhapsody in Blue», dem er einfach ein kräftiges Weinrot zusetzt und das er in «Rhapsody in Claret & Blue» umbenennt. Und nicht nur das: Er reduziert die 16-minütige Rhapsodie auf knapp drei spannende Minuten. Aus dem Wiegenlied «Summertime» wiederum entfernt er alles Liebliche und stellt die harsche Lebenswelt in den Vordergrund, in der es angesiedelt ist.
Das alles ist nicht despektierlich, Kennedys Vorlage ist deutlich erkennbar – er lässt nur so manchen ablenkenden Flitter weg und verpasst Gershwins Kompositionen eine andere Frisur. Diese erinnert immer noch an den Irokesen, den Kennedy früher trug, auch wenn der Geiger inzwischen bereits in seinen Sechzigern ist.

Nigel Kennedy malt nicht nur düstere Bilder, sondern sieht auch die lockeren Seiten des Lebens. Wenn er die Geige gipsy-jazzig swingen lässt, erinnert das auf äußerst angenehme Weise an seinen einstigen Lehrer Stéphane Grapelli. Immer wieder spielt Kennedy so lässig beschwingt auf, als ob er seinen eigenen 'Relaxed Club de France' gegründet hätte.
Auch wenn er wie bei «Fantasy» und «They Can’t Take That Away From Me» die Geige weglegt und als Solo-Pianist in die Tasten greift, kehrt er den Jazzer hervor – und macht auch im Sitzen eine recht gute Figur.
Und nicht zuletzt sind die beiden eigenen Stücke «Time» und «Fantasy», die er den Klassikern zur Seite stellt, erhabene Referenzen an George Gershwin.

Nigel Kennedy tummelt sich seit vielen Jahren mit wechselndem Erfolg in den unterschiedlichsten Genres. Mit «Kennedy Meets Gershwin» beweist er wieder einmal, dass er seinen Platz im Musik-Olymp noch immer verdient.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 10. Juni 2018
Dobet Gnahoré - Miziki
Sanfter als sonst – von Afropop bis Afro-Chanson. Schön.

Gehört: so nebenbei

... link (0 Kommentare)   ... comment


Jimi Tenor - Order of Nothingness
Beim ersten Song enttäuscht, danach begeistert.

Gehört: auf dem Sofa

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 9. Juni 2018
Yonatan Gat – Universalists
Man kann den Anspruch haben, dass Musiker ein tiefes Verständnis der indigenen Kultur oder der Musik anderer Kulturen mitbringen müssen, wenn sie diese für ihre eigene Musik fruchtbar machen möchten. Doch gemeinsame Arbeiten von Michael Brook und Nusrat Fateh Ali Khan oder von Christy Doran mit Boris Kalchak oder auch kurzfristig anberaumte gemeinsame Auftritte von Künstlern unterschiedlicher Provenienz zeigen, dass dies keine zwingende Voraussetzung für musikalische Höhenflüge ist.

Yonatan Gat integriert guinesischen Trallalero-Gesang, den Alan Lomax vor Jahrzehnten aufgenommen hat («Cue The Machines»), und balinesische Gamelan-Perkussion («Cockfight»), oder spielt ein Stück gleich direkt mit der indianischen Trommel-Gruppe Eastern Medicine Singers ein. Er gräbt vermutlich nicht tief in der Musik anderer Kulturen. Und das muss er auch nicht, denn es kann bei seinen Ausflügen in unterschiedliche andere Kulturen nicht darum gehen, deren traditionelle Musiken für die Nachwelt erhalten.
Der israelische Gitarrist mit Wahlheimat New York nutzt ihre Energie, um seine eigene, kraftvolle Klangwelt zu kreieren. Seine Methode: konstruktive Destruktion, wie man sie auch von Noise und No Wave kennt. Dabei setzt er jedoch nicht auf das reine Geräusch und verzichtet auch keineswegs auf Melodien. Aber er zerstört gerne die Strukturen – weil das Feuer schön ist, das Zusammenkrachen und das Neue, das aus der Asche entsteht.
Dabei ist seine Gitarre keineswegs lärmig. Nach einer kurzen Einführung reduziert und verfremdet er den Trallalero-Gesang zum rhythmischen Akzent, Schlagzeuger Gal Lazer baut das Stück mit mächtigem Getrommel zu einem wild treibenden Rockstück aus, über das Yonatan Gat seine unverzerrten Gitarrenklänge legt («Cue The Machines»). Natürlich kann Gat auch ordentlich auf die Pauke hauen, wie er beim krachigen «Cockfight» zeigt. Doch noch öfter zeigt er, dass sich seine Intensität nicht im Lärm erschöpft. Und mit Stücken wie «Post-World» – einer Improvisation zur Stimme der von Alan Lomax aufgenommenen spanischen Sängerin Catalina Mateu – und «Fading Casino» zeigt der Gitarrist und Pianist, dass er nicht nur wilde Träume hat.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 3. Juni 2018
Barcelona Gipsy Balkan Orchestra – Avo Kanto
Das Interesse an der Musik des Balkans ist kein neues Phänomen. Der rumänische Panflötist Gheorghe Zamfir und der eindrückliche bulgarische Chorgesang wurde schon in den 70er-Jahren vom Schweizer Volksmusikforscher Marcel Cellier für das westliche Publikum entdeckt. Cellier selbst spielte damals als Organist ein Album mit dem rumänischen Taragot-Spieler Dumitru Farcas ein. In den 90er-Jahren traten vor allem Party-Bands wie Taraf de Haïdouks und schrille Blasmusik-Gruppen wie Fanfare Ciocărlia aus Rumänien oder das Boban Marković Orchestra aus Serbien in den Vordergrund. Und wer auf sich hielt, pilgerte schon eine ganze Weile bevor Shantel mit seinem Bukovina Club den Balkan-Pop hoffähig machte, zum Guča Trumpet Festival gut 150 Kilometer südlich von Belgrad.

Wenn nun ein siebenköpfige Band aus Spanien die Musik des Ostens entdeckt, lässt das Schlimmes befürchten – die Verbindung von balkanischem Lärm mit dem exaltierten Rasseln der Flamenco-Kastagnetten.
Doch weit gefehlt: Die Musiker aus Spanien, Italien, Frankreich, Serbien, Griechenland und der Ukraine haben sich der ruhigeren Tradition der Musik des Balkans verschrieben, leben gewissermaßen die multiethnische Herkunft der Musik dieser Region. Ihre Interpretationen sind trotz der mitunter schwermütigen Melodien quickfidel – aber ohne die oft übertrieben schrille Fröhlichkeit des Balkan-Pop. Durch die Arrangements und den oft schmelzenden Klang der Klarinette sind Klezmer-Einflüsse tonangebend, «Csi Lav Tu» und «Galla rojo, galla negro» bieten eine flotte Gipsy-Swing-Gitarre, und wer möchte, erkennt die spanische Herkunft und Anklänge an den Mittelmeerraum.

Das Barcelona Gipsy Balkan Orchestra übertreibt es nicht mit aufgesetzt wirkender Fröhlichkeit, sondern bringt beseelt interpretierte Lieder für die gepflegte Unterhaltung – und wenn neben den von der Wochenendstimmung aufgekratzten Besuchern einer melancholisch in sein Glas schaut, finden sie auch für ihn das richtige Lied. Schade nur, dass man gleich mehrere osteuropäische Sprachen sprechen muss, um zu verstehen, mit welchen Worten man vom Barcelona Gipsy Balkan Orchestra getröstet wird – denn im Booklet sind die Texte ausschließlich in Originalsprache abgedruckt.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 2. Juni 2018
Nigel Kennedy - Kennedy Meets Gershwin
Tolle Interpretationen.

Gehört: öfter als gedacht

... link (0 Kommentare)   ... comment